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Der Uhu: Vogel des Jahres 2005

Der Naturschutzbund Deutschland (NABU) und der Landesbund für Vogelschutz in Bayern (LBV) haben den Uhu zum Vogel des Jahres 2005 gekürt. Er ist die größte Eulenart der Erde. Damit soll auf die Seltenheit dieser einheimischen Eule und insgesamt auf die Gefährdung der Natur hingewiesen werden.

 

Ein weiser Weltbürger

Der Uhu (Bubo bubo) ist eine besonders eindrucksvolle Eule. Die Größe macht ihn erhaben. Sitzt er stumm stundenlang auf seinem Ansitz und schaut in die Welt, regt das den Betrachter zum Sinnieren an. Die großen Augen, das flache Gesicht und der dicke Kopf erscheinen irgendwie menschenähnlich, der Lidschlag, der wie beim Menschen von oben nach unten geht, ebenfalls. Seine Ruhe scheint vom Nachdenken über die Welt zu kommen.

Wohl deshalb faszinieren diese wunderschönen Tiere den Menschen besonders. Eulen gelten als verständig, wissend und gedankenversunken. Ihr schauriger Ruf in der Nacht erfreut und ängstigt. Dass sie ihren Kopf, der auf 14 Halswirbeln sitzt, um insgesamt 360° drehen können, erstaunt und erschreckt.

Seit Alters her werden diese nacht- und dämmerungsaktiven Tiere symbolhaft betrachtet. Viele Menschen sammeln Eulenfiguren, manche machen sie für Tod und Verderben verantwortlich. Die Römer nannten den Steinkauz "noctua", den "nächtlichen" Vogel. Im alten Indien, in Arabien und Äthiopien erschienen die Seelen der Verstorbenen als Eulen. Im Deutschen hat der Volksmund den Begriff "Leichenhuhn" überliefert. Die Eulen galten also auch hierzulande lange Zeit als Gespenstertiere, Hexen- und Totenvögel. Göttliche Verehrung dagegen genossen Eulen in der minoischen Kultur und im antiken Griechenland. Der Steinkauz war der Pallas Athene geweiht, die unter anderem die Göttin der Weisheit war. Die Eule gilt also auch als Symbol der Weisheit.

Der Uhu gehört zu den bekanntesten Vögeln, schon wegen seines lautmalerischen Namens und seiner imposanten Größe. Doch in freier Wildbahn gesehen haben ihn die wenigsten. Dabei ist der Uhu ein Weltbürger. Sein Siedlungsgebiet reicht von Nordafrika und der Iberischen Halbinsel über den Sudan und Arabien nach Indien und Südchina bis nach Sibirien und zum Stillen Ozean. Sein verstecktes Leben und die mit 850 Brutpaaren geringe Zahl in Deutschland machen ihn nahezu unsichtbar. Die europäische Population wird auf 10.000 bis 13.000 Paare geschätzt.

Dabei ist der Uhu nicht so scheu, wie oft angenommen wird. So hat im Jahr 2004 ein Uhupaar in München vier Junge großgezogen. In Freiburg und Lübeck hat er von den Kirchtürmen gerufen. Er siedelt hierzulande aber gerne in großen Wäldern und vor allem in felsigem Gelände und in Schluchten. Steilhänge an Gewässern mag er ebenfalls. Als anpassungsfähiger Weltbürger nimmt er allerdings nahezu jede Landschaft an, die ihm Nahrung und Versteck bietet. Das geht von der Tiefebene übers Hochgebirge bis hin zu Wüstenstrecken.

 

Treu bis in den Tod

Auch beim Schlagen von Beute ist der Uhu nicht besonders wählerisch. Er packt alles, was er mit seinen handtellergroßen Greifen überraschen kann. Zu seinen bevorzugten Opfern zählen Mäuse, Igel, Kaninchen und andere Kleinsäuger. Auch Wiesel, Marder, Murmeltiere und Bussarde sind nicht vor ihm sicher. Die Nahrungspalette reicht vom Käfer bis zu Graureiher, Taube, Krähe und anderen Eulen; Fische, Kröten und Schlangen nicht zu vergessen. In der Nähe der Siedlungen fängt der Uhu auch die Ratten aus den Müllhalden.

Je nach Nahrungsangebot bestreicht er ein Revier von mehr als 40 Quadratkilometern, dem er in der Regel auch die 20 Jahre seines Lebens treu bleibt. Da er auch Junghasen, Rebhühner und Fasanen annimmt, ist er sehr lange als Schädling des Niederwilds stark bejagt worden. Noch vor 100 Jahren wurden junge Uhus aus den Nestern gehorstet und zur so genannten Hüttenjagd auf Krähen verwendet. Diese Lockjagd ist heute verboten. Sein Bestand ging im Westen Deutschlands um 1960 auf 40 Paare zurück.

