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AOK-Tag: Mehr Wettbewerb ins Solidarsystem

BERLIN (ks). "Wettbewerb als Chance für das Solidarsystem" lautete das Motto des diesjährigen AOK-Tages. Die Schlüsselworte Wettbewerb und Solidarität scheinen sich zunächst zu widersprechen Ų doch eine festere Verbindung der beiden Prinzipien ist nach Auffassung der AOK für Reformen im Gesundheitswesen unerlässlich. Nur durch eine solche Weiterentwicklung könne die Effizienz und Effektivität erhöht und Innovationen beschleunigt werden, erklärte der Verwaltungsratsvorsitzende des AOK-Bundesverbandes Peter Kirch am 10. Juni in Berlin.

Kirch zeigte die Positionen der AOK zu Gesundheitsreformen auf: Gefordert wird mehr Qualitätswettbewerb unter Wahrung der Sozialstaatlichkeit. Menge und Struktur der medizinischen Leistungen orientieren sich Kirch zufolge zu stark an den ökonomischen Interessen der Leistungserbringer – mehr Wettbewerb sei daher dringend nötig.

Qualität und Wirtschaftlichkeit der Versorgung könne durch monopolistische Strukturen, wie sie etwa die Kassenärztlichen Vereinigungen aufweisen, nicht erreicht werden. Der Wettbewerb dürfe allerdings nicht durch falsch gesetzte Parameter zur Entsolidarisierung beitragen, so Kirch. Wichtig sei, dass staatliche Rahmenbedingungen gesetzt würden, aber individuelle Gestaltungsmöglichkeiten bestehen blieben. Die gesetzlichen Krankenkassen bräuchten zudem mehr Regelungskompetenzen für Information, Aufklärung und Beratung, damit sie als Sachwalter von Patienten, Versicherten und Beitragszahlern deren Interessen besser wahrnehmen könnten.

Risikostrukturausgleich unverzichtbar

Wichtiger Bestandteil des Wettbewerbs sei auch ein funktionierender Risikostrukturausgleich (RSA): "Er ist das wesentliche Instrument, die finanziellen Anreize zur Selektion günstiger und zur Diskriminierung ungünstiger Versicherungsrisiken zu neutralisieren", erklärte Kirch. Mit seiner jetzt gesetzlich programmierten Weiterentwicklung bis 2007 – durch Einbeziehung der Chroniker-Programme und des Morbiditätsfaktors – werde der RSA dafür sorgen, "dass genau die Kassen und Leistungserbringer erfolgreich sein können, die messbar gute Qualität zu angemessenen Preisen bieten".

Kirch stellte auch klar, dass die AOK einen vollwertigen Versicherungsschutz für alle Versicherten beibehalten will. Medizinisch notwendige Leistungen dürften keinesfalls aus dem Leistungskatalog gestrichen werden. Zudem sprach er sich erneut dafür aus, versicherungsfremde Leistungen aus Steuergeldern zu finanzieren.

Pro Arzneimittelversand, Positivliste, höhere Kassenrabatte

Fragen der Arzneimittelversorgung wurden auf der Veranstaltung nicht öffentlich erörtert. Doch die Vorschläge der AOK lassen sich in ihrem Positionspapier nachlesen: Erneut spricht man sich ausdrücklich für die Einführung des Arzneimittelversandhandels aus. Weiterhin will die AOK den Zuständigkeitsbereich von Krankenhausapotheken erweitert sehen: Wer ambulant in einer Klinik behandelt werde, solle auch von dort seine Medikamente mitnehmen dürfen. Denkbar sei zudem eine Erstversorgung von Patienten, die aus der stationären Behandlung entlassen werden.

Auch die Apothekenpflicht für Impfstoffe ist der AOK ein Dorn im Auge. Sie plädiert dafür, dass Ärzte die Impfstoffe zu Großhandelspreisen beziehen und direkt abgeben können. In diese Richtung gehen auch die vorgesehenen Änderungen des Apothekengesetz, das sich derzeit im Vermittlungsausschuss des Bundesrats befindet.

Ein weiterer Vorschlag der AOK lautet, den Kassenrabatt weiter anzuheben. Die Rabattsätze sollten dabei entsprechend dem Apothekenumsatz abgestaffelt werden. Zudem fordert die AOK die Absenkung des Mehrwertsteuersatzes auf Arzneimittel. Festbeträge, neue Instrumente zur Mengensteuerung und die Positivliste sind weitere Anliegen der "Gesundheitskasse" – gerade nach Aufhebung der Arzneimittelbudgets seien alternative Steuerungsinstrumente unerlässlich.

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