Arzneimittel und Therapie

Raucherentwöhnung: Bupropion für herzkranke Raucher

Nachdem das Rauchen als einer der wesentlichen Risikofaktoren für die Arteriosklerose und damit auch für ihre Krankheitsfolgen Herzinfarkt, Schlaganfall und periphere arterielle Verschlusserkrankung identifiziert ist, spielt die Entwöhnung bei rauchenden Arteriosklerose-Patienten eine besonders große Rolle. Die Zwischenergebnisse einer aktuellen Studie deuten darauf hin, dass Bupropion auch bei herzkranken Patienten wirksam, verträglich und nicht mit einem erhöhten Risiko verbunden ist, wie GlaxoSmithKline mitteilte.

Zur Therapie und zur Raucherentwöhnung stehen heute Alternativtherapien und unterstützende Maßnahmen sowie Nicotinersatzpräparate zur Verfügung. Diese ersetzen die Art und Weise der Aufnahme von Nicotin durch eine andere Applikationsart: Zigaretten werden durch nicotinhaltige Pflaster oder Kaugummis ersetzt.

Medikamentöse Raucherentwöhnung ohne Nicotin

Seit mehr als einem Jahr ist mit Zyban ein oral einzunehmendes Produkt zur Raucherentwöhnung in Deutschland auf dem Markt, das kein Nicotin enthält. Bupropion (Bupropionhydrochlorid, Amfebutamonhydrochlorid), das in den USA unter dem Namen Wellbutrin als Antidepressivum auf dem Markt ist, bewirkte bei Patienten, die rauchten, dass sie weniger Lust auf die Zigarette verspürten bzw. mit dem Rauchen leichter aufhören konnten. Dies führte zur Weiterentwicklung des Präparates und zum Einsatz als Raucherentwöhnungsmittel.

Wirkmechanismus noch ungeklärt

Der Wirkmechanismus von Bupropion bei der Raucherentwöhnung ist noch nicht geklärt. Bupropion als Catecholamin-Wiederaufnahme-Hemmer führt zu einer Erhöhung von Dopamin und Noradrenalin in bestimmten Hirnregionen wie dem Nucleus accumbens und Locus coeruleus, es kann vermutlich nicotinbedingte Entzugssymptome und Rauchdrang mildern.

Wahrscheinlich tritt der Wirkstoff Bupropion an die Stelle des Nicotins, das beim Rauchen für die Freisetzung von Dopamin und Noradrenalin sorgt. Ein Abfall der Dopamin- und Noradrenalin-Konzentrationen führt zum Suchtverhalten und den systemischen Entzugserscheinungen. Als selektiver Dopamin- und Noradrenalin-Wiederaufnahme-Hemmer könnte Bupropion über die Erhöhung der Dopamin- und Noradrenalin-Konzentrationen die Sucht- und Entzugssymptome reduzieren. Bupropion verringert somit bei Rauchern die Entzugserscheinungen von Nicotin und reduziert das Verlangen nach Zigaretten. Patienten unter Bupropion -Therapie nehmen weniger stark an Gewicht zu als unter einer Plazebo-Behandlung, was von den Aufhörwilligen sicher als positiver Nebeneffekt gewertet wird.

Studie bei herzkranken Rauchern

Die 6-Monatsergebnisse einer aktuellen Studie mit herzkranken Rauchern eröffnen Erfolg versprechende Chancen auf Nicotinfreiheit auch für diese kritische Patientengruppe. Ziel der randomisierten, doppelblinden, plazebokontrollierten Studie war es, Daten zur Sicherheit, Wirksamkeit und Verträglichkeit bei dieser durch Herz- und Gefäßschädigungen bereits belasteten Patientengruppe zu ermitteln. 626 Patienten aus zehn Ländern wurden sieben Wochen lang mit Plazebo oder Bupropion 300 mg/Tag nach dreitägiger Eindosierung behandelt. Einschlusskriterium war mindestens eine der folgenden wichtigen kardialen Raucher-Folgeerkrankungen:

  • Myokardinfarkt vor mindestens drei Monaten
  • Eingriff am Herz (z. B. Bypass oder Herzkatheter) vor mindestens 3 Monaten
  • Stabile Angina pectoris
  • Periphere Verschlusskrankheit (sog. Raucherbein)
  • Herzinsuffizienz (leicht bis mittelschwer)

Die Studienteilnehmer waren durchschnittlich 55 Jahre alt, und etwa die Hälfte hatte bereits einen Herzinfarkt erlitten. Etwa ein Drittel litt an peripherer Verschlusskrankheit. 96% der Patienten nahmen herzwirksame Medikamente, wie z. B. ASS, Lipidsenker, Betablocker und Vasodilatatoren.

