Arzneimittel und Therapie

Raucherentwöhnung: Nicotin lutschen statt Rauchen – ein Weg zu dauerhafte

Die Ausstiegschancen aufhörwilliger Raucher erhöhen sich durch ärztlichen Rat und Verhaltenstraining, aber auch durch eine unterstützende medikamentöse Therapie. Die Palette der verfügbaren Nicotin-Ersatzprodukte ist kürzlich um die NiQuitin® Lutschtabletten (2 und 4 mg) erweitert worden, die im Mai in den deutschen Markt eingeführt werden. Mögliche Vorteile sind die einfache Anwendung und das aktive, orale Bekämpfen des Verlangens nach einer Zigarette.

In Deutschland rauchen 28% der Frauen und 37% der Männer. Zumindest bei den Frauen ist die Tendenz steigend. Wer Raucher zum Rauchstopp motivieren will, muss zunächst verstehen, welchen Nutzen der einzelne aus dem Rauchen zieht.

Dieser reicht von der Verbesserung negativer Stimmungslagen und der Anregung über Geschmack, Gewichtsreduktion, Konditionierung und Strukturierung von Zeit und Aktivitäten bis hin zu sozialen Funktionen (Image, Kontakt, Rauchen als soziales Ritual).

Was geht wirklich auf das Konto des Rauchens?

Nicht alle Erkrankungen, die mit dem Rauchen assoziiert sind, werden tatsächlich durch das Rauchen verursacht. Manche hängen nur damit zusammen, dass Raucher im Allgemeinen risikofreudiger als Nichtraucher sind. Belegt ist allerdings unter anderem, dass 89% der Lungenkrebs-, 73% der obstruktiven Atemwegs-, 65% der Mundhöhlen- und Pharynxkarzinom-, 65% der Kehlkopfkrebs- und 35% der koronaren Herzerkrankungen auf das Rauchen zurückzuführen sind. Man spricht hier vom zuschreibbaren Risiko.

Rauchen macht abhängig

Tabak hat ein vergleichbar hohes Abhängigkeitspotenzial wie Heroin, Cocain oder Alkohol. Genau wie sie hat Nicotin eine psychoaktive Wirkung, führt zu Toleranzentwicklung, Craving und physischer Abhängigkeit mit Rückfallneigung. Nur die sozial zerstörende Komponente der anderen Drogen fehlt.

Rauchen ist demnach also keine Frage des Lebensstils, sondern eine ernsthafte Erkrankung. In Deutschland gehen jährlich über 100 000 Todesfälle auf das Konto des Rauchens; täglich sterben durchschnittlich 308 Menschen an Folgen des Rauchens (zum Vergleich: etwa 21 an Verkehrsunfällen).

Was können Ärzte und Apotheker für Raucher tun?

In einer Befragung von rund 18 000 Patienten in deutschen Hausarztpraxen wunderten sich viele Raucher darüber, von ihrem Arzt nicht auf das Rauchen angesprochen zu werden.

Das Ausmaß der Nicotin-Abhängigkeit lässt sich mit einer einzigen Frage, der Schlüsselfrage aus dem so genannten Fagerström-Test, ermitteln: "Wie schnell nach dem Aufstehen rauchen Sie Ihre erste Zigarette?" Man sollte die Patienten jedoch nicht mit einer Therapie überfallen.

Zu einer Raucherentwöhnung kann man nur solchen Rauchern raten, die Krankheitseinsicht zeigen und selber aufhören wollen. Es ist bereits ein Erfolg, den Patienten auf die nächste Stufe der Raucherentwöhnung zu bringen (siehe Kasten). Das Aufhören lohnt sich für Raucher jeden Alters. Die ersten gesundheitlichen Vorteile zeigen sich ganz schnell, andere Parameter, wie das Lungenkrebsrisiko, normalisieren sich langsamer (Abb. 1).

Der Wille allein reicht oft nicht

Eine Raucherentwöhnung, die ein Raucher in Eigenregie durchführt, bewirkt nur eine Abstinenzrate von 2% nach einem Jahr. Mit ärztlichem Rat erhöht sich die Abstinenzrate bereits auf 4% nach einem Jahr. Bei zusätzlicher 5- bis 10-minütiger Beratung wird eine Abstinenzrate von 10% erzielt.

Optimal scheint die Kombination aus ärztlichem Rat, Verhaltenstraining (verhaltensorientierter Beratung) und medikamentöser Unterstützung zu sein. Nicotin-Ersatzprodukte können helfen, das Rückfallrisiko in den kritischen ersten Wochen zu verringern.

In englischen und amerikanischen Studien wurde die erhöhte Erfolgsrate der Tabakentwöhnung unter Zuhilfenahme von Nicotin-Ersatzprodukten gezeigt. Zusätzlich wurde auch deren Kosteneffektivität belegt. Daher empfahl das National Institute for Clinical Excellence (NICE) in Großbritannien Nicotin-Ersatzprodukte zur Unterstützung der Tabakentwöhnung. Dort werden die Behandlungskosten seit dem vergangen Jahr vom National Health Service übernommen.

Langsam lutschen

Die Palette der Nicotin-Ersatzprodukte wird im Mai 2003 um eine neue Darreichungsform, die Lutschtabletten (NiQuitin® 2 mg und NiQuitin® 4 mg), erweitert. Der Nicotin-Polacrilex-Harz-Komplex enthält 2 bzw. 4 mg Nicotin. Beim langsamen Lutschen lösen sich die Tabletten innerhalb von etwa 30 Minuten vollständig auf und setzen die gesamte Nicotin-Menge frei, die dann durch die Mundschleimhaut resorbiert wird.

