„Wir sehen rot“

Overwiening: „Wut ersetzt keine Strategie“

Berlin - 19.04.2024, 13:00 Uhr

Will mit den „schärfsten Maßnahmen“ noch warten: ABDA-Präsidentin Gabriele Regina Overwiening. (Foto: ABDA)

Will mit den „schärfsten Maßnahmen“ noch warten: ABDA-Präsidentin Gabriele Regina Overwiening. (Foto: ABDA)


Apothekerinnen und Apotheker in roten T-Shirts, die Apotheke in rot und schwarz, abgehängtes Apotheken-A: In den vergangenen Tagen hatte es Unmut über die neueste Protestkampagne der ABDA gegeben. Präsidentin Gabriele Regina Overwiening wandte sich an diesem Freitag an die Apothekerschaft, erläuterte die Hintergründe und rief erneut zur Geschlossenheit auf.

Am kommenden Montag startet die neue Kampagne der ABDA. „Gesundheit sichern. Die Apotheke“, so der Name. Einer der sogenannten Claims lautet: „Wir sehen rot“. Apothekenteams können sich dann rot kleiden und in der Offizin Plakate aufhängen. Das Ziel sei, stets mit den Patientinnen und Patienten ins Gespräch zu kommen, erläuterte ABDA-Präsidentin Gabriele Regina Overwiening Anfang der Woche bei der Vorstellung.

Offensichtlich sind aber noch viele Fragen offengeblieben. In den sozialen Medien hatte es Kritik und Unverständnis für die zahnlos anmutende neue Kampagne gegeben. Overwiening wendete sich an diesem Freitag in einem im ABDA-Newsroom veröffentlichten Video an die Apothekerschaft, um die Gründe für den Protest zu erklären.

Warten auf den Referentenentwurf?

Die ABDA-Chefin erinnerte daran, dass von Beginn an kommuniziert wurde, dass die Kampagne sich an den Inhalten und dem Zeitplan des Gesetzgebungsverfahrens für die von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) geplante Apothekenreform orientieren werde. Zum jetzigen Zeitpunkt, wo noch kein Referentenentwurf vorliegt, mache es keinen Sinn, „schärfste Maßnahmen“ zu ergreifen. Wut ersetze keine Strategie. Man werde im Gesetzgebungsverfahren noch in Phasen kommen, wo man „deutlich vehementer auf die Schieflage der Apotheke hinweisen“ müsse.

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Derzeit würden die großen Arzneimittel-Versenderkonzerne auf allen Fernsehkanälen um die Patientinnen und Patienten „buhlen“. „Wir werden in dieser Phase nicht schließen und der Bevölkerung signalisieren, dass es Alternativen zu uns gebe.“ Ganz im Gegenteil, so Overwiening. In den kommenden Wochen werde man mit einer neuen Kampagne zeigen, dass das E-Rezept in die Apotheke vor Ort gehöre. „Nur dann sind Patientinnen und Patienten sicher versorgt.“

Wissenschaftliche Unterstützung

Eingebettet in die gegenwärtige Kampagne sei auch das in der kommenden Woche stattfindende DAV-Wirtschaftsforum. Auf diesem werden der frühere Richter am Bundesverfassungsgericht Professor Udo Di Fabio und der Gießener Volkswirt Professor Georg Götz Gutachten vorstellen, „um die Bevölkerung wissenschaftlich verbürgt über die Situation der Apotheken aufzuklären“.

Bevölkerung „schonungslos“ informieren

Sobald man den Referentenentwurf kenne – und sollte dieser nicht zur Stabilisierung der Apotheken beitragen – werde man mit „schärfsten Maßnahmen“ protestieren. Man könne aber nicht weiter warten und müsse wegen der „prekären Lage in unseren Apotheken“ schon jetzt die Bevölkerung „schonungslos“ informieren.

Damit die Aktionen nun erfolgreich sind, brauche es „unbedingte Geschlossenheit“. Diese sei mit den täglichen persönlichen Kontakten mit Patientinnen und Patienten „das wichtigste Instrument in der politischen Auseinandersetzung“.


Matthias Köhler, Redakteur DAZ.online
redaktion@daz.online


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6 Kommentare

Warten auf den Entwurf.

von Kleiner Apotheker am 22.04.2024 um 11:50 Uhr

Mit Postkarten, Gesprächen und T-shirts kommen wir nicht weiter. Das ist es nicht wert in die Presse zu kommen, da kommt nichts dabei raus.

Die "schärfsten Maßnahmen" bitte jetzt umsetzen.

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Protest in Thüringen

von Wolfgang Steffan am 22.04.2024 um 11:01 Uhr

Diesen Kommentaren der Kollegen ist eigentlich nichts mehr
hinzuzufügen ! Dieser ganze Millionen verschlingende ABDA-Apparat gehört abgeschafft oder von Grund auf renoviert .Und diese Herrschaften wollen noch mehr Millionen um den Wasserkopf zu vergrößern.Eine Frechheit ! Man erinnere sich : Der ABDA haben wir den RX.Versand,
den Präqualiquatsch und vielen anderen Unfug zu verdanken. Welche Interessen vertreten eigentlich ABDA und die LAV´s ?
Anfangs hatte ich große Hoffnungen in Frau Overwiening gesetzt- aber wie will sie jetzt diesen Kuschelkurs , Strategie genannt ,der Obrigkeit gegenüber den Zwangs-Kammermitgliedern
rechtfertigen ? Hat da innerhalb der ABDA eine Gehirnwäsche stattgefunden ? Diese "Strategie" der ABDA
erleben wir seit 40 Jahren- und seit 40 Jahren geht es mit
unseren Einkommen bergab !
Hoch lebe die "freie Apothekerschaft" !
Wolfgang Steffan

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Strategie

von Dr. Dr. Thomas Richter am 20.04.2024 um 11:58 Uhr

Liebe Frau Präsidentin der ABDA!

