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AOK-Dialog zum Präventionsgesetz: Was sollte ein Präventionsgesetz regeln?

BERLIN (ks). Selten standen sich Regierung, Opposition und Krankenkassen näher: Dass dem Thema Prävention mehr Aufmerksamkeit geschenkt werden muss, darin sind sich alle einig. Noch in dieser Legislaturperiode soll ein Präventionsgesetz auf den Weg gebracht werden. Dies sieht auch ein fraktionsübergreifender Entschließungsantrag vor, der im September im Bundestag eingebracht wurde. Doch welchen Anforderungen soll dieses Gesetz genügen? Darüber diskutierten auf einer Veranstaltung des AOK-Bundesverbands am 13. November in Berlin Vertreter von Regierung, Opposition und Krankenkassen.

Jeder will die Prävention im Gesundheitswesen stärken. Aber wer fängt an und wer sorgt für die notwendige Finanzierung? Erfolge stellen sich in der Prävention häufig erst nach Jahren ein – doch wer zahlt, will zumeist recht schnell wissen, was sein Geld bewirkt. Die gute Absicht vieler Projekte bleibt daher oft auf halber Strecke stecken.

Grund: Der Mitteleinsatz ist zu gering und die Koordination zu schlecht. Zu viele Akteure starten gut gemeinte Maßnahmen, die jedoch häufig schlecht gemacht sind. So analysiert der Staatssekretär im Bundesministerium für Gesundheit und Soziale Sicherung (BMGS) Klaus Theo Schröder den Ist-Zustand in Sachen Prävention.

Abhilfe soll schon bald ein Präventionsgesetz schaffen. Schröder erläuterte, was aus Sicht des BMGS in einem solchen Gesetz geregelt sein müsste: Zunächst müsste es die Ausgangs- und Datenbasis verstärken. Noch immer gebe es keine ausreichenden Informationen darüber, wo die großen Problemfelder liegen, so der Staatssekretär. Zudem müsste das Gesetz für ein einheitliches Verständnis von Prävention sorgen, indem es Begrifflichkeiten definiert. Fragen der Qualitätssicherung müssten geklärt werden, ebenso die Voraussetzungen sowohl für individuelle Prävention als auch für Setting-Ansätze, die gezielt sozial benachteiligte Personen ansprechen. Auch große Dachkampagnen nach dem Vorbild der erfolgreichen HIV/AIDS-Kampagne sowie eine Ausrichtung auf bestimmte Gesundheitsziele seien nötig. All diese Aufgaben könne nicht alleine die gesetzliche Krankenversicherung übernehmen, stellte Schröder klar. Auch in diesem Punkt herrscht große Einigkeit: Prävention ist gesamtgesellschaftliche Aufgabe und fordert von allen Beteiligten einen Beitrag.

Das sieht die Opposition nicht anders. Die gesundheitspolitische Sprecherin der CDU/CSU-Bundestagsfraktion Annette Widmann-Mauz plädiert ebenfalls dafür, die Prävention umfassend zu stärken. Nötig sei ein umfassendes Konzept: Bund, Länder, Gemeinden – alle Entscheidungsträger müssten einbezogen werden. Ein solches konzertiertes Vorgehen sei machbar und erfolgversprechend, so Widmann-Mauz.

Anforderungen an ein Präventionsgesetz

Hans Jürgen Ahrens, Vorstandsvorsitzender des AOK-Bundesverbands, legte dar, welchen Anforderungen ein Präventionsgesetz aus Sicht der AOK entsprechen muss. Er nannte neben den von Schröder aufgezählten Voraussetzungen etwa die Notwendigkeit, die Finanzierung zu regeln. Auch die private Krankenversicherung und private Sponsoren sollten sich beteiligen. Es müsse sichergestellt werden, dass keine erneuten Verschiebebahnhöfe zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung entstünden. Zudem müsse den Kassen ein Gestaltungsspielraum bleiben. Ahrens sprach sich deutlich gegen ein Gesetz aus, das auf "Gleichmacherei" aus sei. Bewährte, funktionierende Strukturen – etwa in der betrieblichen Gesundheitsförderung und der Individualprävention – dürften nicht zerschlagen werden. Zur Finanzierung, insbesondere von Projekten, die sich an sozial Benachteiligte richten, schlagen die gesetzlichen Kassen vor, eine Stiftung ins Leben zu rufen.

Auch Rolf Rosenbrock, Mitglied des Sachverständigenrats für die Konzertierte Aktion im Gesundheitswesen und Leiter der Arbeitsgruppe Public Health im Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung, hält diese Ansätze für vielversprechend. Seines Erachtens sollte Prävention – insbesondere die Primärprävention – nicht alleinige Sache der Krankenkassen sein. Prävention eigne sich nicht so sehr als Wettbewerbsinstrument unter Krankenkassen – zumal wenn sozial Benachteiligte erreicht werden sollen. Rosenbrock plädierte schon 1999 für die Einrichtung von Präventionsfonds ähnlich dem Stiftungsmodell. In diesen würden Gelder der gesetzlichen Kassen fließen, über deren Verwendung ein Präventionsrat nach Qualitätskriterien und nationalen Gesundheitszielen entscheiden würde. In diesem Rat sollten neben den Kassen auch andere Sozialversicherungsträger sowie staatliche und private Sponsoren sitzen.

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