Berichte

Apothekerverband Nordrhein: Mitgliederversammlung

Anlässlich der 82. Mitgliederversammlung des Apothekerver- bandes Nordrhein e.V. am 3. Mai 2000 im SAS Radisson, Düsseldorf, konnte der Verbandsvorsitzende, Thomas Preis, mehr als 100 Mitglieder, davon rund 90 Delegierte, sowie zahlreiche Ehrengäste begrüßen.

Nach dem ehrenhaften Gedenken der im letzten Jahr verstorbenen Mitglieder wurde die ordnungsgemäße Einberufung und die Beschlussfähigkeit der Versammlung festgestellt. Das Protokoll der 81.Mitgliederversammlung vom 28.April 1999 wurde einstimmig gebilligt.

Bericht des Vorsitzenden

Mit Blick auf das zum 1.Januar 2000 in Kraft getretene Gesundheitsreformgesetz stellte Preis fest, dass es dem Berufsstand einerseits gelungen sei, Schlimmeres für Apotheken und Patienten zu verhindern, dass aber andererseits nach wie vor Reformbedarf bestehe, um die Probleme der Zukunft zu lösen. In diesem Zusammenhang forderte er insbesondere die Aufhebung der patientenfeindlichen Budgetierung und der dadurch erzwungenen, zunächst noch verdeckten Rationierung im Gesundheitswesen, die mittel- bis langfristig in eine offene Rationierung übergehe.

Wirtschaftliche Situation der öffentlichen Apotheken in Nordrhein

Zur wirtschaftlichen Situation der Apotheken merkte Preis an, dass die Zahl der öffentlichen Apotheken in Nordrhein - trotz steigender Bevölkerungszahl - seit langem rückläufig sei. Als wohnortnahe Arbeitgeber hätten die nordrheinischen Apotheken - mit rund 400000 Kundenkontakten täglich - insbesondere in die Qualität ihrer Mitarbeiter investiert. In diesem Zusammenhang appellierte er an die Landesregierung, die finanziellen Voraussetzungen zur Errichtung weiterer Ausbildungsplätze für pharmazeutisch-technische Assistenten an den nordrheinischen PTA-Lehranstalten zu schaffen.

Die betriebswirtschaftliche Situation der öffentlichen Apotheken in Nordrhein sei nach wie vor unbefriedigend, bei einem Betriebsergebnis um die Null. Trotz weiterer Rationalisierungsmaßnahmen sei die Betriebshandelsspanne aufgrund der Kappung der Arzneimittelpreisverordnung und der Erhöhung der Mehrwertsteuer weiter gefallen. Die Forderung von Thomas Preis nach einer Senkung der Mehrwertsteuer auf ein in Europa übliches Maß, zumindest aber auf den halben Mehrwertsteuersatz, wurde von der Versammlung begrüßt.

Nachhaltig wehrte sich der Vorsitzende gegen die Versuche einzelner Krankenkassenverbände und einzelner Vertreter der forschenden Arzneimittelhersteller, die Distribution der Arzneimittel über öffentliche Apotheken infrage zu stellen. Volkswirtschaftlicher Nutzen entstehe durch solche Änderungen erwiesenermaßen nicht, allerdings würden die Arzneimittelsicherheit und der Verbraucherschutz durch solche Vorstellungen hochgradig gefährdet, so Preis.

