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Mikro- und Nanochips zur DNA-Diagnostik

Im Rahmen des pharmazeutisch-lebensmittelchemischen Kolloquiums am 18. Februar 2000 an der Universität Münster stellte Professor Baba von der Universität Tokushima in Japan Untersuchungen zur Entwicklung von miniaturisierten Verfahren zur Analytik von DNA auf Mikrochips vor und konnte dabei die enorme Trennleistung dieser auf Kapillargelelektrophorese basierenden Systeme zeigen.

Das menschliche Genom besteht aus etwa 3 x 109 Basenpaaren, die für etwa 100000 Gene kodieren. Arbeitsgruppen in den USA hoffen, durch den Einsatz immer schnellerer Verfahren spätestens im Jahr 2001 das komplette menschliche Genom sequenziert zu haben.

Sequenzierung

Zur Trennung der DNA-Fragmente verwendet man die Kapillargelelektrophorese, bei der beschichtete Glaskapillaren mit einem Innendurchmesser von etwa 50 mm zum Einsatz kommen, die mit einem Gel aus Polyacrylamid oder Cellulosederivaten gefüllt sind. Durch Einsatz der Multikapillartechnik kann der Probendurchsatz enorm erhöht werden. Kommerziell erhältlich sind Analysengeräte von Perkin Elmer mit 96 Kapillaren, die hundertfach im Human Genome Project eingesetzt werden. Ein anderes Gerät mit 384 Kapillaren wurde von Prof. Yeung an der Iowa State University entwickelt, und Dovichi und Mitarbeiter in Kanada arbeiten zur Zeit an einem Gerät mit 576 Kapillaren.

Pharmakogenomische Marker

Deutlich aufwendiger als die Ermittlung der Sequenz von Genen ist die Identifizierung ihrer Funktionen. Ziel des Human Genome Project ist es auch, neue Zielstrukturen für die Pharmakotherapie zu finden. Außerdem werden Patienten in Zukunft stärker auf so genannte pharmakogenomische Marker (z.B. Cytochrom P450 2D6, Thymidilat-Synthetase) untersucht werden, die für die Wirkung oder Metabolisierung eines Arzneistoffs entscheidend sind. Hierfür sind schnelle Verfahren zur Identifizierung von Genen erforderlich, die mit geringem apparativem Aufwand in jedem Routinelabor durchgeführt werden können.

Integrierter Chip

Baba berichtete über Arbeiten zur Entwicklung eines integrierten Mikrochips zur Identifizierung von Genen. Alle notwendigen Schritte, d.h. Lyse der Zellen im Blut, PCR-Amplifikation, Trennung der PCR-Produkte und Detektion, sollen auf dem Mikro- oder Nanochip stattfinden.

Zur Zeit haben die Kunststoffchips eine Größe von etwa 2 x 5 cm, die Entwicklung geht aber weiter zu deutlich kleineren Strukturen. Zur Herstellung der Chips aus Polymethylmetacrylat wird das Verfahren der Lithographie-Galvanoformung-Abformung (LIGA) verwendet. Der Chip hat eine Reaktionskammer mit etwa 80 Nanolitern Inhalt sowie 8 oder 16 Kanäle mit 20 mm Durchmesser, in der die Trennung der DNA durch Kapillargelelektrophorese durchgeführt wird.

Mikroskopiertechniken

Detaillierte Untersuchungen wurden zum Trennmechanismus durchgeführt. Dabei wird die konfokale Mikroskopie eingesetzt, bei der einzelne DNA-Moleküle während der Trennung im elektrischen Feld beobachtet werden. So kann man erkennen, dass bei Einsatz eines dreiprozentigen Polyacrylamidgels die Moleküle in einer U-Form vorliegen, während bei Einsatz höher konzentrierter Gele die Moleküle eine langgestreckte Form annehmen.

Eine weitere Methode, Einblick in den Trenn- und Detektionsmechanismus zu bekommen, ist die "Atomic Force"-Mikroskopie, bei der insbesondere die Fluoreszenzmarkierung der DNA-Stränge untersucht werden kann. Einzelne DNA-Stränge können dargestellt werden, und man erkennt, wie und in welcher Menge sich die Moleküle des Fluoreszenzfarbstoffs in die DNA einlagern.

Anwendungstest

Die praktische Anwendbarkeit der Chips wurde anhand der Identifizierung einer Erbkrankheit gezeigt, bei der Veränderungen in der Nukleotidsequenz zu finden sind und die sich bei Patienten in neuromuskulären Störungen äußert. Dabei werden die Genfragmente nach Amplifikation auf dem Chip in einem Methylcellulose/Glycerol-Gel in 12 Sekunden auf einer Strecke von nur 7 mm getrennt. Gegenüber einem konventionellen Kapillargelelektrophorese-Instrument ist die Trennung damit achtzehnmal schneller. Die Detektion erfolgt auch hier nach Derivatisierung der DNA durch Fluoreszenzdetektion.

Genotypisierung in Sekunden?

Baba konnte in seinem Vortrag zeigen, dass auf dem Feld der DNA-Analytik auf miniaturisierten Systemen in letzter Zeit enorme Fortschritte gemacht worden sind. Aufgrund des großen Interesses in der Klinik, z.B. an der schnellen Genotypisierung von Patienten, und dem großen personellen und finanziellen Aufwand, mit dem zur Zeit auf diesem Gebiet gearbeitet wird, sind hier auch in Zukunft enorme Verbesserungen in Bezug auf Analysenzeit, Empfindlichkeit und Einfachheit in der Bedienung zu erwarten. In wenigen Jahren schon könnte durch Anwendung der Chiptechnologie die Geno- und Phänotypisierung der Patienten am Krankenbett in wenigen Sekunden möglich sein. Mit diesem Wissen kann dann die Pharmakotherapie individualisiert werden, was letztlich eine höhere Sicherheit und Verträglichkeit der Therapie für den Patienten bedeutet.

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