Reform: GKV fordert Mut zum Verzicht

BERLIN (ks). Die gesetzlichen Krankenkassen haben vergangene Woche erneut an die Bundesregierung und den Bundesrat appelliert, auf die Gesundheitsreform zu verzichten. Stattdessen sollte ein Zehn-Milliarden-Euro-Sofortprogramm gestartet werden, um die GKV-Beiträge zumindest bis zur kommenden Legislaturperiode stabil zu halten. Dann habe die Regierung Zeit, ihr Reformvorhaben genau zu überdenken. Das Bundesgesundheitsministerium (BMG) wies die Forderung zurück. Sie sei lediglich "ein erneuter Beweis, dass die Gesundheitsreform dringend erforderlich ist".
Zehn-Milliarden-Sofortprogramm als Alternativ-Vorschlag

AOK-Chef Hans Jürgen Ahrens erklärte auf einer Pressekonferenz der GKV-Spitzenverbände am 10. Januar in Berlin, man unternehme nun einen letzten Versuch, den Schaden der anstehenden Gesundheitsreform zu begrenzen. Er erläuterte das den Kassen vorschwebende Sofortprogramm: Danach sollen die Teile des geplanten GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetzes, die tatsächlich zu mehr Wettbewerb führen, aus dem Gesetzentwurf herausgenommen und rasch in Kraft gesetzt werden. Hierzu zählt Ahrens etwa die Möglichkeit neuer Versorgungsverträge und Wahltarife. Was die anderen Teile der Reform betrifft, fordert der Kassenchef "Mut zum Verzicht".

Darüber hinaus müsse das Sofortprogramm die Kassen um 10 Milliarden Euro entlasten. Dies soll geschehen durch eine Rücknahme der Kürzung des Bundeszuschusses (2,7 Mrd. Euro), volle Beitragszahlungen für Arbeitslose durch die Bundesagentur für Arbeit (4,3 Mrd. Euro) und die Einführung des ermäßigten Mehrwertsteuersatzes von sieben Prozent auf Arzneimittel (2,9 Mrd. Euro). Diese Schritte sind nach Überzeugung der Kassen durch die steigenden Steuereinnahmen und die Überschüsse der Bundesagentur für Arbeit finanzierbar.

Beiträge steigen

Die Vorstandsvorsitzende der Ersatzkassenverbände, Dr. Doris Pfeiffer, verwies darauf, dass der durchschnittliche Kassenbeitrag zu Jahresbeginn um 0,56 Prozentpunkte auf 14,82 Prozent angestiegen sei – einschließlich der 0,9 Beitragssatzpunkte, die allein vom Versicherten zu tragen sind. Der von den Kassen prognostizierte Anstieg um 0,7 Prozentpunkte werde vorrausichtlich im Laufe des Jahres erreicht. Pfeiffer betonte, dass die Politik selbst für diese jüngsten Beitragssatzerhöhungen verantwortlich sei. Sie habe den Kassen "bereits zugesicherte Steuermittel wieder entzogen, die Mehrwertsteuer erhöht und durch gesetzgeberische Maßnahmen einen konsequenten Schuldenabbau der Krankenkassen verzögert". Die geplante Reform werde die Finanzsituation sogar noch verschärfen. Daran wird Pfeiffer zufolge auch ein Gesundheitsfonds nichts ändern: "Verstaatlichung und Einheitsbeitragssatz sind jedenfalls nicht die Antwort auf die Finanzprobleme der GKV.".

BMG wirft Kassen Ineffizienz vor

Im Bundesgesundheitsministerium hat man kein Verständnis für die Klagen der Kassen. Ministeriumssprecher Klaus Vater verwies darauf, dass die Kassen im Rahmen des GKV-Modernisierungsgesetzes bereits einmal um mehr als 10 Milliarden Euro entlastet worden seien. Diese Entlastung sei von den Kassen "teils nicht, teils nur halbherzig und lediglich von wenigen Kassen voll genutzt worden". Wenn es Fortschritte gegeben hat – etwa bei der Begrenzung der Arzneimittelausgaben – sei dies auf Druck der Regierung und durch neue Gesetze geschehen, insbesondere durch das Arzneimittelversorgungs-Wirtschaftlichkeitsgesetz. Ein erneutes Zehn-Milliarden-Programm, so Vater, würde an der "ineffizienten Organisation und der ineffizienter Beitragsverwendung wenig ändern". .

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