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Kontrolle ärztlichen Handelns: Obduktionen bringen oft unerwartete Befunde

BERLIN (sw). Die innere Leichenschau (klinische Sektion) dient der ärztlichen Qualitätskontrolle und der Überprüfung ärztlichen Handelns. Eine Pressekonferenz der Ärztekammer Berlin befasste sich Ende Januar mit dem Thema der Obduktion.

Nach dem Berliner Sektionsgesetz von 1996 ist "die klinische Sektion die letzte ärztliche Handlung zugunsten der Patienten und der Allgemeinheit. Eine klinische Sektion (innere Leichenschau) ist die ärztlich fachgerechte Öffnung einer Leiche, die Entnahme und Untersuchung von Teilen sowie die äußere Wiederherstellung des Leichnams. Die klinische Sektion dient der Qualitätskontrolle und Überprüfung ärztlichen Handelns im Hinblick auf Diagnose, Therapie und Todesursache, der Lehre und Ausbildung, der Epidemiologie, der medizinischen Forschung sowie Begutachtung."

Eine Umfrage des Berufsverbandes Deutscher Pathologen unter seinen Berliner Mitgliedern ergab, dass die Obduktionsrate in Berlins Krankenhäusern z. T. auf weit unter 30% gesunken ist (dies ist allerdings kein spezifisches Berliner Problem, es gilt in der gesamten Republik, und auch international ist dieser Trend zu beobachten). Dafür gibt es verschiedene Ursachen. Nach dem Sektionsgesetz muss eine zu Lebzeiten hinterlegte Zustimmung des Patienten vorliegen bzw. die Angehörigen haben ein Widerspruchsrecht.

Von diesem machen sie häufig Gebrauch, zum einen sensibilisiert durch einige Skandale (Abgabe wertvoller Leichenteile an Medizinproduktehersteller) und das nachfolgende Medienecho, zum anderen, weil sie vom Nutzen der Obduktion nichts wissen und sich in einem emotional schwierigen Moment zum ersten Mal mit diesem Thema beschäftigen.

War die Obduktion früher selbstverständlich, gilt sie in Zeiten knapper Mittel als unfein, kostet Zeit und Geld (tatsächlich nur 0,5 - 1% des Etats eines Krankenhauses). Es finden wenige Besprechungen zwischen Pathologen und behandelnden Ärzten statt, dabei hat sich gezeigt, dass Obduktionen in bis zu 64% der Fälle unerwartete Befunde zutage bringen (TBC, Herzklappenentzündungen, entzündliche Hirnerkrankungen, alte chronische Herzinfarkte, 1 cm kleine und trotzdem tödliche Lungentumore), von denen die Hälfte therapeutisch relevant gewesen wäre. Zum Teil finden an Universitätskliniken nicht mehr genug Obduktionen für die Studierenden statt. Es gibt einen gesicherten Zusammenhang zwischen Irrtümern und Obduktionen, - je weniger Obduktionen desto mehr Irrtümer. Schließlich muss eine Obduktion bei Organtransplantationen ausschließen, dass der Spender z. B. Metastasen hatte.

Die funktionsgerechte Präparation im Gesamtzusammenhang, im Prinzip wie bei Virchow, führt zum "Begreifen" von Krankheit im wirklichen Sinn. Die Studenten müssen ein Magenkarzinom im Präparat kennen, die Lunge mit Bronchialschädigung gesehen haben etc. - das kann kein Computertomogramm ersetzen. Das Verstehen des Krankheitsgeschehens ist die Voraussetzung für eine rationelle Behandlung. Nicht zuletzt würden auch bessere valide Todesursachenstatistiken geliefert werden, und für die Angehörigen stellt es einen gewissen Trost dar, wenn sie wissen, dass die Erkrankung, die zum Tode geführt hat, nicht therapierbar gewesen war. Der Kliniker kann verbesserte Erkenntnisse darüber erhalten, ob lebensverlängernde, vielleicht schmerzhafte Therapien richtig waren.

Kastentext: Aufklärung über Obduktionen

  • Informationen über die Medien und Aufklärungsarbeit durch die Krankenkassen zum Thema Obduktion könnten der Bevölkerung den hohen Stellenwert der durch die Obduktionen gewonnenen Erkenntnisse transparent machen.
  • Die Krankenhausaufnahmeverträge könnten einen Passus enthalten, der es den Patienten ermöglicht, bei der Aufnahme ihre Haltung zur Obduktion zu hinterlegen.
  • Die Ärzte selbst müssten den Wert der Obduktion für die Kontrolle ihrer ärztlichen Arbeit (wieder)erkennen und sich besser auf die Gespräche mit den Angehörigen zur Erlangung der Zustimmung vorbereiten.
  • An operativ arbeitenden Krankenhäusern ist die örtliche Präsenz eines qualifizierten Pathologen die beste Gewähr für eine qualifizierte Arbeit.

War die Obduktion früher selbstverständlich, gilt sie in Zeiten knapper Mittel als unfein, kostet Zeit und Geld (tatsächlich nur 0,5 – 1% des Etats eines Krankenhauses). Doch hat sich gezeigt, dass Obduktionen in bis zu 64% der Fälle unerwartete Befunde zutage bringen (TBC, Herzklappenentzündungen, entzündliche Hirnerkrankungen, alte chronische Herzinfarkte, 1 cm kleine und trotzdem tödliche Lungentumoren), von denen die Hälfte therapeutisch relevant gewesen wäre.

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