Arzneistoffporträt

H.-P. Kruse und U. HinkelCalcium und Vitamin D &ndas

Calcium und Vitamin D haben im Organismus wichtige, vielfältige Funktionen. Dabei besteht ein enges Zusammenspiel beider Substanzen in dem Sinne, dass der Calciumstoffwechsel durch Vitamin D bzw. das D-Hormon reguliert wird. Mangelzustände sind häufig, insbesondere latente Vitamin-D-Mangelzustände wurden in früheren Zeiten in Häufigkeit und Ausmaß unterschätzt. Die Auswirkungen von Calcium- und Vitamin-D-Mangel betreffen in erster Linie das Skelettsystem, im Erwachsenenalter wird vermehrt der Knochenabbau gefördert und damit einer Osteoporoseentwicklung mit der Folge einer erhöhten Frakturanfälligkeit Vorschub geleistet [1].

 

Physiologische Bedeutung von Calcium

Der Körper des Erwachsenen enthält etwa 1000 bis 1200 g Calcium. Der weitaus überwiegende Teil dieser Menge ist im Skelettsystem und in den Zähnen zu finden. Die Plasmakonzentration an Calcium beträgt 2,2 bis 2,6 mmol/l [2], die intrazelluläre Konzentration dagegen nur 0,1 bis 1,0 µmol/l. Das im Plasma vorkommende Calcium steht sowohl mit dem intrazellulären Calcium im Austausch als auch mit dem Calcium des Knochens (ca. 500 mg/Tag). Aus dem extrazellulären Flüssigkeitspool wird täglich Calcium über den Darm, über die Niere und in geringen Mengen über die Haut (beim Schwitzen vermehrt) ausgeschieden (Abb. 1) [3].

Die Calciumbilanz, die Differenz zwischen der Calciumaufnahme und der Summe aller Calciumverluste, ist im Allgemeinen positiv während der Wachstumsphase, im Wesentlichen ausgeglichen beim Erwachsenen und wird negativ mit fortschreitendem Alter. Eine negative Calciumbilanz führt zwangsläufig zum Verlust an Knochenmasse. Eine negative Calciumbilanz kann auf eine erhöhte Knochenresorption, eine Calciumunterversorgung und, besonders bei älteren Menschen, auf eine verschlechterte Calciumresorption aus dem Darm zurückzuführen sein [4]. Calcium hat im Körper eine Vielzahl wichtiger intrazellulärer und extrazellulärer Funktionen (Tab. 1).

Das Skelett als Calciumreservoir

Calcium ist im Körper hauptsächlich in komplexer Form gebunden, vor allem als Phosphat (Hydroxylapatit) im Knochen [8]. Hier sorgt Calcium für Strukturstärke, die dem Skelettsystem die Fähigkeit gibt, das Körpergewicht zu tragen und die Muskeln zu verankern. Das Calcium im Knochen ist ein Reservoir, das die extrazellulären Calciumkonzentrationen aufrechterhält, unabhängig von der aktuellen Calciumzufuhr und dem aus dem Darm resorbierten Anteil [4]. Dieses Reservoir wirkt einem absinkenden Calciumspiegel im Blut entgegen [9] und macht den Körper für eine gewisse Zeit unabhängig von der exogenen Calciumzufuhr. Gleichzeitig spielt dieses Reservoir aber auch eine kritische Rolle, da die Auswirkungen einer chronischen Unterversorgung mit Calcium relativ lange unauffällig bleiben, bis sie sich dann in Frakturen äußern können [4].

Knochengewebe erfährt kontinuierlich einen Umbau (Remodeling) im Sinne einer kontinuierlichen Materialerneuerung, d. h. Osteoklasten resorbieren Knochengewebe und Osteoblasten ersetzen das resorbierte Knochengewebe [4]. Radioisotopen-Studien zeigen, dass bis zu 18% des im Skelettsystem enthaltenen Calciums pro Jahr abgebaut, entfernt und durch neue Knochenbildung ersetzt wird. Der Knochen ist also ein sehr aktiv metabolisierendes Gewebe [2], ein äußerst lebendiges Organ.

