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Kassen fordern Abschaffung von aut idem

BERLIN (ks). Die gesetzlichen Krankenkassen erwarten von der künftigen Bundesregierung mehr als eine Finanzierungsreform in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV). Auch wenn diese wichtig sei, dürfe eine kontinuierliche und konsequente Fortsetzung der Strukturreformen nicht vernachlässigt werden. In einem am 5. September vorgelegten Eckpunktepapier fordern die GKV-Spitzenverbände unter anderem den Verzicht auf die Aut-idem-Auswahl durch die Apotheken.

"Die Aut-idem-Regelung für Apotheker hat sich nicht bewährt", erklärte der Verwaltungsratsvorsitzende des IKK-Bundesverbandes Hans-Jürgen Müller bei der Vorstellung der GKV-Positionen in Berlin. Vielmehr sei das Gegenteil der Fall, weil die Regelung zu einer "ausufernden Rabattschlacht" geführt habe. Diese komme den Verbrauchern nicht zugute und müsse daher zurückgeführt werden, so Müller. Statt dessen setzen die Kassen auf eine Stärkung der pharmakologischen Kompetenz der Ärzte: diese müssten auch auf andere Weise als durch Pharmareferenten über eine qualitätsgesicherte und wirtschaftliche Arzneimitteltherapie informiert werden.

Ermäßigte Mehrwertsteuer auf Arzneimittel

Darüber hinaus fordern die Spitzenverbände für den Arzneimittelbereich die Einführung einer Kosten-Nutzen-Bewertung bei der Zulassung. Zudem müsse auf Arzneien der ermäßigte Mehrwertsteuersatz angewendet werden. Es zeuge nicht von sozialpolitischer Verantwortung, wenn Medikamente mit der vollen Mehrwertsteuer belegt werden, Schnittblumen und Hundefutter hingegen mit dem reduzierten Satz, erklärte Müller. Die "besorgniserregende Ausgabendynamik" im Bereich der Arzneimittel mache deutlich, dass hier kurzfristig gehandelt werden müsse.

Sektorengrenzen überwinden

Zu den zehn Kernforderungen der GKV-Spitzenverbände zählen unter anderem auch die Etablierung einer sektorübergreifenden Qualitätssicherung, der Ausbau der Integrierten Versorgung und die Stärkung der ambulanten Versorgung. Es sei dringend geboten, die noch immer weitgehend bestehende Abschottung der einzelnen Leistungsbereiche zu beseitigen. Der Vorstandsvorsitzende des IKK-Bundesverbandes Rolf Stuppardt betonte, dass es an der Zeit sei, "den Versicherten etwas zukommen zu lassen" – sie mussten im Zuge der letzten Gesundheitsreform bereits viele Lasten tragen.

Weder Bürgerversicherung noch Gesundheitsprämie

Neben den geforderten Strukturreformen sei auch eine Reform des Finanzierungssystems nötig, betonte Erich Werner Peterhoff, Verwaltungsratsvorsitzender des IKK-Bundesverbandes für die Arbeitgeberseite. Allerdings sprechen sich die Kassen weder ausdrücklich für die Einführung einer Bürgerversicherung noch für ein Prämiensystem aus. "Wir brauchen ein Finanzierungssystem, das Solidarität und soziale Gerechtigkeit erhält und stärken muss", erklärte Peterhoff. Eine primär durch Steuern oder Zuzahlungen finanzierte Versorgung lehnen die Spitzenverbände entschieden ab. Zuzahlungen seien nur dort sinnvoll, wo sie steuernde Wirkung entfalten, so Peterhoff. Auch Überlegungen zur Privatisierung des Krankheitsrisikos erteilen die Kassen in ihrem Eckpunktepapier eine klare Absage.

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