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Angestellte bei Ministerin Schmidt: Sorgen thematisiert

BONN (im). Auf die sich verschlechternde wirtschaftliche Situation von Mitarbeitern haben vier Repräsentantinnen des Bundesverbands der Angestellten in Apotheken (BVA) bei einem Gespräch mit Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt am 26. März in Berlin hingewiesen. So steige derzeit die Arbeitslosigkeit vor allem bei PTA deutlich an, informierten Monika Oppenkowski, Jutta Nörenberg, Petra Zillmann und Iris Borrmann vom BVA die Ministerin. Zur Sprache kam die Position der Apotheken-Mitarbeiter zu brisanten Themen von Versandhandel mit Arzneimitteln bis zur Aufhebung des Mehrbesitzverbots.

Die Bundesgesundheitsministerin sei sehr interessiert an der Position der Angestellten und den Berichten aus der Praxis gewesen, berichtete Monika Oppenkowski, BVA-Bundesvorsitzende, der Deutschen Apotheker Zeitung auf Anfrage. Beim mehr als einstündigen Austausch mit Ulla Schmidt (SPD) haben demnach auch der für Apotheken zuständige Referatsleiter des Bundesgesundheitsministeriums (BMGS) Dr. Gert Schorn sowie zwei weitere Referenten teilgenommen. Nach Angaben von Oppenkowski hatten die BVA-Vertreterinnen die Einbindung der Angestellten in das laufende Reformverfahren gefordert, was auch zugesichert worden sei.

Gespräch nach Ostern

Konkret wurde die Fortsetzung des Austauschs mit dem BVA vereinbart. So werde es nach Ostern weitere Gespräche auf der Arbeitsebene des BMGS geben, wobei der BVA auch an zwei dem Ministerium vorliegende Vorschläge zur Änderung der Apothekenbetriebsordnung erinnerte, die die Abgabe freiverkäuflicher Arzneimittel durch PKA sowie die Abzeichnung der Prüf- und Herstellungsprotokolle durch PTA betreffen.

Der Verband will die Kompetenz der PKA zur Abgabe freiverkäuflicher Arzneimittel in Apotheken erreichen, da der entsprechende Sachkunde-Nachweis bereits zur Abgabe etwa in Drogeriemärkten befähige. In der Offizin stehe dem die Vorschrift entgegen, dass nur pharmazeutisches Personal Medikamente in Apotheken aushändigen darf. Darüber hinaus wird die Abzeichnung der Prüf- und Herstellungsprotokolle durch PTA – nach Auswahl einer dafür qualifizierten Assistentin durch den Leiter – für sinnvoll gehalten. Der BVA will nach eigenen Angaben auf die Umsetzung dieser Sachverhalte wegen der Wichtigkeit für die Praxis drängen.

"Gesetz auf unsere Kosten"

Gegenüber der Bundesgesundheitsministerin machten die vier BVA-Repräsentantinnen die negativen Auswirkungen durch das Beitragssatzsicherungsgesetz deutlich. Das Gesetz gehe eindeutig zu Lasten der Angestellten. So legte Jutta Nörenberg eine Statistik der Bundesanstalt für Arbeit mit aktuellen Zahlen vor. Demnach gebe es einen deutlichen Anstieg der Arbeitslosigkeit vor allem bei PTA, darüber hinaus auch bei PKA und angestellten ApothekerInnen, bei den letzten beiden Gruppen allerdings in etwas geringerem Ausmaß. Es würden nicht nur Existenzen bei den Apothekenleitern selbst, sondern auch bei den Angestellten vernichtet.

Seit November sei dieser negative Trend zu beobachten, sagte Monika Oppenkowski, als die ersten Chefinnen und Chefs in Erwartung sinkender Erträge vorsorglich Kündigungen aussprachen. BVA-Juristin Iris Borrmann informierte über zahlreiche Anfragen dazu an die Geschäftsstelle in Hamburg. Die Ministerin habe in dem Punkt mit dem BVA übereingestimmt, dass die Folgen des Gesetzes nicht auf die Angestellten abgewälzt werden sollten. Insgesamt habe Ulla Schmidt allerdings ihre Auffassung wiederholt, sie sehe die Auswirkungen des Gesetzes nicht so dramatisch, berichtete BVA-Chefin Oppenkowski.

Großhandelsgebaren thematisiert

Zur Sprache sei darüber hinaus das Weiterreichen des dreiprozentigen Großhandelsrabatts an die Apotheken gekommen. Während der BVA hier vertrat, der pharmazeutische Großhandel solle seinen Anteil nicht überwälzen, habe die Ministerin nur auf die offizielle Lesart des Gesetzes abgestellt, wonach die Rabatte auf den jeweiligen Stufen gewährt und der gesetzlichen Krankenversicherung zugute kommen sollen.