Im Allgemeinen sind die Prozesse des Knochenabbaus und des Knochenaufbaus im Gleichgewicht. Das Remodeling beseitigt Mikroschädigungen und befähigt den Knochen, auf mechanischen Stress zu reagieren. Nicht zuletzt hat das Remodeling den Sinn, die Calcium-Homöostase in der extrazellulären Flüssigkeit aufrechtzuerhalten. Im Knochen des Erwachsenen können Ungleichgewichte im Remodeling auftreten; abhängig vom Alter, der biomechanischen Beanspruchung, dem Hormonstatus und der Calciumzufuhr wird abgebauter Knochen oft nur unvollständig ersetzt [4].

Der Calciumstoffwechsel wird von den Hormonen Vitamin D (Calcitriol), Parathormon (PTH) und Calcitonin reguliert (Tab. 2). Im Darm fördert Calcitriol die Resorption von Calcium. Parathormon wirkt hier synergistisch zu Calcitriol, es fördert ebenfalls die Calciumresorption und erhöht den Calcium-Blutspiegel. Am Knochen fördert Calcitriol konzentrationsabhängig sowohl die Mobilisation von Calcium als auch den Einbau von Calcium und Phosphat (Mineralisation), während Parathormon antagonistisch zu Calcitriol wirkt und die Calcium-Mobilisation fördert. Calcitonin bremst dagegen einen erhöhten Knochenabbau. In der Niere erhöhen Calcitriol und Parathormon die Rückresorption von Calcium.

Calciumbedarf

Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) hat Empfehlungen für die tägliche Calciumzufuhr veröffentlicht (Tab. 3). Tagesdosen von z. B. 1000 mg bedeuten nicht, dass eine zugeführte Menge von 1000 mg Calcium voll resorbiert wird. Der Anteil des aus dem Darm resorbierten Calciums liegt beim Erwachsenen in der Regel unter 50%, im Mittel zwischen 20 und 40%, mit einer Schwankungsbreite von 10 bis 60%. Mit zunehmendem Alter nimmt die Resorptionsrate ab [6]. Jugendliche und jüngere Erwachsene haben einen höheren Calciumbedarf, der zum Erreichen einer optimalen maximalen Knochenmasse (Peak bone mass) um das 30. Lebensjahr beiträgt. Eine optimale Knochendichte in diesem Lebensabschnitt stellt eine gute Prävention einer Osteoporose im Alter dar.

Calciumresorption aus dem Darm

Die Calciumabsorption im Intestinum wird durch verschiedene Faktoren, wie z. B. Alter, Zusammensetzung der Nahrung, Versorgung mit Vitamin D, bestimmt. Die Calciumresorption verschlechtert sich etwa ab dem 55. Lebensjahr [10]. Empfehlungen gehen für die Altersgruppe der über 50-Jährigen von Calciumzufuhren von 1000 mg aus [10]. Tägliche Calcium-einnahmen von 1000 bis 2000 mg verringern den Knochenabbau und damit das Risiko einer Osteoporose. Die Risikominderung durch diese Dosen ist von der FDA (Food and Drug Administration, USA) anerkannt [11]. Die beste Quelle für Calcium sind Milch und Milchprodukte [2], aber auch calciumreiche Mineralwässer. Viele Gemüse sind zwar reich an Calcium, aber das Calcium ist wegen des Gehalts an Oxalsäure, Phytinsäure und Ballaststoffen teilweise nur schlecht verfügbar [4, 12].

In der Schwangerschaft erhöht sich die Calciumresorption aus dem Darm [4]. Zur Versorgung des Fetus mit Calcium ist eine erhöhte Calciumzufuhr der Mutter erforderlich [2]. Die Form des Salzes, in dem das Calcium eingenommen wird, spielt nur eine untergeordnete Rolle, da das Kation im Intestinaltrakt den Bezug zum Anion verliert, um resorbiert werden zu können [13]. Das bei weitem häufigste Calciumsalz in Supplementen ist Calciumcarbonat. Die Substanz enthält relativ viel Calcium (40%) im Vergleich zu anderen Calciumsalzen, wie z. B. Calciumcitrat (21%). Zwar ist Calciumcarbonat bei neutralem pH-Wert schwer löslich, es löst sich jedoch gut im sauren Milieu [14].

