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Medikamentöse Raucherentwöhnung: In acht Wochen zum Nichtraucher

BERLIN (diz). Die erste nicotinfreie Pille zur Raucherentwöhnung gibt es jetzt auch in Deutschland: Am 28. Juni 2000 gab die Herstellerfirma Glaxo Wellcome auf einer Pressekonferenz in Berlin die Markteinführung der ersten nicotinfreien Pille zur Raucherentwöhnung auf dem deutschen Markt bekannt. Das Präparat, das den Wirkstoff Bupropionhydrochlorid enthält, entfaltet seine zentrale Wirkung im mesolimbischen Sucht- und Belohnungssystem des zentralen Nervensystems (ZNS). Nach einer sieben- bis neunwöchigen Therapie verschwindet bei vielen Entwöhnungswilligen das Verlangen nach einer Zigarette. In einer Vergleichsstudie mit Nicotinpflastern haben es mehr als 30 Prozent geschafft, innerhalb von zwölf Monaten Ex-Raucher zu bleiben.

Rauchen tötet in Deutschland mehr Menschen als Verkehrsunfälle, AIDS, Alkohol, illegale Drogen, Mord und Selbstmord zusammen, stellte das Bundesverfassungsgericht bereits vor drei Jahren fest. Das Rauchen gehört in Deutschland zu den bedeutsamsten vermeidbaren Ursachen für Krankheit, Invalidität und vorzeitigen Tod. Jedes Jahr gehen in Deutschland mehr als 100 000 Todesfälle auf das Konto des Tabakkonsums. Und seit 1998 wird auch das Passivrauchen in Deutschland in die gleiche Gefährdungskategorie wie das Einatmen von Asbestfarben und Benzoldämpfen eingeordnet, da es einen ähnlichen Beitrag zum Krebsrisiko leistet.

Rauchen in Zahlen

Der Bundes-Gesundheitssurvey 1998 liefert die jüngsten Zahlen zum Rauchverhalten in Deutschland. Danach rauchte 1998 ein Drittel der Bevölkerung im Alter von 18 bis 79 Jahren, nämlich 37 Prozent der Männer und 28 Prozent der Frauen in dieser Altersgruppe. In den jüngsten Altersgruppen sind die Raucheranteile am höchsten: 49 Prozent der männlichen 18- bis 24-Jährigen und 44 Prozent der weiblichen rauchen. Die Werte im Osten liegen für Männer mit 62 Prozent um 17 Prozentpunkte, für Frauen mit 50 Prozent um acht Prozentpunkte über den Werten im Westen. Der mittlere Zigarettenkonsum je Raucher liegt für Männer bei 20, für Frauen bei 16 Stück täglich. Etwa ein Drittel der Raucher hat während des letzten Jahres mindestens einen Versuch unternommen, mit dem Rauchen aufzuhören. Das Einstiegsalter lag bei 86 Prozent der Männer und 80 Prozent der Frauen unter 20 Jahre. Der Verbrauch von Zigaretten in Deutschland ist in den letzten fünf Jahren um acht Prozent gestiegen. Zigarren und Zigarillos erfreuen sich steigender Beliebtheit: In den letzten fünf Jahren stieg ihr Konsum um 72 Prozent. Die Studie zeigt auch, dass nicht alle Raucher gerne rauchen. Während der letzten zwölf Monate, so die Studie von 1998, haben 35 Prozent der rauchenden Männer und 33 Prozent der rauchenden Frauen mindestens einmal versucht, aufzuhören. Die rauchfreie Zeit betrug einen Tag oder mehr. Einfluss auf den Aufhörwunsch hat vor allem der Rat des Arztes. Daneben spielt außerdem die Sorge von Familienmitgliedern eine Rolle, allgemein verbreitete Beweise für Gesundheitsrisiken durch Rauchen, eine Tabaksteuererhöhung, der Druck durch nichtrauchende Familienmitglieder und an sechster Stelle erst der Rat des Apothekers.