Arzneimittelbudget

Aufgrund des Drucks des Arzneimittelbudgets, unter dem die Patienten ebenso litten wie die Vertragsärzte, sei im letzten Jahr seitens des Verbandes in Nordrhein eine Arbeitsgemeinschaft der Apothekenrechenzentren gegründet worden, die sicherstelle, dass die ärztlichen Verordnungsdaten dem Apothekerverband zu berufspolitischen Zwecken zeitnah zur Verfügung stehen. Auch mit Hilfe der aus diesen Auswertungen gewonnenen Erkenntnisse, die unter anderem anlässlich einer Frühjahrspressekonferenz der Öffentlichkeit zugänglich gemacht worden seien, habe die Diskussion zu den Arzneimittelausgaben in Nordrhein versachlicht werden können. Die Kassenärztliche Vereinigung Nordrhein habe vor wenigen Wochen mit den Krankenkassenverbänden im Lande das Budget für 1999 abgeschlossen, ohne dass es zu Kollektivregressen für die nordrheinischen Vertragsärzte komme. Zugleich sei die Fortschreibung des Budgets für das Jahr 2000 auf dem Niveau des Vorjahres - mit der Option der Nachverhandlung aufgrund weiterer Befreiungstatbestände bei den Versicherten und der Verordnung innovativer Arzneimittel - beschlossen worden.

Mit der Entwicklung eines "Notariatskonzeptes", das dem Ministerium vorgestellt worden sei und dort vollste Unterstützung erfahre, strebe der Verband eine Erweiterung seiner Datenkompetenz an. Der Einbezug in ein vom Ministerium genehmigtes Forschungsvorhaben zur krankheitsbezogenen Analyse des ambulanten Behandlungs- und Arzneimittelbedarfs bestätige die Richtigkeit des eingeschlagenen Weges und zugleich die Wertschätzung des Verbandes in Fragen der Datenerfassung und der Datenauswertung. Eine der wesentlichen Aufgaben des Verbandes sei es, so Preis, mit Hilfe der Datenkompetenz der Apothekerschaft Steuerungsdaten für das Gesundheitswesen in Nordrhein zu schaffen und diese im Sinne einer patientenorientierten Versorgung zu interpretieren.

Krankenkassen

Unter Bezug auf die auch in Nordrhein feststellbaren Retaxationen der gesetzlichen Krankenkassen, insbesondere bei Importarzneimitteln, die durch das Bundesversicherungsamt (als Aufsichtsbehörde der Krankenkassen) initiiert worden seien, betonte Preis, dass sich der Verband mit aller Härte gegen nachvollziehbar ungerechtfertigte Retaxationen wehre. Dabei sei bereits den Krankenkassenverbänden in aller Klarheit verdeutlicht worden, dass geschlossene Verträge von beiden Seiten einzuhalten seien.

Unter Verweis auf die Resolution des ABDA-Gesamtvorstandes bezüglich offensichtlich illegaler Rezeptzuweisung über den Kopf der Patienten hinweg machte Preis zugleich deutlich, dass man innerhalb der Apothekerschaft selbstverständlich schwarze Schafe nicht dulden werde.

Integrierte Versorgung

"Entsprechend dem gesundheitspolitischen Zeitgeist sind Modellvorhaben und Strukturverträge nun 'out', integrierte Versorgungsformen hingegen 'in'", sagte Preis. Die Apotheker aber dürften und wollten bei den neuen Versorgungsformen keine Spielverderber sein. Zugleich sei deutlich auf die Gefahren aufmerksam zu machen, nämlich einen Einstieg in ein zutiefst unsolidarisches Gesundheitswesen, das nach US-amerikanischem Vorbild nur der Gewinnmaximierung der Versicherungsgesellschaften, also der Netzbetreiber, diene, mit Versicherten und Patienten als Verlierern. Ziel der Apotheker müsse es sein, als pharmazeutische Leistungsgemeinschaft mit Netzen so umzugehen, dass die Fundamente des heutigen Systems der Arzneimittelversorgung ohne Wenn und Aber erhalten bleiben.

Unter Verweis auf eine Feststellung von Prof. Dr. Uwe Reinhard, Princeton University, "Das deutsche Krankenversicherungssystem ist beneidenswert. Von so etwas kann man in Amerika nur träumen. Es ist ein lückenloses System, vollkommen übertragbar von Arbeitsplatz zu Arbeitsplatz. Von der Arbeit in die Arbeitslosigkeit und von der Arbeit in den Ruhestand. Sie müssten Gott dafür danken, dass Sie in Deutschland ein solches System haben. Das ist für uns in Amerika ein Traum", forderte Preis die Delegierten und Mitglieder des Verbandes nachdrücklich zu solidarischem Handeln auf der Basis des einzigartigen Standards der Leistungen der öffentlichen Apotheken in Deutschland auf.