Präparate, die Calciumcarbonat enthalten, wie frubiase® Calcium plus, eine Brausetablette, die im Wasser einen pH-Wert von 3,5 bis 4,0 einstellt, sind leicht löslich. Das Calcium liegt in diesem Fall ionisiert vor und ist entsprechend gut resorbierbar. Der Vorteil einer Brausetablette liegt vor allem für ältere Personen darin, dass gleichzeitig Flüssigkeit aufgenommen wird.

Physiologische Bedeutung von Vitamin D

Vitamin D hat wichtige regulatorische Funktionen in nahezu allen Organsystemen. Der klassische Effekt von Vitamin D, d. h. seinem aktivem Metaboliten Calcitriol, ist sein Einfluss auf die Calcium-Homöostase (siehe oben: "Das Skelett als Calciumreservoir") und den Knochen [16]. Calcitriol induziert in der Dünndarmschleimhaut die Bildung des Calcium-bindenden Proteins Calbindin-D, welches Calcium mit hoher Affinität bindet [16]. Calbindin-D ist notwendig zur Aufrechterhaltung der Haupttransport-Phase des intestinalen Calciumtransports. Die Konzentration des intestinalen Calbindin-D ist exakt proportional der Konzentration des dort lokalisierten Calcitriols. Die Konzentration von Calbindin-D im Darm und die Effizienz der Calciumresorption sind zueinander direkt proportional [17].

Calcitriol initiiert nicht nur die Gentranskription von Calbindin-D. Am Knochen bewirkt es die Differenzierung von Makrophagen zu Osteoklasten (Knochenabbau) und veranlasst Osteoblasten zur Synthese einer Osteocalcin-Vorläufersubstanz (Mineralisation) [18]. In der Niere fördert Calcitriol die Calciumreabsorption [17]. Die Verteilung des Vitamin-D-Rezeptors (VDR) im Körper ist offenbar ubiquitär [16]. Calcitriol hat Einfluss auf die Sekretion verschiedener Hormone (Insulin, Parathormon, Schilddrüsenhormone). Die Versorgung des Körpers mit Vitamin D kann auf endogenem und exogenem Wege erfolgen.

Die endogene Vitamin-D-Synthese

Vitamin D3 (Colecalciferol) wird in der Haut in einer UV-Strahlung-abhängigen Reaktion aus dem Provitamin 7-Dehydrocholesterol synthetisiert. Es ist biologisch nur schwach wirksam und wird in Leber und Niere in zwei sequenziellen Hydroxylierungsschritten in die biologisch aktiven Formen Calcidiol und Calcitriol umgewandelt (Abb. 2).

Exogene Vitamin-D-Versorgung des Körpers

Vitamin D kann auch mit der Nahrung aufgenommen werden (Tab. 4), die Durchschnittskost stellt jedoch eine sehr ungenügende Vitamin-D-Quelle dar [18, 19, 20]. Die in der Nahrung vorkommenden Mengen an Vitamin D sind gering, mit Ausnahme von Fischleberöl [19]. Die wichtigsten Vitamin-D-Lieferanten unter den gängigen Nahrungsmitteln sind Fisch, Milch, Eier und Margarine (Vitamin-D-Zusatz). Aufgrund des Cholesterol- und Fettgehaltes dieser Nahrungsmittel beschränkt sich eine Empfehlung auf einen verstärkten Konsum von Fisch. Vegetarier nehmen deutlich weniger Vitamin D zu sich als Nicht-Vegetarier [19].

Vitamin-D-Bedarf

Für ein gesundes Skelettsystem ist es wichtig, dass ausreichend Vitamin D zur Verfügung steht, um Calcium aus dem Darm zu resorbieren [21]. Bei entsprechender Sonnenexposition könnte der Bedarf an Vitamin D durch Eigensynthese voll gedeckt werden. Die UV-Strahlung in mitteleuropäischen und nördlichen Breiten ist, besonders in Wintermonaten, jedoch zu gering [19].

Der Bedarf an Vitamin D ist u. a. erhöht bei bestimmten gastrointestinalen und nephrologischen Erkrankungen sowie unter der Langzeiteinnahme bestimmter Medikamente (z. B. Antiepileptika, Antikonvulsiva, Glucocorticoide) [19, 22]. Sehr niedrige, im Bereich kritischer Vitamin-D-Blutwerte, haben die DGE veranlasst, Empfehlungen zu regelmäßigen Vitamin-D-Zufuhren für Erwachsene zu geben [19]. Die DGE empfiehlt aktuell Zufuhren zwischen 5 bis 10 µg Vitamin D (Tab. 5). Es ist jedoch davon auszugehen, dass selbst die Aufnahme von 10 µg (400 I.E.) Vitamin D täglich nicht in allen Fällen einen optimalen Knochen- und Calciumstoffwechsel gewährleistet.

