ADEXA Info

Zurückrudern oder ausweiten?

Wahlkampfstimmung in Deutschland – kein Tag vergeht ohne neue Umfragen. Lange Zeit standen die Zeichen auf Wechsel, konnten sich Union und FDP schon recht sicher sein, die nächste Regierung zu stellen. Doch seit sich PDS und Wahlalternative Soziale Gerechtigkeit (WASG) bundesweit formiert haben und mit den Zugpferden Gysi und Lafontaine immer mehr Stimmen gewinnen, erscheint eine große Koalition zwischen Union und SPD nicht mehr nur als theoretisches Denkspielchen. Aber noch ist die Zahl der Unentschlossenen hoch – sei es aus Verunsicherung oder Frustration über die bestehenden Wahlalternativen – und damit bleibt der Wahlausgang spannend.

Welches Programm bietet ArbeitnehmerInnen und Arbeitslosen die besten Chancen? Welche Partei gibt die besten Antworten auf die ungelösten Fragen im Gesundheitsbereich? Auch wenn Papier geduldig ist und nach der Wahl manches anders kommt als vorher angekündigt, kann ein Blick in die Wahlaussagen hilfreich sein, um am 18. September das Kreuz an der richtigen Stelle zu machen.

Wahlprüfstein 4: Arbeitslosigkeit

Die Bekämpfung der Arbeitslosigkeit ist eine der zentralen Herausforderungen der nächsten Legislaturperiode. Ob die unter dem Begriff Hartz IV angeschobenen Reformen hierzu beitragen können, ist umstritten. Den einen gehen die Einschnitte viel zu weit, den anderen nicht weit genug. Welche Änderungen von den derzeit nicht regierenden Parteien geplant sind, soll hier beleuchtet werden:

Die CDU schrieb zu diesem Punkt: "Wir schaffen zusätzliche Anreize, Arbeitslosengeld-II-Empfänger einzustellen: Für sie kann das Arbeitsentgelt in den ersten zwei Jahren bis zu 10 Prozent unter Tarif liegen. Ergänzende Sozialhilfe soll ein angemessenes Auskommen von Arbeitnehmern sichern." Ob dieser geplante Eingriff in die Tarifautonomie tatsächlich zusätzliche Arbeitplätze schafft, ist sehr fraglich. Und was ist nach den zwei Jahren: Wird dann der Arbeitnehmer gegen einen anderen billigen Langzeitarbeitslosen ausgetauscht? Die CDU will außerdem allen Kommunen die Option einräumen, die Betreuung der ALG-II-Empfänger zu übernehmen, und für die Bundesländer regionale "Experimentierklauseln" zulassen.

Das Wahlprogramm der FDP trägt den forschen Titel "Arbeit hat Vorfahrt". Sie schlägt darin vor, Arbeitslosengeld II und andere steuerfinanzierte Sozialleistungen durch ein "Liberales Bürgergeld", d. h. eine Grundsicherung zu ersetzen und zusammenzufassen. Die Zuverdienstmöglichkeiten sollen gegenüber dem jetzigen ALG II spürbar verbessert werden. Aber auch die Kürzungen fallen härter aus für diejenigen, die zumutbare Arbeit ablehnen. Zumutbarkeit wird allerdings nicht weiter definiert. Ein positives Detail: Die private Altersvorsorge von Arbeitslosen soll besser geschützt werden.

Außerdem will die FDP die Bundesagentur für Arbeit auflösen und deren Aufgaben neu verteilen (kommunale Job-Center, eine Versicherungsagentur für Lohnersatzleistungen und eine Arbeitsmarktagentur für überregionale Aufgaben). Die Arbeitslosenversicherung soll zur reinen Risikoversicherung werden. Den Arbeitgeberanteil soll der Arbeitnehmer erhalten, der unter verschiedenen Versicherungstarifen auswählen kann, in welchem Umfang er sich versichern will. Frühverrentungsprogramme sollen gestrichen werden, Ältere länger in den Arbeitmarkt integriert werden.

Die Linkspartei/PDS hält das Hartz-IV-Gesetz für verfassungswidrig. Kurzfristig fordert sie einen erhöhten, bundesweit einheitlichen ALG-II-Regelsatz von mindestens 420 Euro, die Abschaffung der Bedarfsgemeinschaften und die Entschärfung der Zumutbarkeitsregelungen.

Außerdem fordert die Linkspartei einen öffentlich geförderten Beschäftigungssektor (ÖBS) mit tariflich entlohnten Arbeitsverhältnissen. Weil neue Arbeitsplätze entstehen, soll sich dieser nach einiger Zeit selbst tragen. Eine generelle Arbeitszeitverkürzung soll dazu beitragen, die vorhandene Arbeit gerechter zu verteilen.

 

ADEXA
Der Bundesvorstand

 

Keine Wahlempfehlung!

ADEXA gibt keine Empfehlung für eine bestimmte Partei oder ein politisches Lager. Die "Wahlprüfsteine" sind als Orientierungshilfe für unsere Mitglieder gedacht. Dazu hat der Vorstand Anfang Juli die Parteibüros von CDU/CSU, FDP, Grünen, SPD, Linkspartei/PDS und WASG angeschrieben und um konkrete Aussagen zu Fragen gebeten, die für ArbeitnehmerInnen im Apothekenbereich besonders relevant sind. Als letzte der Parteien hat inzwischen auch die FDP geantwortet. Lediglich von der WASG gab es keine gesonderte Stellungnahme – ob die Positionen mit denen der PDS identisch sind, ist schwer zu beurteilen.

Rückblick und Ausblick

In der ersten Folge unserer Serie (DAZ 32, S. 63) ging es um die Wahlprüfsteine Tarifautonomie, Kündigungsschutz sowie Arbeitszeiten und Teilzeitarbeit. In den nächsten Folgen geht es um die parteipolitischen Vorstellungen zur Gesundheitspolitik, Steuerpolitik und Familienpolitik.

0 Kommentare

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.