Vom Antidepressivum zur Antiraucherpille

In den USA wurde Bupropion unter dem Namen Zyban am 13. Mai 1997 als erstes nicht nicotinhaltiges Arzneimittel zur Raucherentwöhnung zugelassen. Bupropion, das bereits seit etwa zehn Jahren in den USA unter dem Namen Wellbutrin als Antidepressivum auf dem Markt ist, zeigte bei Patienten, die rauchten, dass sie weniger Lust auf die Zigarette verspürten bzw. mit dem Rauchen leichter aufhören konnten. Dies führte zur Weiterentwicklung des Präparates und zum Einsatz als Raucherentwöhnungsmittel. Zwei Studien mit insgesamt 1500 erwachsenen Teilnehmern bestätigten, dass Bupropion zur Raucherentwöhnung geeignet ist. Der Wirkmechanismus der Substanz bei der Raucherentwöhnung ist noch nicht geklärt. Als selektiver neuronaler Wiederaufnahmehemmer von Dopamin und Noradrenalin führt es zu einer Erhöhung dieser Transmittersubstanzen unter anderem im Nucleus accumbens und Locus coeruleus, wodurch vermutlich nicotinbedingte Entzugssymptome und der Rauchdrang gemildert werden. Das Suchtpotenzial von Bupropion selbst bei der Raucherentwöhnung ist wenig beschrieben und wird als sehr gering eingeschätzt. Als Dosis werden täglich zweimal 150 mg gegeben. Die Verträglichkeit des Präparates wird mit gut angegeben. Weltweit wurden bereits 23 Mio. Menschen mit Bupropion behandelt, davon 6 Mio. mit Zyban. Zu den häufigsten Nebenwirkungen gehören Mundtrockenheit und Schwindel sowie Schlafstörungen. In seltenen Fällen (drei bis vier Prozent) kann es zu allergischen Reaktionen kommen (Hautrötung). Bei den Gegenanzeigen ist zu beachten: Die Inzidenz von Krampfanfällen unter Bupropion wird mit 0,1 Prozent angegeben. Bei Patienten mit Krampfanfällen in der Anamnese oder erhöhter Krampfbereitschaft ist die Substanz kontraindiziert. Weitere Kontraindikationen sind Bulimie, Anorexia nervosa und die Einnahme von MAO-Hemmern. Da Bupropion ein schwacher Hemmstoff des Cytochrom P 450 Isoenzyms 2D6 ist, kann es bei Kombination mit Medikamenten, die über dieses Enzym abgebaut werden (z. B. Neuroleptika, Antiarrhythmika, trizyklische Antidepressiva, Betablocker und Serotoninwiederaufnahmehemmer) zur Kumulation dieser Stoffe kommen. Diese Arzneimittel sollten daher gegebenenfalls in reduzierter Dosis angewendet werden. Die Ausscheidung von Bupropion erfolgt nach Metabolisierung überwiegend renal (87 Prozent), bei Niereninsuffizienz besteht daher theoretisch die Gefahr einer möglichen Akkumulation. Bupropion kann allein oder in Kombination mit Nicotinpflastern eingesetzt werden. Die Studien zeigten, dass 49 Prozent der Teilnehmer nach siebenwöchiger Behandlungsphase mit Bupropion mit dem Rauchen aufhörten, während es 36 Prozent der Teilnehmer waren, die ein Nicotinpflaster erhielten. Bei einer kombinierten Anwendung von Nicotinpflaster und Bupropion hörten 58 Prozent der Teilnehmer bis zur siebten Woche mit dem Rauchen auf, wobei der Unterschied zur Bupropion-Monotherapie allerdings nicht signifikant war. Noch ein Jahr nach Behandlungsbeginn betrug die kontinuierliche Abstinenzrate 18,4 Prozent für Bupropion gegenüber 9,8 Prozent für Nicotinpflaster.

Am besten mit Therapiebegleitung

Zyban eignet sich für alle Raucher, die motiviert sind, mit dem Rauchen aufzuhören. Mit Hilfe eines von Psychologen erarbeiteten Therapiebegleiters in schriftlicher Form kann die Motivation des Rauchers, aufzuhören, unterstützt werden. Durch eine gezielte, strukturierte, stufenweise psychologische Therapiebegleitung, so stellte man fest, kann der Effekt von Zyban verstärkt werden. Das Selbsthilfemanual gibt Motivationshilfen und Übungen, wie man es leichter schaffen kann, auf die Zigarette zu verzichten. Es erklärt Therapieübungen, die auch für den Alltag geeignet sind, und gibt Hilfe zum Durchhalten für ein rauchfreies Leben.