Symptomatik eines Vitamin-D-Mangels

Eine Unterversorgung mit Vitamin D bzw. eine nicht ausreichende endogene Vitamin-D-Synthese in der Haut führt bei länger dauernder Mangelsituation im Kindesalter zu Rachitis (Mineralisierungsstörung des Knochengewebes), beim Erwachsenen zur Osteomalazie (Knochenerweichung) [18]. Vitamin-D-Mangel bewirkt eine ungenügende Resorption von Calcium aus dem Darm und eine verminderte Reabsorption von Calcium in der Niere. Dadurch sinkt der Calcium-Blutspiegel ab, es resultiert ein Parathormon-Anstieg [19]. Noch vor dem Auftreten der o. g. Osteopathien führt ein Vitamin-D-Mangel zu einem kompensatorischen sekundären Hyperparathyreoidismus, der zum Knochenabbau und somit zur Osteoporoseentwicklung beiträgt [2].

Im Nervensystem äußert sich ein durch Vitamin-D-Mangel verursachter latenter Calciummangel in Spasmophilie und erhöhter Reizbarkeit, ein manifester Calciummangel in Tetanie mit Muskelspasmen ("Pfötchenstellung"), Laryngospasmus, generalisierten Krämpfen und entsprechenden EKG-Veränderungen [19]. Eine niedrige Vitamin-D-Konzentration im Blut verursacht darüber hinaus eine Muskelschwäche [24], die besonders bei älteren Personen zu Gangunsicherheit und Sturzneigung beitragen kann.

Knochenschwund und Osteoporose

Die Osteoporose ist definiert als eine generalisierte Knochenerkrankung, die durch eine verminderte Knochenmasse, eine gestörte Mikroarchitektur des Knochengewebes und ein konsekutiv erhöhtes Frakturrisiko charakterisiert wird. Nach dem Befund einer Knochendichtemessung, erhoben mittels DXA-Technik (nicht mit quantitativem Ultraschall), spricht man von einer Osteoporose, wenn die Knochendichte unter das 2,5fache der Standardabweichung des Mittelwertes eines normalen jugendlichen Kontrollkollektivs liegt [2, 5, 25]. Dies wird auch mit einem T-Score von < – 2,5 ausgedrückt. Risikopatienten für eine Osteoporose weisen einen T-Score < – 1,0 auf [2].

Folgen der Osteoporose treten vor allem bei älteren Patienten auf, da die kumulativen Effekte der langsam voranschreitenden Calciumverluste des Skelettsystems Zeit benötigen, um das Skelettsystem so zu schädigen, dass es für Frakturen anfällig wird [4]. Die Knochendichte im Alter wird von der größten erreichten Knochendichte im 3. Lebensjahrzehnt sowie von der Höhe des Knochenmasse-Verlustes in den folgenden Jahrzehnten bestimmt.

In der Regel verliert man in den Jahren nach dem 50. bis 55. Lebensjahr etwa 0,5% Knochenmasse pro Jahr, Frauen während der ersten 5 bis 10 Jahre nach dem Eintritt der Menopause jährlich sogar 2 bis 5% [9, 21]. Außer Zweifel steht, dass eine optimale Calciumzufuhr, vor allem in jüngeren Jahren, positiv mit der Knochenmasse korreliert. Andererseits korreliert der Verlust an Knochenmasse im Alter mit einer niedrigen Calciumzufuhr, Vitamin-D-Mangel und niedrigem Androgen- bzw. Östrogen-Status [4].

