Rechtsprechung aktuell

Bundesgerichtshof: Werbung für Naturheilmittel

Die Werbung für ein Naturheilmittel mit dem Hinweis, dieses Mittel sei seit Jahrhunderten zur Behandlung bestimmter Beschwerden bekannt und bewährt, kann zulässig sein. Dies hat der Bundesgerichtshof höchstrichterlich entschieden.

Der Beklagte, ein pharmazeutisches Unternehmen, warb in Anzeigen für ein von ihm hergestelltes Präparat unter anderem mit folgendem Satz: "Dieses Naturheilmittel ist seit Jahrhunderten zur Behandlung von Menstruationsbeschwerden bekannt und bewährt". Gegen diese Werbung wandte sich der Kläger, welcher als Verband zur Förderung gewerblicher Interessen satzungsgemäß Verstöße gegen das Wettbewerbsrecht verfolgt.

Der Beklagte hielt die gegen ihn erhobene Klage unter Berufung auf § 13 Abs. 5 UWG für unzulässig, weil der Kläger ein rechtsmißbräuchliches Verhalten an den Tag gelegt habe. Gemäß § 13 Abs. 5 UWG kann ein Anspruch auf Unterlassung nicht geltend gemacht werden, wenn die Geltendmachung unter Berücksichtigung der gesamten Umstände mißbräuchlich ist, insbesondere wenn sie vorwiegend dazu dient, gegen den Zuwiderhandelnden einen Anspruch auf Ersatz von Aufwendungen oder Kosten der Rechtsverfolgung entstehen zu lassen. Mitglieder des Klägers - so der Beklagte - hätten vergleichbare Wettbewerbsverstöße begangen, welche der Kläger nicht beanstandet habe. Der Bundesgerichtshof hielt die Klage jedoch gleichwohl für zulässig. Der Einwand der unzulässigen Rechtsausübung sei schon deshalb nicht durchgreifend, weil im Streitfall Interessen der Allgemeinheit berührt würden.
In der Sache wies der Bundesgerichtshof die Klage jedoch ab, da § 11 Nr. 2 Heilmittelwerbegesetz nicht verletzt sei. Nach dieser Vorschrift darf ein Arzneimittel etc. außerhalb der Fachkreise nicht beworben werden mit Angaben, wie das Arzneimittel u.a. sei ärztlich empfohlen oder geprüft oder werde ärztlich angewendet. Zwar sei ein Verstoß gegen § 11 Nr. 2 HWG auch dann in Betracht zu ziehen, wenn nicht ausdrücklich auf eine ärztliche Anwendung hingewiesen werde. Es käme auch nicht darauf an, daß gerade die Formulierung ≥Anwendung" oder ≥anwenden" gewählt würde. Ähnliche Formulierungen und sinngemäße Umschreibungen könnten genügen. Nach der Beurteilung des Bundesgerichtshofs scheidet ein Verstoß gegen § 11 Nr. 2 HWG jedoch deshalb aus, weil die angesprochenen Verkehrskreise die beanstandete Werbeaussage nicht dahingehend verstünden, das Mittel werde seit Jahrhunderten in der ärztlichen Praxis angewendet. Insoweit sei nämlich zu berücksichtigen, daß es sich bei Menstruationsbeschwerden, soweit sie in dem gesamten Artikel angesprochen würden, regelmäßig nicht um Krankheiten oder jedenfalls krankhafte Erscheinungen handle, sondern um eine natürliche Beeinträchtigung der Befindlichkeit. Angesichts der relativen Geringfügigkeit der Beeinträchtigung, von der Frauen naturgemäß betroffen seien, erscheine die Annahme der Erforderlichkeit einer ärztlichen Behandlung eher fernliegend. Verstärkt werde dieser Eindruck dadurch, daß in dem Werbespruch ausdrücklich angegeben sei, das Heilmittel sei seit Jahrhunderten zur Behandlung von Menstruationsbeschwerden bekannt und bewährt. Der darin liegende Hinweis auf die Verwendung des Mittels schon zu Zeiten, in denen es eine Medizinwissenschaft und eine Ärzteschaft im heute geläufigen und in § 11 Nr. 2 HWG angesprochenen Sinne überhaupt noch nicht gegeben habe, spreche dagegen, daß die Werbung auf eine ärztliche Anwendung bezug nehme. Bei der Werbung handle es sich vielmehr ausschließlich um einen zulässigen Hinweis auf die seit Jahrhunderten bestehende Bekanntheit und Bewährtheit des Mittels in Kreisen der Betroffenen.

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