Arzneimittel und Therapie

Phytopharmaka: Extrakt aus Cistrosen lindert Halsschmerzen

Eine Untersuchung der Charité Berlin mit 113 Patienten zeigte, dass ein Konzentrat aus Cistrosen bei den meisten Patienten mit Tonsillo-Pharyngitis die Beschwerden innerhalb von drei Tagen lindern kann. Auch zur Behandlung von Kindern mit Halsschmerzen ist es gut geeignet.
Foto: funghiitaliani.it
AUS DER GRAUBEHAARTEN CISTROSE Cistus incanus können Polyphenolreiche 
Extrakte gewonnen werden, mit denen nach mehrmaligem Gurgeln die Beschwerden einer Tonsillo-Pharyngitis wie Halsschmerzen und Schluckbeschwerden gelindert werden.

Insgesamt 53 Patienten erhielten das Cistrosen-Konzentrat Cystus® Sud, 18 Patienten der Kontrollgruppe bekamen grünen Tee. Für die Untersuchung sollten die Patienten die Präparate tagsüber für maximal eine Woche alle drei Stunden gurgeln. Es zeigte sich, dass in der Gruppe mit dem Cistrosen-Konzentrat die Beschwerden bei 32 Patienten (60%) innerhalb von drei Tagen besser wurden, mit grünem Tee dagegen nur bei drei Patienten (17%). Insgesamt waren bei drei Viertel der Behandelten mit dem Cistrosen-Präparat, aber nur bei einem Drittel der Patienten mit grünem Tee sämtliche Symptome nach einer Woche verschwunden. Dass dieses Ergebnis nicht zufällig entstand, bestätigte eine andere Studie. Hierbei wurden 42 weitere Patienten mit Tonsillo-Pharyngitis mit dem Cistrosen-Konzentrat behandelt. Bei 32 Erkrankten (76%) waren die Beschwerden nach spätestens einer Woche Therapie abgeklungen.

Wichtig ist eine frühzeitige Anwendung des Präparates. Wird gewartet bis sich starke Beschläge auf den Tonsillen gebildet haben oder massive Schluckbeschwerden vorliegen, helfen oft nur noch Antibiotika.

Polyphenolhaltiger Extrakt aus Cistus incanus

In Pflanzen steckt aber noch mehr Potenzial. Derzeit laufen einige Untersuchungen. Eine Frage beschäftigt sich mit der Möglichkeit, ob Pflanzen-Extrakte eine Grippeinfektion verhindern können. Zumindest in Zellkulturen können Polyphenol-reiche Extrakte die Vermehrung von Influenza-Viren blockieren. Versuche deuten darauf hin, dass Substanzen aus solchen Extrakten Influenza- und andere Viren daran hindern, in Zellen einzudringen. Aber auch bei der Krebstherapie kann die Pflanzenwelt hilfreich sein. Bisher waren pflanzliche Polyphenole eher als Antioxidanzien bekannt. So gibt es Zellkultur-Untersuchungen, in denen die Substanzen das Wachstum von Krebszellen hemmten.

Weiterhin können Polyphenole aus grünem Tee bei Mäusen die Tumorinzidenz absenken. Doch in den Polyphenol-reichen Extrakten stecken noch andere Fähigkeiten. Sie wirken antiviral. Studien mit Extrakten der bulgarischen Heilpflanze Geranium sanguineum zeigten, dass die Extrakte nicht nur die Vermehrung von verschiedenen Influenza-Stämmen in Zellkultur hemmen, sondern Versuchs-Mäuse vor Influenza-Infektionen schützen (Life Science 6/76, 2005, 2981).

Cistrosen-Extrakt hemmt Virusvermehrung

Forscher vom Institut für Molekulare Virologie der Uni Münster prüften, ob durch einen Extakt aus der graubehaarte Cistrose Cistus incanus ssp. tauricus die Vermehrung von Vogelgrippe-Viren und von humanen Influenza-Viren gestoppt werden kann. Dazu wurden menschliche Lungen-Epithelzellen und Hunde-Nieren-Epithelzellen mit dem Extrakt behandelt. Anschließend wurden die Zellen mit dem Vogelgrippe-Stamm H7N7 sowie mit dem Human-Influenza-Stamm H1N1 infiziert. Erfreulicherweise konnte bei beiden Zellkulturen die Virusvermehrung deutlich blockiert werden. Die Viren-Konzentrationen verringerten sich um bis zu zwei Zehnerpotenzen. Bei der Untersuchung zeigte sich, dass die Dosis das Maß des Erfolges ist. Mit einer Extrakt-Konzentration von 2 µg/ml ist die Hemmung der Virusvermehrung nur sehr gering, bei einer Konzentration von 25 und 50 µg/ml am stärksten ausgeprägt. Allerdings ist noch nicht geklärt, auf welche Art und Weise die Pflanzenextrakte die Viren unschädlich machen. Bei dem Cistrosen-Extrakt zeigte sich, dass die Viren nach der Behandlung kaum noch infektiös sind. Demnach scheint das Extrakt auch direkt auf die Viren zu wirken.

Die Lösung könnte in den Polyphenolen in dem Extrakt zu finden sein. Diese können Proteine verklumpen, von denen Viren besonders viele in ihrer Außenhülle besitzen. Binden Polyphenole dabei an wichtige virale Rezeptoren, können die Viren nicht mehr in Zellen eindringen. Die Proteinbindung ist unspezifisch. So lässt sich die Wirkung des Cistrosen-Extraktes auf andere Viren erklären.

Graubehaarte Cistrose

Die Cistrose ist nicht mit der Rose verwandt, auch wenn die Blüten der rosablühenden Art denen der Heckenrose extrem ähneln. Sie gehört zur Familie der Cistusgewächse.

Cistrosen gibt es sehr viele unterschiedliche, in Mallorca beispielsweise kann man viele Farbschattierungen nebeneinander erleben. Extrakte aus Cistus incanus ssp. tauricus haben einen besonders hohen Gehalt an Polyphenolen und konnten in Zellkulturen die Vermehrung von Grippeviren deutlich hemmen. Für die Duftstoffgewinnung nimmt man hauptsächlich Cistus ladanifer, sie hat cremefarbene Blütenblätter jeweils mit einem dunkelpurpurfarbenen Tupfer am Ansatz. Einige Sorten sind in Deutschland im milden Weinbauklima winterhart, doch den knalligen Duft können sie im deutschen Sommer nur annähernd entfalten. Die Cistrose ist ein Kind der Hitze und Trockenheit.

Dr. med. Ingo Blank, Arzt und Journalist, www.ingoblank.de

0 Kommentare

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.