Doch Wut kann Strategien nach sich ziehen. Hätten die Bürger 1789 nicht vor Wut die Bastille gestürmt, hätte die franzöische Revolution mit ihren vielen Errungenschaften nicht stattgefunden. Das Beispiel mag hochgegriffen sein. Aber eine Portion Emotion braucht man, um etwas durchzusetzen. Ich spreche von "Wut", nicht von "Hass". Das ist eine andere Kategorie. Die lieben braven Apotheker (m/w/d) werden ja im Studium schon zum Gehorsam gedrillt, sprich Analysen, Kolloquien und Klausuren mit hoher Durchfallquote. Nach der Approbation übernimmt die ABDA in Verbindung mit Körperschaften des öffentlichen Rechtes und Verwaltungsorganen diesen Part der Erziehung. Im wilhelminischen Kaisserreich gab es den Typus des "Untertanen", der sich ebenfalls in blinder Loyalität von den Obrigkeiten führen lässt. Ihr anschmiegsamer Kurs ist zum Scheitern verurteilt und die Schlachten gegen Karl Lauterbach sind bereits verloren. "Die ABDA in ihrem Lauf hält weder Ochs noch Esel auf"- mögen sie ähnlich wie der alte Erich anstimmen, kurz bevor das System DDR zusammengebrochen ist. Sie mögen menschlich in Ordnung sein und eine hochkompetente engagierte Apothekerin - die Geschichte aber beherrschen sie nicht und Ihre Untergebeben in Berlin schon zehn Mal nicht. Schade! Und so "schlafwandelen" wir alle in eine andere Apothekenstruktur. Auch dafür gibt es historische Beispiele. Die "Historia" als "Magistra" wird von Ihnen einfach nicht akzeptiert.

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Frau Overwiening - bitte treten Sie zurück

von Michael Müller am 19.04.2024 um 16:02 Uhr

Ich stelle einmal eine bescheidene Frage: was hat die ABDA mit ihrer bisherigen Strategie der leisen Töne denn erreicht? Man sollte sich langsam einmal klar darüber werden, dass die Unterstützung von Seiten der Apothekerschaft mehr als bröckelt. Anstatt mit klaren Forderungen und auch einer klaren Eskalationsstrategie aufzutreten, die im Zweifelsfall bis zur Einschränkung des Nacht- und Notdienstes und weiterer Leistungen wie Rezepturen geht, werden pDL beworben, die bei angespannter Personalsituation eh kaum zu erbringen sind.

Es wird definitiv Zeit für neue Köpfe an der Spitze der ABDA.

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AW: Frau Overwiening - bitte treten Sie zur

von Gerhard Zibulak am 22.04.2024 um 9:52 Uhr

Dem kann ich nur zustimmen.
Wir werden seit Jahren vertröstet und zum Durchhalten aufgerufen. Wie vergangene Woche wieder mal von der Kammerpräsidentin Hessen. Die ABDA prallt seit zwei Jahrzehnten von der Gesundheitspolitik und den Fachministern ab. Zwei Jahrzehnte Nichtbeachtung versucht man nun mit roten Trikots zu durchbrechen...da kommen Herrn Dr. Lauterbach sicherlich die Tränen...vor Lachen!
Fangt endlich mit Aktionen an, die weh tun! Natürlich den Kunden. Wem sonst? Die GdL interessiert sich auch nicht für die Fahrgäste. Und wir würden es ja sogar für unsere Kunden machen. Bei uns gehts um die Existenz. Bei der GdL nur um mehr Kohle.
Wie wäre es mit einem vierwöchigen Rezepturstreik gefolgt von einen Notdienststreik bis sich Herr Lauterbach bewegt? Ob legal oder illegal ist letztendlich sch...egal. Alles besser als eine Insolvenz.
Liebe ABDA. Hört endlich auf mit Wattebällchen zu werfen!

Für wie blöd hält man uns eigentlich?

von Dr. House am 19.04.2024 um 14:05 Uhr

Frau O. Sie sind sehr mutig - nicht was wirksame Maßnahmen angeht, sondern mutig das Wort Strategie überhaupt in den Mund zu nehmen. Der immer rasantere Verfall der inhabergeführten öffentlichen Apotheke lässt das ganze eher wie einen Unfall aussehen und deutet auf völlige Ignoranz und Wolkenkukuksheime der zuständigen Lobbyorganisation hin.
Aber der Höhepunkt meiner - ja meiner Wut, denn es geht nicht nur um meine unmittelbare Existenz, sondern auch die der Mitarbeiter - enstammt dem Narrativ um die buhlenden Versender "man dürfe es sich ja jetzt erst recht nicht mit den Kunden verscherzen". Wie tief kann man eigentlich sinken? Wie klein und duckmäuserisch kann man werden? Mir rollen sich die Fußnägel hoch, wenn ich das lese. Card Link ging diesen Monat los. Den ganzen Winter über haben wir Däumchen gedreht und das ganze BEWUSST und so von der ABDA gewollt. Wir hätten die Versorung zum Erliegen bringen müssen, um die Versorung - so wie wir sie verstehen - zu retten. Für mich ist klar: Die ABDA ist unser Gegner und auch Gegner unserer Patienten. Die ABDA will einen möglichst reibungslosen Übergang zu Ketten und Versendern. Wenn es eine Strategie gibt, dann diese!

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