Der einzige Feind des erwachsenen Uhus ist immer noch der Mensch, doch heute vor allem in Form von Mittelspannungsleitungen. Setzt sich der große Vogel auf einen Strommast, kann es vorkommen, dass er mit seinen langen Flügeln die Leitungen berührt und sich schwer verletzt oder gar verendet. Zudem verursacht er Kurzschlüsse. Laut Naturschutznovelle sollen deshalb bis 2012 alle gefährlichen Masten in Deutschland entschärft werden. Neben den Strommasten setzen Verdrahtungen und vor allem der Straßenverkehr dem Vogel zu. Auch Windkraftanlagen fällt er zum Opfer. Stirbt ein Elternteil während der Brut, verhungern meistens alle Jungvögel. Es dauert dann häufig Jahre, bis ein neuer Partner gefunden ist. Denn der Uhu ist sein Leben lang monogam; im Gegensatz zum Beispiel zur Schleiereule, die sich jedes Jahr einen neuen Partner sucht.

Der Uhu will seine Ruhe haben. Deshalb stören ihn auch die immer zahlreicher werdenden Kletterer, andere Freizeitsportler und die Fotografen in der Natur. Schon bei geringsten Störungen lässt er Gelege, Brut und Nestlinge im Stich. Überall wo der Uhu brütet, werden deshalb die Wanderwege gesperrt. Der Verlust von Lebensraum gefährdet ihn ebenfalls.

Tausendfache Freisetzungen, strenger Schutz bis hin zur Horstbewachung und die wieder vermehrten Wasservogelkolonien an den Stauseen haben seit Anfang der 1970er-Jahre die Vermehrung des Uhus gefördert. Er ist deshalb nicht mehr unmittelbar vom Aussterben bedroht. Seit 1991 ging der Anteil erfolgreicher Bruten jedoch regional wieder zurück, und zahlreiche Reviere wurden aufgegeben. 1997 war das schlechteste Brutjahr der vergangenen neun Jahre.

Nur die Weibchen brüten

Zum Brüten selbst braucht es nicht viel. Die Uhus scharren einfach eine Mulde in eine Felsnische, brüten am Boden oder übernehmen einen Greifvogelhorst. Mit dem ersten Ei beginnt das Weibchen zu brüten. Die meistens zwei bis drei, selten fünf Jungen schlüpfen deshalb nacheinander. Etwa 35 Tage hockt das Weibchen auf seinen Eiern. Die Jungen sind rasch ziemlich munter und turnen schon nach zwei Wochen durchs nahe Unterholz. Man nennt sie deshalb auch Ästlinge. Nach spätestens zehn Wochen sind sie flügge und können damit ihren ärgsten Feinden Fuchs und Marder entkommen. Bis sie eigene Beute schlagen können, brauchen sie nur 20 Wochen Lebenszeit. Zwei Jahre später brüten sie dann selbst, von Februar bis Mai.

Der heimische Uhu ist der größte der weltweit zwölf Uhuarten (Tab. 1). Das Weibchen kann bis zu 70 Zentimeter lang werden und eine Flügelspannweite von 180 Zentimetern erreichen. Damit ist es nur unwesentlich kleiner als der Steinadler. Die Männchen sind beim Uhu – im Gegensatz zu anderen Eulen – kleiner als die Weibchen. Die meiste Zeit des Jahres gehen die Paare getrennte Wege. Doch ab Februar erschallt das dumpfe "Buoh – buoh – buoh" durch die kalten Nächte. Das Männchen zeigt damit jedem Geschlechtsgenossen an, wem das Revier gehört. Gleichzeitig weiß damit sein Weibchen, dass die Zeit der Paarung gekommen ist. Es antwortet mit einem höheren, zweisilbigen "Hu – hu".

 

Dr. Uwe Schulte

Händelstraße 10, 71640 Ludwigsburg schulte.uwe@t-online.de

Eulen nach Athen 


Die Tetradrachme im antiken Athen zierte ein Steinkauz (Athene noctua) auf der Rückseite. Die Münze wurde deshalb schlicht "Eule" genannt. "Eulen nach Athen tragen" bezieht sich auf diese Münze und die Tatsache, dass Athen damals eine sehr reiche Stadt war.

Aberglauben

Lange Zeit galt die Eule als Verkünderin des Todes. Das "Kuwit" des Waldkauzes wurde als "Komm mit" interpretiert. Bis in die Antike zurück reichte der Brauch, Eulen lebend mit ausgebreiteten Flügeln an die Scheunentore zu nageln, zum Schutz von Haus und Hof gegen Blitzschlag, Feuersbrunst und Hagel.

 

Eulen nach Athen Die Tetradrachme im antiken Athen zierte ein Steinkauz (Athene noctua) auf der Rückseite. Die Münze wurde deshalb schlicht "Eule" genannt. "Eulen nach Athen tragen" bezieht sich auf diese Münze und die Tatsache, dass Athen damals eine sehr reiche Stadt war.

Ulenspiegel

Der Name des Till Eulenspiegel (eigentlich: Ulenspiegel) kommt nicht von "Eule", sondern von "ulen" gleich "reinigen" und "Spiegel", was in der Jägersprache "Hinterteil" bedeutet. Zusammengenommen meint es das Zitat aus dem "Götz von Berlichingen".

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