Es wird zwischen primären und sekundären Formen der Osteoporose unterschieden. Beispiele für primäre Formen sind die postmenopausale Osteoporose, deren Ursachen u. a. der Östrogenmangel und eine Calciumunterversorgung sind, sowie die senile Osteoporose ab dem 70. Lebensjahr, deren Ursachen u. a. eine Calciumunterversorgung und die verminderte Vitamin-D-Synthese sind. Die sekundären Formen wie z. B. die Inaktivitätsosteoporose, die Calciummangelosteoporose (bei renalen und intestinalen Erkrankungen) oder die medikamentöse Osteoporose (Glucocorticoide, Schilddrüsenhormone, Immunsuppressiva, Antiepileptika u. a.) basieren auf Störungen des Calcium- und Knochenstoffwechsels. Ein hoher Konsum an Genussmitteln (Kaffee, Alkohol, Rauchen) erhöht ebenfalls das Risiko für eine Osteoporose [2, 5, 12]. Die Osteoporose ist also eine multifaktorielle Krankheit [26]. Obwohl vorrangig Frauen betroffen sind, betrifft jeder 5. Fall von Osteoporose einen Mann [21].

Folge der Osteoporose ist eine erhöhte Frakturgefährdung, besonders von Wirbelkörpern, Radius und Oberschenkelhals [5]. Die Wahrscheinlichkeit für eine 50-jährige Person, während ihrer verbleibenden Lebenszeit eine Hüftfraktur zu erleiden, beträgt rund 14% für Frauen und 5% für Männer [2]. Eine Hüftfraktur ist mit einem hohen Risiko für eine tiefe Venenthrombose und Lungenembolie behaftet [2], ganz abgesehen von der erhöhten Morbidität sowie der häufigen konsekutiven Pflegebedürftigkeit der Patienten.

Die finanziellen Belastungen des Gesundheitswesens sind beträchtlich. Die Zahl der auf Osteoporose zurückgehenden Frakturen steigt in den Industrieländern weiter an. Für Europa wird eine 50-prozentige Zunahme an Osteoporose-bedingten Frakturen bis zum Jahr 2025 erwartet [25].

Prävention und Therapie der Osteoporose

Aufgrund der schwerwiegenden klinischen Folgen von Osteoporose-assoziierten Frakturen und der hohen Folgekosten liegt der Gesundheitsaspekt vorrangig auf der Prävention. Die Knochenmasse, die in den ersten Lebensjahrzehnten aufgebaut wird, ist eine wichtige Determinante für ein lebenslanges gesundes Knochensystem. Wie auch von den "National Institutes of Health" (NIH, USA) festgestellt wurde, sind zentrale Elemente in der Osteoporose-Prävention die Supplementierung von Calcium in Verbindung mit Vitamin D [27]. Zusätzlich kommt einer adäquaten körperlichen Aktivität eine wichtige Rolle zu [4].

Calcium und Vitamin D sind nicht nur präventiv von großer Bedeutung, sie stellen auch die Basis für eine Osteoporose-Therapie dar. Es ist heute Standard, eine ausreichend hohe Calcium- und Vitamin-D-Zufuhr bei Osteoporose-Patienten sicherzustellen, unabhängig davon, ob sie eine zusätzliche pharmakologische Therapie erhalten oder nicht [2].

Mehrere kontrollierte klinische Studien mit kombinierten Calcium- (500 – 1200 mg/Tag) und Vitamin-D- (bis zu 20 µg/Tag)-Supplementierungen haben bei entsprechenden Risikogruppen eine Reduktion von Frakturen gezeigt [28, 29]. Bei nachgewiesener behandlungsbedürftiger Osteoporose stellen Calcium und Vitamin D allein keine ausreichende Therapie dar.

Supplementierung von Calcium und Vitamin D

Der Nutzen einer kombinierten Supplementierung von Calcium und Vitamin D ist nach Alters- und Bevölkerungsgruppen zu differenzieren.

Jugendliche und jüngere Erwachsene

Jugendliche und jüngere Erwachsene haben einen höheren Calciumbedarf, um eine optimale maximale Knochendichte vor dem 30. Lebensjahr (Frauen) bzw. 35. Lebensjahr (Männer) zu erreichen. Dies ist eine gute Prävention einer Osteoporose im Alter. Calcium ist ein "Schwellenwert-Nährstoff": Unterhalb einer Aufnahme von 700 bis 800 mg/Tag wird die Erhaltung der Knochenmasse kritisch, der Knochenumbau mit einem Ungleichgewicht in Richtung Knochenabbau wird begünstigt [30].

