Arzneimittelausgaben im 1. Quartal 2004: Ausgaben sinken weniger als Krankenkass

Berlin (ks). Nachdem im Januar und Februar dieses Jahres die Arzneimittelausgaben der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) gegenüber dem Vorjahr um 30 bzw. 18 Prozent zurückgegangen sind, betrug das Minus im März nur noch 1,6 Prozent. Für die Spitzenverbände der Krankenkassen ein "besorgniserregender" Trend. Statt der gesetzlich angestrebten Entlastung um zwölf Prozent seien die Ausgaben im 1. Quartal 2004 nun nur um rund fünf Prozent zurückgegangen. Das Bundesministerium für Gesundheit und Soziale Sicherung (BMGS) will sich die erzielten Einsparungen jedoch nicht klein rechnen lassen.

Wie die Spitzenverbände am 5. Mai mitteilten, seien die Vorzieheffekte des GKV-Modernisierungsgesetzes (GMG) im März abgeklungen. In den Bereichen einiger Kassenärztlicher Vereinigungen seien für Medikamente bereits wieder Ausgabenzuwächse um bis zu sechs Prozent gegenüber dem Vorjahresmonat zu verzeichnen. Für eine "Entwarnung" gebe es keinen Anlass - vielmehr wiederhole sich das Schicksal des Beitragssatzsicherungsgesetzes, so die Spitzenverbände. Die vielfältigen gesetzlichen Sparmaßnahmen des GMG im Arzneimittelsektor - von höheren Zuzahlungen über Herstellerrabatte bis zu neuen Verkaufspreisen - führten nicht zu den beabsichtigten Entlastungen.

Die Einschätzung der ABDA, die Ausgaben könnten im Jahresmittel um 15 Prozent sinken, wiesen die Krankenkassen als "optimistische und völlig unrealistische Prognose" zurück. Verantwortlich für die Ausgabenentwicklung sind nach Auffassung der Spitzenverbände die Ärzte: Sie konterkarierten die Entlastungen mit ihrer Verschreibungsweise. Die Arzneimittelpreise seien nach dem GKV-Arzneimittelindex bis März 2004 mit minus 1,2 Prozent tatsächlich rückläufig. Ebenso sei bei nicht-verschreibungspflichtigen Arzneimitteln ein Verordnungs- und Umsatzrückgang um bis zu 60 Prozent auszumachen. Doch die Ärzte, so der Kassenvorwurf, verschreiben wiederum zu viele und zu teure Medikamente ohne Zusatznutzen. Die Krankenkassen forderten die Ärzteschaft daher auf "endlich wirtschaftlich zu verordnen".

BMGS: Ausgabenrückgang ist positives Ergebnis der Reform

Das BMGS sieht die Situation allerdings weniger dramatisch. Es stellte klar, dass die GKV-Ausgaben für Medikamente nach vorläufigen Zahlen im 1. Quartal 2004 um über 900 Mio. Euro gesunken sind. Dies sei der höchste Rückgang, der jemals in einem Quartal erfolgt ist. Da noch keine abschließenden Daten über die einzelnen Komponenten der Ausgabenentwicklung vorlägen, sei alles andere "ungesicherte Spekulation".

Das Ministerium betonte, die Politik habe ihren Teil zur Ausgabenreduzierung geleistet - "jetzt sind die Ärzte und Ärztinnen gefordert". Man erwarte von allen Beteiligten ein wesentlich stärkeres Engagement, um die Einsparpotenziale zu erschließen. Dabei, so das BMGS, sollen in Zukunft auch die Nutzenbewertungen von Arzneimitteln durch das neue Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen helfen.

KBV weist "pauschale Schelte" zurück

Die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) wies die Kassenkritik umgehend zurück. KBV-Vize Leonhard Hansen erklärte die neuen März-Zahlen damit, dass die Arzneimittelvorräte der Patienten aus dem vergangenen Jahr aufgebraucht seien: "Es ist kein Wunder, dass die Arzneimittelausgaben nach den Einbrüchen Anfang des Jahres wieder steigen". Hansen wies auch darauf hin, dass für rezeptfreie Medikamente im 1. Quartal 2004 noch eine Übergangsregelung galt. Die Krankenkassen zahlten hier noch für Arzneimittel, die nun nicht mehr übernommen werden.

Die KBV kritisierte zudem den von den Spitzenverbänden zitierten GKV-Arzneimittelindex. Für diesen werde eine "Warenkorb-Betrachtung" angewendet: Der Vergleich gehe nur von Arzneimitteln aus, die auch schon im vergangenen Jahr auf dem Markt waren. Neueinführungen von kostspieligen Innovationen blieben außen vor. Zudem habe die Anpassung der Festbetragsgruppen nicht in der vom Gesetzgeber ursprünglich vorgesehenen Höhe stattgefunden.

Der Bundesverband der Pharmazeutischen Industrie (BPI) betonte angesichts des Ausgabenrückgangs, dass dieser von den Versicherten und der Pharmaindustrie bezahlt werde. Mit dem 16-prozentigen Herstellerabschlag trage die Industrie die Hauptlast, so BPI-Hauptgeschäftsführer Henning Fahrenkamp.

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