Arzneimittel und Therapie

Antiemese: zytostatika-induziertes Erbrechen verhindern

Lautet die Diagnose "Krebs", bedeutet dies für den Patienten oft Operation oder/und Strahlen- bzw. Chemotherapie. Nicht vergessen werden darf der dritte Pfeiler der Krebsbehandlung: die supportive Therapie. Denn die Qualität des "supportive care" bestimmt ganz wesentlich die Lebensqualität des Patienten. Dazu gehört auch ein adäquater Schutz vor Zytostatika-induziertem Erbrechen.

Ziel der zytostatischen Krebstherapie ist es, den Primärtumor, möglicherweise auch Metastasen zu eliminieren und den Patienten zu heilen oder zumindest sein Leben zu verlängern. Die supportive Therapie dagegen soll dem Krebspatienten das Leben so lebenswert wie möglich machen. Sie gilt inzwischen als mindestens eben so wichtig wie die tumorspezifische Behandlung. Dennoch gibt es gerade in diesem Bereich ausgeprägte Defizite.

Vieles liegt im Argen bei der adäquaten Schmerztherapie, der häufig notwendigen Ernährungstherapie, der Behandlung von Knochenmetastasen, aber auch bei der noch äußerst mangelhaften psychosozialen Betreuung von Krebspatienten. Als mangelhaft muss auch die antiemetische Therapie bewertet werden, die Patienten bei einer Chemooder Strahlentherapie erhalten. Trotz der durchaus vorhandenen medikamentösen Möglichkeiten werden noch immer zu wenig Patienten adäquat vor Übelkeit und Erbrechen geschützt.

Prophylaxe geht vor Therapie

Der Grundsatz in der Antiemese-Therapie muss lauten: Vorbeugen ist besser als behandeln. Das Risiko zu erbrechen muss von vornherein möglichst minimiert werden. Dabei geht es nicht nur darum, akutes Erbrechen zu verhindern. Viele Patienten erbrechen verzögert; bis zu fünf Tage nach der Therapie kann schwerstes Erbrechen auftreten. Ideal ist die Gabe eines Antiemetikums bereits vor der Chemotherapie sowie danach über mehrere Tage zur Prophylaxe der "verzögerten Emesis". Nur so lässt sich auch die Entwicklung eines "antizipatorischen Erbrechens" sicher verhindern. Patienten mit "Brecherfahrung" übergeben sich vor der nächsten Chemotherapie oft schon auf dem Weg zur Klinik oder wenn sie den Klinikgeruch nur wahrnehmen. Das mindert nicht nur die Lebensqualität, sondern erschwert auch die tumorspezifische Therapie beachtlich.

Dopaminantagonisten – Dexamethason – 5-HT3-Antagonisten

Das antiemetische Armentarium ist beträchtlich und lässt sich indikationsgerecht einsetzen. Dopaminantagonisten wie Metoclopramid oder Domperidon sind gut wirksam und kostengünstig, wegen ihrer zentralen Nebenwirkungen allerdings nicht unproblematisch. Hervorragend antiemetisch wirksam sind Corticosteroide. Sie gelten als unproblematisch, wenn die Chemotherapie, und damit auch die Antiemese, in längeren Abständen durchgeführt wird. Bei einer intensiven Chemotherapie kann ihr Einsatz jedoch kritisch sein. Den entscheidenden Durchbruch in der antiemetischen Therapie brachten die spezifisch wirksamen 5-HT3-Antagonisten. Ondansetron und andere Vertreter dieser Stoffklasse gelten als äquieffektiv. Wie die zur Verfügung stehenden Antiemetika einzusetzen sind, lässt sich anhand eines Stufenschemas bestimmen, das sich an der Emetogenität der eingesetzten Zytostatika orientiert. Dabei gilt: je höher das emetogene Potenzial der Zytostatika, desto stärker sollte die antiemetogene Therapie sein (siehe Kasten).

Ondansetron als linguale Schmelztablette

Für Patienten, denen die orale Einnahme einer Tablette Probleme bereitet, steht für die antiemetische Therapie seit kurzem der 5-HT3-Antagonist Ondansetron (Zofran®) als Zydis® Lingual Schmelztablette zur Verfügung. Geeignet ist sie insbesondere für Patienten mit einer mechanischen Stenose im Bereich von Hals, Mundhöhle und Ösophagus bei entsprechend lokalisierten Tumoren.

Aber auch Schleimhautläsionen, induziert durch die Zytostatikatherapie selbst, können das Schlucken deutlich erschweren. Oft haben Patienten, denen trotz antiemetischer Therapie übel ist, eine generelle Abneigung gegen Tabletten. Auch sie profitieren von der nach Erdbeeren schmeckenden Schmelztablette. Sie wird unter die Zunge gelegt und löst sich innerhalb einer Sekunden auf. Wasser ist für die Einnahme nicht erforderlich.

Die gute antiemetische Wirkung wird durch die leicht applizierbare Formulierung nicht beeinträchtigt. So zeigte ein Vergleich der Serumspiegel nach Einnahme von Ondansetron Tablette und Ondansetron Lingual Schmelztablette die Bioäquivalenz der beiden Formulierungen. Auch klinische Vergleichsstudien an über 300 Patienten bestätigten die Äquieffektvität.

Antiemetikum je nach Zytostatikum

  • Hochemetogen: hohe Dosen von Cisplatin, DTIC und Cyclophosphamid.
  • Mäßig emetogen: Endoxan, Carboplatin, Oxaliplatin, Anthracycline, Ifosfamid, Etoposid, Irinotecan
  • Gering emetogen: Taxane, Etoposid, 5-Fluorouracil, Doxoruvicin, Mitomycin, Gemcitabin
  • Kaum emetogen: Bleomycin, Vinca-Alkaloide
  • Wirkungsstärke antiemetogener Therapieregimes

    1. 5-HT3-Antagonist plus Dexamethason 2. 5-HT3-Antagonist 3. Dopaminantagonist plus Dexamethason 4. Dexamethason 5. Dopaminantagonist (von oben nach unten in abnehmender Reihenfolge)

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