Die Arzneimittelversorgung vor dem Hintergrund der Gesundheitspolitik

In seinem Gastvortrag berichtete Prof. Dr. E. Wille, stellvertretender Vorsitzender des Sachverständigenrates der Konzertierten Aktion im Gesundheitswesen und Inhaber des Lehrstuhls für Volkswirtschaftslehre und Finanzwissenschaften an der Universität Mannheim, zu den Themen

  • Die Arzneimittelausgaben im Rahmen der Gesundheitsausgaben,
  • Umfang und Struktur der Arzneimittelausgaben,
  • Divergierende Sozialsysteme vor dem Hintergrund von Globalisierung und europäischer Integration,
  • Die Liberalisierung der europäischen Gesundheitsmärkte und ihre Folgen,
  • Herausforderungen und Chancen für das deutsche Gesundheitswesen.

Dabei machte Wille deutlich, dass sich die demographischen Verschiebungen am stärksten auf den Arzneimittelverbrauch auswirken, gefolgt von der ambulanten Versorgung. Mittelfristig sieht Wille Gefahren auf das System der öffentlichen Apotheken durch die europäische Harmonisierung zukommen. Erhebliche Risiken beinhalten seiner Meinung nach integrierte Versorgungsformen, sofern auch Krankenhäuser in die Netze integriert werden.

In der anschließenden regen Diskussion wurden insbesondere die Themen Generika, integrierte Versorgung, Arzneimittelpreisgestaltung der Industrie gegenüber öffentlichen Apotheken und Krankenhäusern, Beitrags- oder Steuerfinanzierung und Selbstbeteiligung diskutiert.

Arzneilieferungsvertrag

Nachdem der stellvertretende Vorsitzende Werner Heuking den vom DAV-Vertragsausschuss zum Abschluss empfohlenen Entwurf eines Arzneilieferungsvertrags mit dem Hauptverband der gewerblichen Berufsgenossenschaften, dem Bundesverband der landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaften und dem Bundesverband der Unfallkassen erläutert hatte, wurde nach eingehender Diskussion vorgeschlagen, bei der Abrechnung und Belieferung von Dauerverordnungen möglichst den monatlichen Bezug entfallen zu lassen. Dieser Änderungsantrag wurde bei zwei Enthaltungen ohne Gegenstimmen angenommen.

Die Versammlung empfahl der Delegation des Apothekerverbandes Nordrhein auf der Mitgliederversammlung des Deutschen Apothekerverbandes am 13.Mai 2000 in Berlin, diesem Vertragswerk des DAV auf Bundesebene zuzustimmen. Ergänzend wurden die nordrheinischen Vertreter gebeten, auf der DAV-Mitgliederversammlung darauf hinzuwirken, dass - aufgrund gestiegener Einkaufspreise - die Hilfstaxe für Apotheken neu verhandelt werden müsse.

Wie zufrieden sind die Mitglieder mit ihrem Apothekerverband?

Zu Anfang des Jahres hatte der Apothekerverband Nordrhein eine Mitgliederbefragung beim Institut für Handelsforschung an der Universität zu Köln (IfH) in Auftrag gegeben, deren (erste) Ergebnisse Daniela Büchel und Dr.Andreas Kaapke vom IfH präsentierten und erläuterten. Thema der Befragung war die Zufriedenheit mit der kollektiven Interessenvertretung des Verbandes sowie mit der individuellen Unterstützung und Beratung, der Information und der Fortbildung.

Bei einer Beteiligung von rund 30% der Mitglieder an dieser Befragung - "einem phänomenalen Ergebnis, das von einem regen Verbandsleben zeugt", so Kaapke - seien repräsentative Aussagen gewährleistet. Zusammenfassend stellten die Referenten fest, dass der Verband sich aus Sicht seiner Mitglieder insbesondere mit den Schwerpunktthemen Krankenkassen und Politik zu beschäftigen habe. Lobbyarbeit sei bei den kollektiven Interessen das Gebot der Stunde.

