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Alle Parteien wollen Gesundheitsvorsorge stärken

BERLIN (ks). Bundesregierung und Opposition sind sich einig: Die gesundheitliche Prävention soll neben Akutbehandlung, Rehabilitation und Pflege die "vierte Säule" im Gesundheitswesen werden. Bei der ersten Lesung des Präventionsgesetzes am 18. Februar im Bundestag wurde aber auch deutlich, dass es Differenzen über den richtigen Weg dorthin gibt. Die Opposition kritisiert insbesondere die im rot-grünen Gesetzentwurf ausschließlich vorgesehene Finanzierung durch die Sozialversicherungsträger. Sowohl die Union als auch die FDP brachten eigene Anträge zur Förderung der Prävention ins Parlament ein.

Bundesgesundheitsministerin UIla Schmidt verteidigte den Gesetzentwurf: Er eröffne die Möglichkeit, Prävention in den Alltag einziehen zu lassen "wie den Kaffee am Morgen oder den Wetterbericht". Mit der neuen Bestimmung, dass Prävention vor Behandlung gesetzt werden muss, werde das deutsche Gesundheitswesen zu einem modernen Gesundheitssystem weiterentwickelt. "Wir schließen damit zu anderen Ländern in Europa auf, die – wie zum Beispiel die skandinavischen Länder – bereits gute Erfolge mit gesundheitlicher Prävention erzielt haben", so Schmidt. Sie hob hervor, dass sich künftig nicht nur die gesetzliche Krankenversicherung, sondern auch Renten-, Pflege- und Unfallversicherung in der Prävention engagieren werden.

Die Ministerin zeigte sich zuversichtlich, dass auch die Bundesagentur für Arbeit im Laufe der Gesetzesberatung einbezogen werden kann: "Alle tragen in diesem Bereich eine Verantwortung und alle müssen diese Verantwortung gemeinsam wahrnehmen". Schmidt vermisst allerdings ein größeres Engagement der privaten Krankenversicherung (PKV). Das Angebot der PKV, 3,5 Millionen Euro zur Verfügung zu stellen –ūdavon 3,4 Millionen für die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) und 100.000 Euro für die Aidsprophylaxe – sei zwar "honorig", reiche aber nicht aus.

Union: Trotz Kritik Einigung möglich

Die gesundheitspolitische Sprecherin der CDU/CSU-Bundestagsfraktion Annette Widmann-Mauz gestand der Regierung zu, dass der Gesetzentwurf "eine Reihe guter Ansätze" enthalte und "ein erster Schritt in die richtige Richtung" sei. Derzeit gebe es einen "Flickenteppich an Maßnahmen". Deshalb sei die Erarbeitung bundeseinheitlicher Kriterien, Ziele und Qualitätsstandards durch die Präventions-Stiftung sinnvoll. Widmann-Mauz kritisierte aber, dass der Gesetzentwurf nur die gesetzlichen Beitragszahler ausdrücklich zur Finanzierung der Maßnahmen heranzieht. Zudem konzentrierten sich die Maßnahmen zu sehr auf die Förderung der Primärprävention.

Damit werde das Ziel verfehlt, Prävention als "gesamtgesellschaftliche und ganzheitliche" Aufgabe wahrzunehmen. Die CDU-Politikerin bemängelte weiterhin, dass mit dem Gesetz zu viel neue Bürokratie aufgebaut werde. Letztlich müsse auch beim Präventionsgesetz gelten: "Qualität geht vor Schnelligkeit". Mit der kommenden Anhörung und in den Ausschussberatungen biete sich die Chance für eine sachliche Diskussion, auch über die Parteigrenzen hinweg, erklärte Widmann-Mauz.

Grüne: Auch Steuermittel für Prävention aufgebracht

Biggi Bender, gesundheitspolitische Sprecherin der Grünen, verteidigte die vorgesehene Finanzierung mit Mitteln der Sozialversicherung. Schon jetzt würden auch Steuermittel für Präventionsarbeit herangezogen, etwa bei der BZgA. Auch Bundesernährungsministerin Renate Künast habe schon viel getan, um das Thema Ernährung und Bewegung stärker in den Blickpunkt der Öffentlichkeit zu rücken. Die gesetzliche Krankenversicherung sei hingegen trotz gesetzlichen Auftrags bislang untätig gewesen. Daher würden nun Strukturen geschaffen, die die Sozialversicherung dazu zwingen, dem Auftrag auch wirklich nachzukommen. "Äußert unbefriedigend" sei allerdings, dass die PKV nicht mitmachen wolle, sagte Bender. Schließlich würden auch die Privatversicherten von den Maßnahmen in der Schule oder im Wohnquartier profitieren.

FDP: Bürokratie und Überregulierung

Der FDP-Abgeordnete Detlef Parr begrüßte das Vorhaben, die Gesundheitsvorsorge in Deutschland zu stärken grundsätzlich. Er warf der Bundesregierung jedoch vor, dabei ein weiteres Mal einem "gesetzlichem Regulierungswahn" zu verfallen. Letztlich seien bei dem Gesetzentwurf "150 Seiten voller Bürokratie und Überregulierung" herausgekommen.

Am 23. Februar wurden der Gesetzentwurf sowie die Anträge der Opposition dem Gesundheitsausschuss des Bundestages vorgelegt. Am 9. März soll eine Sachverständigenanhörung stattfinden. Der Bundesrat wird sich am 18. März mit der Materie befassen. Der Gesetzentwurf basiert auf Eckpunkten, die eine Bund-Länder-Arbeitsgruppe im vergangenen Herbst erarbeitet hat.

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