Postmenopausale Frauen und Männer über 50 Jahren

Mit zunehmendem Alter wird weniger Calcium aus dem Darm resorbiert. Vermutlich wird Calcium deshalb schlechter resorbiert, weil im Alter weniger Calcitriol zur Verfügung steht (geringere alimentäre Zufuhr, weniger Sonnenexposition, abnehmende Nierenleistung zur Calcitriol-Synthese aus Calcidiol). Zusätzlich nimmt im Alter die Zahl der Vitamin-D-Rezeptoren (VDR) in der Darmmukosa ab, es wird weniger Vitamin D gebunden und weniger Calcium resorbiert [31].

Ab dem 50. bis 55. Lebensjahr sollten Erwachsene täglich mindestens 1000 mg Calcium aufnehmen, da das Resorptionsvermögen geringer wird [10]. 51- bis 65-Jährige nehmen jedoch im Durchschnitt nur 89 bis 94% [32] der von der DGE empfohlenen Tagesdosis von 1000 mg auf. Bei über 65-Jährigen sinkt dieser Anteil bis auf 81% ab [32]. Eine Calciumsupplementierung mit ca. 800 bis 1000 mg Calcium/Tag in Kombination mit Vitamin D ist daher sinnvoll, wenn die Nahrungsgewohnheiten und Lebensumstände keine Änderung zulassen.

Die Synthesekapazität der Haut für die Transformation des Provitamins 7-Dehydrocholesterol zum Vitamin D3 (Colecalciferol) nimmt mit zunehmendem Alter ab: Sie kann bei 70- und 80-Jährigen um das 2- bis 5fache geringer als bei 20-Jährigen sein [2, 23, 33]. Nur direktes Sonnenlicht bewirkt eine Vitamin-D-Synthese in der Haut. Sonnenstrahlen, die Glas durchlaufen haben, sind dazu nicht mehr [33] bzw. kaum mehr [23] imstande. Sonnencremes mit Lichtschutzfaktoren > 8 vermindern oder blockieren ebenfalls die Transformation des Provitamins D zum Vitamin D [23, 33]. Deshalb sollten Personen über 50 Jahre nicht, bevor sie ins Freie gehen, Sonnencreme aufbringen, sondern erst nach 10 bis 15 Minuten der Sonnenexposition. Während der Wintermonate wird empfohlen, mit 10 µg (400 I.E.) Vitamin D/Tag zu supplementieren, über 70-Jährige auch ganzjährig mit 10 µg (400 I.E.)/Tag [33].

Die Bedeutung eines ausreichenden Vitamin-D-Spiegels für eine ausreichend hohe Calciumresorption kann nicht hoch genug eingeschätzt werden. Ohne ausreichend Vitamin D sinkt die Calcium-Konzentration im Blut ab und löst somit eine vermehrte Parathormon(PTH)-Sekretion aus. Es tritt ein PTH-induzierter verstärkter Knochenabbau ein. Zusätzlich kommt es durch den erhöhten Knochenumbau und eine Untermineralisation des Knochengewebes zu einer Abnahme der Knochenfestigkeit [34].

Basistherapie der Osteoporose

Zur Basistherapie der Osteoporose gehört eine Supplementierung mit Calcium und Vitamin D [23]. Unter den genannten Dosen ist im Normalfall nicht mit dem Auftreten einer Hyperkalzämie oder einer signifikant erhöhten Calciumausscheidung im Urin zu rechnen. Demgegenüber bedarf die Anwendung von Calcitriol regelmäßiger Laborkontrollen.

Sportler

Die typischen Muskelkrämpfe des Sportlers nach längerer Belastung werden neben einem Magnesiummangel mit einem vermehrten Calciumverlust über den Schweiß in Verbindung gebracht. Calciummangel bewirkt die verstärkte Erregbarkeit des Muskels mit Krampfzuständen. Sportler sollten neben einer calciumreichen Ernährung Calciumsupplemente zu sich nehmen [35]. Durch Vitamin D bzw. Calcitriol wird der Calciumstoffwechsel im Muskel positiv beeinflusst. Bei Vitamin-D-Mangel können sich myopathische Beschwerden einstellen [23].