Hohe Abstinenzrate bei guter Verträglichkeit

Bei dieser vorgeschädigten Patientengruppe zeigte sich eine sehr gute Wirksamkeit. Die kontinuierlichen Abstinenzraten waren über einen Zeitraum von 26 Wochen unter Bupropion durchgehend mehr als doppelt so hoch wie unter Plazebo. Bezüglich der Verträglichkeit von Bupropion traten keine Auffälligkeiten auf.

Die häufigsten Nebenwirkungen waren Schlafstörungen, Mundtrockenheit und Schwindel. Es traten keine Verschlechterungen der Herzerkrankungen, keine neuen Herzrhythmusstörungen, Herzinfarkte oder plötzliche Herztode auf. Obwohl die Patienten z. T. Antidepressiva oder systemische Steroide einnahmen, wurden keine Krampfanfälle beobachtet.

Raucher mit chronisch obstruktiver Bronchitis

Patienten mit chronisch obstruktiver Bronchitis (COPD) sind meist intensive und chronische Raucher, bei denen sich im Laufe der Jahre eine starke Nikotinabhängigkeit entwickelt hat. Rauchen ist für die Entstehung und Progression der COPD der Risikofaktor Nr. 1. Das Krankheitsbild von COPD ist gekennzeichnet durch chronische Bronchitis oder Emphysem. Beim Lungenemphysem vergrößern sich die Lungenbläschen und ihre Zahl verringert sich, dadurch wird die Sauerstoffdiffusion behindert und die Atmung wird ineffektiv. Die Folge ist Atemnot – schon bei geringen Belastungen. Im schlimmsten Fall kann diese Einschränkung der Lungenfunktion zum vorzeitigen Tod führen.

Die Ergebnisse einer Studie der Universität von Kalifornien zeigen, dass es auch für diese Patienten, die oftmals viele gescheiterte Entwöhnungsversuche hinter sich haben, eine Möglichkeit der Unterstützung bei der Entwöhnung gibt. In einer randomisierten, plazebokontrollierten Doppelblindstudie wurden 404 Patienten (35 Jahre oder älter) mit leichter bis mittelschwerer COPD zwölf Wochen lang mit Plazebo oder Bupropion (zweimal täglich 150 mg) behandelt.

Hohe Abstinenzrate unter Bupropion

Bei Patienten, die mit Bupropion behandelt wurden, traten signifikant weniger Entzugssymptome auf, das Verlangen nach Zigaretten und die Gewichtszunahme waren geringer. Bis zum Ende der Studiendauer nach 12 Wochen blieben 18% der mit Bupropion behandelten Patienten und nur 10% der Plazebogruppe abstinent. Die kontinuierlichen Abstinenzraten waren unter Bupropion in Woche 26 etwa doppelt so hoch wie unter Plazebo (16% vs. 9%). Obwohl die Patienten dieser Studie im Vergleich zu anderen Entwöhnungsstudien älter waren und häufig vergeblich versucht hatten, sich das Rauchen abzugewöhnen, waren die Erfolgsraten mit Bupropion etwa doppelt so hoch wie mit Plazebo.

Kombination Bupropion und Nicotinpflaster am erfolgreichsten

In einer vierarmigen, plazebokontrollierten, doppelblinden Studie zur Raucherentwöhnung in der Langzeitanwendung bei 893 Patienten wurde die Wirksamkeit von Bupropion als Monotherapie, in der Kombination mit einer Nicotinersatztherapie (Nicotinpflaster) und Nicotinpflaster als Monotherapie vs. Plazebo verglichen. Hier kam während einer 9-wöchigen Behandlungsdauer mit Bupropion eine Dosierung von initial 150 mg pro Tag in den ersten drei Behandlungstagen und 2 x 150 mg während der verbleibenden Behandlungszeit zur Anwendung.