Thema: Mehrbesitz

Neben den aktuellen Belastungen durch das Beitragssatzsicherungsgesetz ist laut Monika Oppenkowski die künftige Gesundheitsreform zur Sprache gekommen, von der zur Zeit der Entwurf des Gesundheitssystem-Modernisierungsgesetzes vorliegt. Hier habe die Ministerin einige Grundzüge wie das Hausarztmodell und die Vorteile für Patienten thematisiert. Erläutert wurde demnach, wie es zur geplanten Regelung bei der Aufhebung des Mehrbesitzverbots kam. Die Begrenzung auf fünf Apotheken in der Hand eines Apothekers, aber nicht mehr als ein Drittel aller Apotheken einer Gemeinde, wird demnach im Gesundheitsministerium zur Vermeidung von Monopolen und Preisdiktaten für notwendig gehalten.

Im Gespräch machte der BVA nach eigenen Angaben seine differenzierte Haltung zur Aufhebung des Mehrbesitzverbots deutlich. Grundsätzlich sähen Angestellte Vorteile durch größere Einheiten, beispielsweise durch die Errichtung von Betriebsräten oder die Geltung des Kündigungsschutzes. Andererseits werden auch Gefahren bei der Zulassung von Apothekenketten – wenn auch in Apothekerhand – befürchtet, so beispielsweise, wenn Angestellte dann als "Springer" heute in der einen Zweigapotheke und morgen in der anderen Einrichtung einer Kette arbeiten müssten.

In jedem Fall müsse es beim Verbot des Fremdbesitzes bleiben, meinte BVA-Chefin Oppenkowski. Kapitalgesellschaften sollten außen vor bleiben, einzelne Hersteller dürften keinesfalls die Erlaubnis zum Betrieb von Apotheken bekommen und auf diese Weise etwa die ausschließliche Abgabe ihrer Arzneimittel vorschreiben. Die fachliche Unabhängigkeit bei der Tätigkeit in Apotheken müsse erhalten werden.

Versand – nichts Neues

Nichts Neues habe sich beim Gespräch mit der Bundesgesundheitsministerin zum Versandhandel mit Arzneimitteln ergeben. Während Ulla Schmidt ihre bekannte Haltung vertreten habe (durch europäische Regelung werde das kommen, die Deutschen sollten dann darauf vorbereitet sein, im übrigen würden nur wenige Bürger das nutzen), habe der BVA im Gegensatz dazu auf die Gefährdung des Verbraucherschutzes abgestellt. Nach Ansicht dieses Verbands müssen die Arzneimittelsicherheit und die Sicherung der Arzneimittelversorgung gewährleistet und die persönliche Beratung durch pharmazeutisches Personal jederzeit möglich sein.

Preisverordnung ändern?

Wie die BVA-Vorsitzende weiter berichtete, war die von der Bundesgesundheitsministerin angedachte Änderung der Arzneimittelpreisverordnung (AMpreisV) ein anderes Thema. So sind Fixzuschläge für alle zu Lasten der GKV abgegebenen Medikamente im Gespräch, unter Umständen verbunden mit einer dynamischen Komponente für hochpreisige Arzneimittel. Der BVA begrüßte das Vorhaben, wenn dadurch die heilberufliche Komponente des Berufs der Apotheker in den Vordergrund trete.

Krisenmanagement: "Vernünftige Gespräche führen"

Im Zusammenhang mit der sich verschlechternden wirtschaftlichen Situation in den Offizinen berichtete Monika Oppenkowski vom Bundesverband der Angestellten in Apotheken (BVA) gegenüber der DAZ von "vernünftigen Gesprächen" zwischen Angestellten und Chefs aus der Praxis, die sie begrüßte. Leiter sollten noch mehr als bisher die Mitarbeiter einbinden und so motivieren; diese über die aktuelle Lage nicht im unklaren lassen, sondern durch sachliche Information Loyalität einfordern. Ansätze könnten Qualitätssteigerung durch noch mehr Beratungstätigkeit, Fortbildung auch in anderen Bereichen als der Pharmakologie sowie Strategien zur Umsatzsteigerung sein. Aus der Praxis seien etliche Fälle bekannt, in denen sich Leiter und Mitarbeiter gemeinsam auf konkrete Maßnahmen bis hin zu Änderungen bei der Arbeitszeit einigten, sagte die BVA-Chefin, die selbst als angestellte Apothekerin tätig ist. Die Mitarbeiter seien bei fairer Information durch den Apothekenleiter zu Zugeständnissen bereit, um den Arbeitsplatz zu behalten.

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