Prisma

Suchtforschung: Computerspielen wirkt wie Droge

ral | Wissenschaftler der Charité haben mit hirnphysiologischen Untersuchungen bewiesen, dass exzessives Computerspielen zu einer Sucht werden kann, die auf vergleichbaren Mechanismen wie Alkohol- oder Cannabis-Abhängigkeit beruht. "Exzessives Computerspielen aktiviert vermutlich gleiche Strukturen im Hirn wie stoffliche Drogen", erklärt Dr. Sabine Grüsser.

In der Studie verglichen die Forscher 15 "gesunde" Computerspieler mit 15 exzessiven Spielern. Als exzessiv wurde eingestuft, wer mindestens drei international anerkannte Kriterien für Abhängigkeit erfüllte (unstillbares Verlangen, Toleranzentwicklung, Entzugssymptome, Vernachlässigung anderer Interessen, Kontrollverlust, anhaltend exzessives Spielen trotz schädlicher Folgen). Beiden Gruppen wurden Fotos von neutralen Gegenständen, Bier- oder Schnapsflaschen sowie ein Standbild aus einem Computerspiel gezeigt.

Gleichzeitig untersuchten die Wissenschaftler zwei verschiedene Hirnreaktionen auf die visuellen Reize: Ein Elektroenzephalogramm (EEG) ermittelte die Hirnaktivität, ein Elektromyogramm (EMG) zeichnete auf einen lauten Knall hin den Schreckreflex ("Startle-Reflex") auf. Der Startle-Reflex, ein unwillkürliches Muskelzucken am Auge, fällt umso geringer aus, je angenehmer die umgebenden Stimuli empfunden werden. Ergebnis: Kam die Szene aus dem Computerspiel ins Visier, fielen die EEG-Werte bei exzessiven Spielern sehr viel stärker aus als beim Anblick neutraler Reize oder der Alkoholmotive. Umgekehrt erschraken die süchtigen Computerspieler sehr viel weniger, sobald Spielszenen zu sehen waren. "Zusammenfassend kann man sagen, dass die EEG- und EMG-Muster von exzessiven Computerspielern und Alkohol- oder Cannabissüchtigen vergleichbar sind", so Grüsser. Die Forschergruppe um Grüsser hat in einer weiteren Studie über 7000 Computerspieler zu ihrem Spielverhalten befragt. Fazit: Insgesamt 11,9 Prozent der Computerspieler zeigen ein süchtiges Spielverhalten. 

Quelle: Pressemitteilung vom Institut für Medizinische Psychologie, Charité, 9. 11. 2005

0 Kommentare

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.