49% der Teilnehmer, die mit Bupropion behandelt wurden, konnten nach der 9-wöchigen Behandlungsphase mit dem Rauchen aufhören, während es 36% der Teilnehmer waren, die ein Nicotinpflaster (21 mg/Tag Wirkstofffreisetzung) erhielten und nur 23% der Teilnehmer, die mit einem Plazebo behandelt wurden. Bei einer kombinierten Anwendung von Nicotinpflaster und Bupropion hörten 58% der Teilnehmer bis zur 9. Woche mit dem Rauchen auf. Noch ein Jahr nach Behandlungsbeginn betrug die kontinuierliche Abstinenzrate 18,4% für Bupropion gegenüber 9,8% für Nicotinpflaster. Die so genannte Punktprävalenzabstinenz, d.h. die Abstinenzrate zu einem bestimmten Studienzeitpunkt einschließlich der vorangegangenen Woche, betrug nach 12 Monaten unter Plazebo 15,6%, unter Nicotinpflaster allein 16,4%, unter Bupropion als Monotherapie 30,3% und unter der Kombination Bupropion und Nicotinpflaster 35,5%.

Sicherheitsprofil von Bupropion

Das Suchtpotenzial von Bupropion selbst bei der Raucherentwöhnung ist wenig beschrieben und wird als gering eingeschätzt. Bupropion ist ein schwacher Hemmstoff des Cytochrom-P450-Isoenzyms 2D6. Bei der Kombination von Bupropion mit Medikamenten, die über CYP2D6 abgebaut werden (z. B. Neuroleptika, Antiarrhythmika, trizyklische Antidepressiva, Betablocker und Serotonin-Wiederaufnahme-Hemmer), gilt deshalb der Warnhinweis, dass diese Medikamente vorsichtig und ggf. in reduzierter Dosis angewendet werden sollen. Bupropion ist in der Regel gut verträglich. Die häufigsten Nebenwirkungen sind ein trockener Mund, Schlafstörungen und Kopfschmerzen. Sie treten in milder Form auf und in vielen Fällen verschwinden diese nach wenigen Wochen Behandlung. Bei 0,1% der Patienten können Krampfanfälle auftreten. Patienten mit jemals erlittenen Krampfanfällen oder einem bekannten Gehirntumor dürfen daher Bupropion nicht einnehmen; Patienten mit prädisponierenden Faktoren für epileptische Anfälle dürfen Bupropion nur einnehmen, wenn eine zwingende klinische Rechtfertigung vorliegt, d.h. dass der potenzielle medizinische Nutzen der Raucherentwöhnung die potenzielle Erhöhung des Krampfrisikos überwiegt.

Kastentext: Jede Zigarette schadet dem Herz sofort

Die beim Rauchen inhalierten Giftstoffe, wie z. B. das Kohlenmonoxid, schädigen die Innenauskleidung der Arterien, und gleichzeitig nimmt der Anteil des gefäßschützenden HDL-Cholesterins ab. Jede Zigarette gefährdet das Herz sofort und nicht erst auf lange Sicht, da durch die Zigarette in den Stunden nach dem Genuss die Koagulabilität des Blutes und die Bildung von Blutgerinnseln gesteigert wird. Durch die Erhöhung des Fibrinogenspiegels wird das Blut dickflüssiger und die Neigung zu Blutgerinnseln steigt. Neuesten Erkenntnissen zu Folge sind die Blutgerinnsel bei Herzkranken, die kurz vor ihrem Infarkt geraucht haben, bis zu viermal größer als bei Patienten, die einen Tag lang nicht zur Zigarette gegriffen haben. Je größer ein Blutgerinnsel ist, desto schwerer verläuft der Herzinfarkt.

Seit mehr als einem Jahr ist mit Bupropion (Zyban) in Deutschland ein Medikament zur Raucherentwöhnung ohne Nicotin auf dem Markt. Die Entwöhnung rauchender Arteriosklerose-Patienten spielt eine besonders große Rolle, da das Rauchen einer der wesentlichen Risikofaktoren für die Arteriosklerose und damit auch für Krankheitsfolgen wie Herzinfarkt und Schlaganfall ist. Aktuelle Studien deuten darauf hin, dass Bupropion auch bei herzkranken Patienten wirksam, verträglich und nicht mit einem erhöhten Risiko verbunden ist.

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