Schwellenwerte für die Supplementierung

 

Calcium

Im Allgemeinen werden Calciumpräparate mit 1 bis 2 g Calcium Tagesdosis gut vertragen. Die unter Calciumsupplementierung auftretenden unerwünschten Wirkungen sind minimal, eventuell können Verstopfung und Blähung auftreten, selten auch Durchfälle. Allerdings sollte bei Personen, bei denen Nierensteine festgestellt worden sind, vor der Calciumsupplementierung eine Calciumbestimmung im 24-h-Urin vorgenommen werden.

Vitamin D

Die Gefahr einer Intoxikation mit Vitamin D durch exzessive UV-Exposition der Haut besteht nicht. Die als noch sicher geltende Tagesdosis "tolerable upper intake-Werte" der DRI (Dietary Reference Intakes USA und Canada) wurde mit 50 µg (2000 I.E.) festgelegt [14, 22]. Tagesdosen von mehr als 50 µg über einen langen Zeitraum können im Hinblick auf die Nierenfunktion problematisch sein [33]. Bei exzessiver Zufuhr von Vitamin D können pathologisch hohe Calciummengen aus dem Darm resorbiert werden, es fällt Calcium in den Weichteilgeweben aus, Verkalkungsherde mit Funktionsverlust des Organs (z. B. Niere) können dann folgen [25]. Bei Zufuhr von 50 000 I.E. (1250 µg) Vitamin D/Tag wurden neben Hyperkalzämie, Hyperkalziurie und reduzierter Nierenfunktion auch Kopfschmerzen, Erbrechen, Schwindel und Muskelschwäche beobachtet [2, 19]. Sollten in der Therapie hohe Dosen eingesetzt werden, muss eine regelmäßige Kontrolle von Serum-Calcium sowie eine Kontrolle der renalen Calcium-ausscheidung erfolgen [36].

Fazit

Zwischen dem 35. und 40. Lebensjahr beginnt der altersbedingte Knochenabbau, das Gleichgewicht der Prozesse des {te}Knochenaufbaus und des Knochenabbaus verschiebt sich zuungunsten des Knochenaufbaus. Bis zum 70. Lebensjahr verliert man etwa ein Drittel der Knochenmasse. Nimmt die Knochenmasse übermäßig ab, entwickelt sich eine Osteoporose mit den Folgen einer stark erhöhten Knochenbrüchigkeit. Durch eine ausreichende Calcium- und Vitamin-D-Versorgung kann dem Osteoporoserisiko durchaus aktiv und mit Erfolg entgegengewirkt werden.

Das Wichtigste in Kürze

 

  • Calcium hat im Körper eine Vielzahl wichtiger intrazellulärer und extrazellulärer Funktionen.
  • Vitamin D verbessert die Calciumresorption aus dem Darm und fördert die Mineralisierung des Knochens.
  • Ist der Organismus nur ungenügend mit Vitamin D und Calcium versorgt, kommt es zu einer Verminderung der Knochendichte.
  • Die Knochendichte, die bis zur Mitte des 3. Lebensjahrzehntes erreicht wird, ist wichtig für ein lebenslang gesundes Knochensystem.
  • Zur Prävention und Therapie der Osteoporose ist es heute Standard, Calcium gemeinsam mit Vitamin D zu supplementieren.

Merksätze

Das aufgenommene Calcium kann nur optimal resorbiert werden, wenn der Organismus ausreichend mit Vitamin D versorgt ist [3]. Vitamin D kann die intestinale Calcium-Resorption um 17% steigern [15].

Vitamin D ist ebenso wie Calcium für ein gesundes Skelettsystem wichtig. In unseren geographischen Breiten können wir mit unseren Ernährungsgewohnheiten, insbesondere im Alter und im Winter, eine optimale Vitamin-Zufuhr oft nicht erreichen [23].

Calcium- und Vitamin-D-Mangelzustände spielen bei den meisten Osteoporoseformen pathophysiologisch eine direkte oder indirekte Rolle.

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Der Calciumstoffwechsel wird durch Vitamin D reguliert. Bei Calcium- und Vitamin-D-Mangel wird der Abbau der Knochen gefördert, was leicht zur Osteoporose führen kann. Eine ausreichende Versorgung mit diesen Substanzen ist daher wichtig für die Erhaltung der Gesundheit. Gegebenenfalls müssen sie supplementiert werden. 

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