Bezüglich der auf das einzelne Mitglied zugeschnittenen Angebote des Verbandes seien die Erwartungen insbesondere bei Krankenkassenfragen und wirtschaftlichen Fragen, den sogenannten A-Themen, besonders hoch, zusätzliche Angebote seien als "add-on" zu bewerten. Dabei seien die Mitglieder mit den Leistungen des Verbandes im Allgemeinen zufrieden.

Die Referenten hoben hervor, dass es sich bei diesen Ergebnissen um eine Momentaufnahme handele. Hier seien die Gremien des Verbandes gefordert, sich mit dieser Auswertung in Zukunft intensiver auseinander zu setzen, gegebenenfalls zu einem späteren Zeitpunkt die Befragung zu wiederholen und auch andere Kammern und Verbände zu bewegen, sich einer solchen Mitgliederbefragung zu stellen. Die sich anschließende rege Diskussion zeigte, dass die Mitglieder sich aus der Analyse dieser Auswertung noch weitere Verbesserungen erhoffen.

Entlastungen, Wahlen, Etat

Der Abschluss des Haushaltes 1999, von Schatzmeister Elmar Berges mit dem zusätzlichen Hinweis auf die Darstellungen im vorliegenden Geschäftsbericht vorgetragen, wurde einstimmig angenommen. Der Bericht der Kassenprüfer, vorgetragen von Ulrich Wegmann, ergab keine Beanstandungen. Vorstand und Geschäftsführung wurden einstimmig entlastet.

Als Nachfolger von Georg Majer, der aufgrund eines Apothekenwechsels außerhalb Nordrheins aus dem Vorstand des Verbandes ausschied, wurde Doris Schönwald gewählt. Da sie bisher das Amt eines Beisitzers ausübte, musste eine weitere Nachwahl erfolgen. Zum Beisitzer wurde Dr.Claus Breuer, Würselen, gewählt.

Bei Enthaltung der Betroffenen wurden Dr. Wolfgang Boventer, Krefeld, und Hans-Ulrich Wegmann, Köln, in ihren Ämtern als Kassenprüfer bestätigt. Ebenso in ihren Ämtern als stellvertretende Kassenprüfer wurden Peter Moser, Rees, und Regina Wahl, Königswinter, bestätigt.

Eine neue Vergütungs- und Kostenerstattungsregelung wurde mit großer Mehrheit angenommen. Ein Antrag, den Mitgliedsbeitrag für ordentliche Mitglieder ab dem Jahre 2001 auf jährlich 1500 DM anzuheben, wurde mit zehn Ja-Stimmen bei zwei Enthaltungen abgelehnt. Auch der Antrag von Vorstand und Beirat, den Jahresmitgliedsbeitrag für 2001 auf 665 Euro, für 2002 auf 715 Euro und für 2003 auf 765 Euro festzulegen, wurde mit 32 Ja-Stimmen, 32 Nein-Stimmen und drei Enthaltungen abgelehnt. Der Antrag, den Jahresbeitrag für ordentliche Mitglieder ab dem Jahre 2001 auf zunächst 665 Euro festzulegen, wurde bei neun Nein-Stimmen und vier Enthaltungen angenommen.

Nach dem Vortrag von Schatzmeister Elmar Berges zum Haushaltsvoranschlag 2001 wurde dieser Ansatz einstimmig angenommen. Dr.Claus Breuer machte unter "Verschiedenes" darauf aufmerksam, dass die deutsche Fußballmeisterschaft der Apothekerverbände in diesem Jahr am 3.Juni in Leverkusen stattfinden werde. Mit Dank an die Anwesenden schloss Thomas Preis die Sitzung.

Thomas Preis, Vorsitzender Doris Schönwald, Schriftführerin

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