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So wird Zyban dosiert

Die Dosierung beträgt einmal täglich 150 mg in den ersten drei Behandlungstagen, danach zweimal täglich 150 mg für insgesamt sieben bis zwölf Wochen. Zwischen den Einnahmen soll ein Mindestabstand von acht Stunden eingehalten werden. Die Behandlung soll begonnen werden, während der Patient noch raucht. Zusammen mit dem Patient ist innerhalb der ersten zwei Wochen ein Tag festzulegen, an dem der Patient mit dem Rauchen aufhört ("Rauchverzichtstag"), vorzugsweise in der zweiten Woche. Die Dosierungen von 150 mg pro Einnahme und 300 mg pro Tag sollten nicht überschritten werden.

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Daten zum Rauchverhalten

  • Derzeit überlegen etwa 38 Prozent der deutschen Raucherinnen, aber nur etwa 32 Prozent der Raucher, mit dem Rauchen aufzuhören.
  • 45 Prozent der Raucherinnen und 39 Prozent der Raucher haben bereits einen ernsthaften Aufhörversuch hinter sich.
  • In den letzten fünf Jahren ist der Zigarettenkonsum in Deutschland um 8 Prozent gestiegen.
  • Über 80 Prozent der Bevölkerung befürworten Rauchverbote in öffentlichen Verkehrsmitteln,4 Prozent in öffentlichen Gebäuden und 70 Prozent am Arbeitsplatz. Ein generelles Rauchverbot in der Öffentlichkeit wünscht sich dagegen nur jeder Vierte.
  • Mund und Rachen: Raucher haben bis zu sechs Mal mehr Zahnverfärbungen und Schleimhautveränderungen im Mund als Nichtraucher.
  • Erfolge bei einer Parodontosebehandlung sind bei Rauchern durchschnittlich geringer als bei Nicht- oder Exrauchern.

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Nach der letzten Zigarette

  • 20 Minuten danach: Der Blutdruck fällt wieder auf einen Wert, der etwa dem Wert vor der letzten Zigarette entspricht. Die Temperatur der Hände und Füße steigt auf einen Normalwert an.
  • 8 Stunden danach: Der Kohlenmonoxidgehalt des Blutes fällt auf einen Normalwert.
  • 24 Stunden danach: Das Herzinfarktrisiko wird kleiner.
  • 2 Wochen bis 3 Monate danach: Die Durchblutung verbessert sich, die Lungenkapazität erhöht sich um bis zu 30 Prozent.
  • 1 bis 9 Monate danach: Husten, Müdigkeit und Kurzatmigkeit verringern sich; die Flimmerhärchen in der Lunge gewinnen ihre normale Funktionsfähigkeit zurück und sind so besser in der Lage, die Lunge zu reinigen und die Gefahr von Infektionen zu verringern.
  • 1 Jahr danach: Das Risiko von Erkrankungen der Herzkranzgefäße ist nur noch halb so groß wie bei Rauchern.
  • 5 Jahre danach: Das Schlaganfallrisiko sinkt nach 5 bis 16 Jahren auf das Niveau eines Nichtrauchers.
  • 10 Jahre danach: Unter Exrauchern finden sich nur etwa halb so viele Lungenkrebstodesfälle wie unter weiterhin Rauchenden. Das Risiko von Krebserkrankungen im Mund, Halsbereich, Speiseröhre, Blase, Niere und Bauchspeicheldrüse verringert sich.
  • 15 Jahre danach: Das Risiko von Erkrankungen der Herzkranzgefäße entspricht dem eines Nichtrauchers. Quelle: American Cancers Society, nach einer Übersetzung des Max-Planck-Instituts für Psychiatrie, München

Die erste nicotinfreie Pille zur Raucherentwöhnung gibt es jetzt auch in Deutschland. Das Präparat Zyban® mit dem Wirkstoff Bupropionhydrochlorid entfaltet seine Wirkung im mesolimbischen System des Gehirns. Nach einer etwa zweimonatigen Therapie verschwindet bei vielen Entwöhnungswilligen das Verlangen nach einer Zigarette. Etwa 30% sind nach einem Jahr noch "clean".

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