Mit der Lutschtablette wurde eine Dosierung entwickelt, die sich am Grad der Abhängigkeit gemäß der Fagerström-Schlüsselfrage orientiert. Raucher, die innerhalb von 30 Minuten nach dem Aufwachen die erste Zigarette rauchen, gelten als stärker abhängig. Ihnen wird die 4-mg-Lutschtablette empfohlen. Für Raucher, die ihre erste Morgenzigarette später als 30 Minuten nach dem Aufwachen rauchen, also geringer abhängig sind, genügt die 2-mg-Dosierung.

Nicotin-Lutschtabletten sind zur Linderung von Nicotin-Entzugssymptomen im Rahmen einer Raucherentwöhnung zugelassen. Die Behandlung ist auf drei Monate zugeschnitten. In diesem Zeitraum wird die Dosierung allmählich reduziert, indem das Dosierungsintervall verlängert wird:

  • Woche 1 bis 6 eine Tablette alle 1 bis 2 Stunden
  • Woche 7 bis 9 eine Tablette alle 2 bis 4 Stunden
  • Woche 10 bis 12 eine Tablette alle 4 bis 8 Stunden

Es wird empfohlen, in den ersten 6 Wochen mindestens 9 Tabletten zu lutschen. Die maximale Tagesdosis liegt bei 15 Tabletten. Danach kann das Medikament noch weitere drei Monate lang bei Bedarf, also bei Craving, eingenommen werden. Nicotin-Lutschtabletten sind zurzeit verschreibungspflichtig.

Wirksamkeit der Nicotin-Lutschtabletten

In einer randomisierten Doppelblindstudie mit 1818 Rauchern in Großbritannien und den USA wurden Nicotin-Lutschtabletten auf Wirksamkeit und Sicherheit geprüft. Stärker abhängige Patienten (Rauch-Start-Zeit < 30 min) bekamen 4-mg-Lutschtabletten oder Plazebo, geringer abhängige (Rauch-Start-Zeit > 30 min) 2-mg-Lutschtabletten oder Plazebo. Den Patienten wurde empfohlen, die Dosierungsintervalle nach dem beschriebenen Schema stufenweise zu verlängern.

Von Woche 12 bis 24 sollten sie nur noch in Situationen, in denen sie ein starkes Verlangen nach einer Zigarette verspürten, eine Tablette lutschen. Zusätzlich bekamen alle Patienten eine minimale Verhaltensintervention; der Studienkoordinator ging mit den Patienten bei den ersten vier Besuchen eine einfache Patientenbroschüre durch.

Primärer Endpunkt war die kontinuierliche 28-Tage-Abstinenz zum 6-Wochen-Zeitpunkt. Ausrutscher waren nur in den ersten 2 Wochen nach dem Rauchstopp erlaubt. Aller Ergebnisse wurden durch CO-Messung verifiziert. Die Patienten wurden 12 Monate lang beobachtet.

Nach 6 Wochen waren 49% der mit 4-mg-Nictoin-Lutschtabletten Behandelten kontinuierlich abstinent gegenüber 21% der mit Plazebo Behandelten. Nach einem Jahr blieben noch 15% gegenüber 6% abstinent. Auch unter den 2-mg-Lutschtabletten war die Abstinenzrate unter den Nicotin-Lutschtabletten signifikant höher als unter Plazebo: Sie betrug nach 6 Wochen 46% gegenüber 30% und nach einem Jahr 18% gegenüber 10%.

Die Patienten der 4-mg-Gruppe lutschten an einem Tag der Woche 2 im Median 8,2 Tabletten. Patienten, die mehr Tabletten verbrauchten, also eine höhere Compliance hatten, wiesen eine besonders hohe Abstinenzrate auf (nach 6 Wochen fast 60%).

Von den Patienten der aktiven Behandlungsgruppen litten mit 71% (4 mg Nicotin) und 68% (2 mg Nicotin) mehr an Nebenwirkungen als in den Plazebogruppen (52% bzw. 56%). Unter der 4-mg-Dosierung traten Kopfschmerzen und Husten und unter beiden Dosierungen Übelkeit, Sodbrennen und Schluckauf häufiger auf als unter Plazebo

Die Ausstiegschancen aufhörwilliger Raucher erhöhen sich durch ärztlichen Rat und Verhaltenstraining, aber auch durch eine unterstützende medikamentöse Therapie. Die Palette der verfügbaren Nicotin-Ersatzprodukte ist kürzlich um die NiQuitin® Lutschtabletten (2 und 4 mg) erweitert worden, die im Mai auf dem deutschen Markt eingeführt werden. Mögliche Vorteile sind die einfache Anwendung und das aktive, orale Bekämpfen des Verlangens nach einer Zigarette.

Fagerström-Test zur Nicotinabhängigkeit Um besser und standardisiert beurteilen zu können, wie sehr ein Mensch vom Nicotinkonsum abhängig ist, wird von behandelnden Ärzten zunehmend der Fagerström-Test verwendet. Hier werden verschiedene Fragen nach dem Rauchverhalten gestellt und so nicotinrelevante Suchtkriterien erfasst. Über eine Selbstbeurteilungsskala kann dann anhand des erreichten Punktwertes der Schweregrad der Abhängigkeit direkt eingestuft werden.

Phasen der Raucherentwöhnung Fünf Stadien der Veränderung werden durchlaufen, bis das Rauchen aufgegeben ist:

  • Präkontemplationsphase
  • Kontemplationsphase
  • Präparationsphase
  • Aktionsphase
  • Maintenance-Phase

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