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AOK plant Einstieg in den Vertragswettbewerb

BERLIN (ks). Der Bundeskanzler und die Bundesgesundheitsministerin haben es in den letzten Wochen häufiger betont: Das Monopol der Kassenärztlichen Vereinigungen (KVen) zur Sicherstellung der ambulanten ärztlichen Versorgung ist nicht mehr zeitgemäß. Künftig sollen die gesetzlichen Krankenkassen neben den Kollektivverträgen mit den KVen auch Einzelverträge mit Leistungserbringern abschließen dürfen. Die AOK rüstet sich bereits für dieses Projekt. Grundlage für die Aktivitäten ist ein für den AOK-Bundesverband erstelltes Gutachten, das am 18. März in Berlin vorgestellt wurde.

Das Gutachten wurde von einem fünfköpfigen Team von Medizinern, Juristen und Gesundheitsökonomen erstellt. Mit von der Partie ist auch Prof. Dr. Jürgen Wasem von der Ernst-Moritz-Arndt-Universität in Greifswald. Wasem machte deutlich, dass ein Vertragswettbewerb nicht von heute auf morgen eingeführt werden könne. Dies berücksichtige auch das zweiteilig aufgebaute Gutachten. Dort werden zunächst die zwingenden Voraussetzungen für den Vertragswettbewerb dargelegt: die Durchführung eines morbiditätsorientierten Risikostrukturausgleichs, die Überwindung der sektoralen Budgets und die konsequente Anwendung des Wettbewerbsrechts für beide Vertragsseiten. Sodann erläutert das Gutachten mögliche erste Schritte. Hier biete sich eine Reform der gesetzlich zwar schon vorgesehenen, aber in der Versorgungswirklichkeit noch nicht bestehenden, integrierten Versorgung an. Durch die sektorübergreifende Wahrnehmung von Versorgungsverantwortung könnten Wirtschaftlichkeits- und Qualitätsreserven mobilisiert werden.

Ein Punkt im Gutachten sollte Apotheker besonders interessieren: Hiernach gehöre es zum Konzept der integrierten Versorgung, dass die juristischen Personen, die die Versorgung anbieten, Versicherte ohne Einschaltung eines selbstständigen Apothekers mit Arzneimitteln versorgen können. Daher fordern die Wissenschaftler Änderungen im Apothekenrecht, die den unmittelbaren Bezug bei Herstellern und Großhändlern sowie die Herstellung und Abgabe von Arzneimitteln an Versicherte regeln.

Auf diese Details ging der Vorstandsvorsitzende des AOK-Bundesverbands Hans Jürgen Ahrens allerdings nicht ein, als er die ersten beabsichtigten Schritte der Ortskrankenkassen erläuterte: Im ambulanten wie stationären Bereich soll begonnen werden, dabei sei das Ziel der "integrierten Versorgung als Regelversorgung" zu verfolgen. Die Ablösung des alleinigen KV-Sicherstellungsauftrags solle in "kontrollierten Schritten" erfolgen. Damit sich der Wettbewerb tatsächlich nach Qualität und Wirtschaftlichkeit ausrichte, müssten die Kassen unter anderem spezielle fachärztliche Leistungen mit Leistungserbringern selektiv und unter Bereinigung der Gesamtvergütung bzw. der Krankenhausbudgets abschließen können. Dafür übernehmen die Kassen sodann den Sicherstellungsauftrag. Die Krankenkassen sollten zudem auf Landesebene das Recht erhalten, mit zusätzlichen Leistungserbringern (Krankenhäuser, Ärztenetze, Gesundheitszentren) Verträge abzuschließen, wenn der Sicherstellungsauftrag durch zugelassene Leistungserbringer nicht mehr hundertprozentig sichergestellt sei.

Um bei Ärzten, Kliniken, Versicherten und Krankenkassen das Interesse an integrierten Versorgungsmodellen zu wecken, müssten Anreize gesetzt werden, erklärte Ahrens weiter. So etwa Boni für Versicherte und bessere Vergütungen für teilnehmende Ärzte. Insgesamt sieht der AOK-Bundesverband den bevorstehenden Änderungen optimistisch entgegen. Selbst wenn bis zur Erreichung der "Endvision", die integrierte Versorgung zur Regelversorgung werden zu lassen, noch einige Bedingungen zu erfüllen sind. Die Marktmacht der AOK, so Ahrens, wolle man dabei ausnutzen. Kleinere Kassen werden sich also ins Zeug legen müssen, um mithalten zu können.

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