Praxisnachfolge in Freiberg am Neckar

Apotheker sucht Facharzt

16.02.2024, 16:45 Uhr

Apotheker Jan Siegel sucht einen Arzt für die Praxis über seiner Apotheke. (Foto: Privat)

Apotheker Jan Siegel sucht einen Arzt für die Praxis über seiner Apotheke. (Foto: Privat)


Nicht nur für Apotheken ist es schwer, Nachfolger zu finden - auch bei Arztpraxen ist das schon lange kein Selbstläufer mehr. So beispielsweise auch in Freiberg am Neckar, wo Apotheker Jan Siegel einen Nachfolger für die Praxis über seiner Apotheke sucht. Dass es keinen freien Arztsitz gibt, erschwert das Unterfangen einer Praxisnachfolge zusätzlich. 

Freibergs Apotheker Jan Siegel sucht einen Arzt. Nicht für sich persönlich, sondern für die im Juni 2024 freiwerdende, 180 m²-große Arztpraxis am Marktplatz 10. Aktuell praktiziert im dritten Obergeschoss noch Dr. Bhabani Rana. Doch der Neurochirurg mit Schwerpunkt Schmerztherapie ist über 80 Jahre alt und geht im Sommer in Ruhestand. Unten im Erdgeschoss betreibt Siegel die Palmsche Apotheke. Die hat der 32-jährige Pharmazeut vor drei Jahren übernommen. Anfang 2023 kaufte Siegel zudem die Schiller-Apotheke in Marbach – als Niederlassung.

Das Gebäude ‚Marktplatz 10‘ liegt direkt neben dem Rathaus. Die Immobilie aus den 1970-er Jahren ist ortskernstiftend und hat den Charakter eines Ärztehauses. Zumal eine Hausarztpraxis ebenso dort beheimatet ist, wie zwei Kinderärztinnen. Ferner sind drei Zahnärzte im Gebäude untergebracht. Unweit findet sich noch ein Augenarzt. Mit dem Ende der Praxis Rana entsteht nun eine Lücke. Die würde Siegel am liebsten mit einem Facharzt schließen. Das erfahren auch die beiden Lokalzeitungen und berichten über die Suche des Apothekers.

Unterstützung vom Vermieter

Unterstützt wird der umtriebige Unternehmer in seinem Vorhaben, einen passenden Nachbarn zu finden, von der Schorndorfer Palm KG. Die Immobilienfirma gründet auf das Wirken des Apotheker-Ehepaars Palm, das aus Schorndorf östlich von Stuttgart stammt, und das als Namensgeber der Palmschen Apotheke fungiert. Die Palms eröffneten seinerzeit die Freiberger Apotheker im Kreis Ludwigsburg, nördlich der schwäbischen Landeshauptstadt. Für die Immobilienfirma spricht die Geschäftsführerin Monika Seckler-Fleischer. Sie sagt: „Wir suchen nach Fachärzten, wie Dermatologen, Diabetologen, Kardiologen oder einen Hals-Nasen-Ohrenarzt.“ Wegen der gesetzlich geschützten Unabhängigkeit der Heilberufe achte sie die freiberufliche Praxis- und Apothekenbetriebsführung unbedingt. Synergien seien zwar wünschenswert, „der Einfluss der Vermieterin ist jedoch strikt beschränkt auf die ortsüblichen Konditionen eines Gewerbemietvertrages“, so Seckler-Fleischer.

Die Crux: Weil alle Arztsitze im Landkreis Ludwigsburg belegt sind, kommt eine Neuansiedlung nicht in Frage. Ergo müsste ein Mediziner seinen Standort wechseln – was als unwahrscheinlich gilt. Oder eine Fachärztin müsste eine Niederlassung eröffnen. „Kommunen wie Brackenheim bei Heilbronn bezahlen dafür bereits Niederlassungsprämien“, weiß Siegel. Dort erhält der Arzt eine Startprämie von 50.000 Euro. Indessen ist der Standort Freiberg aus Arztsicht, mit den Nachbarkommunen Benningen, Pleidelsheim und Ingersheim, attraktiv, weil in Summe mehr als 30.000 Menschen zum Versorgungsgebiet zählen.

Je mehr verschreibende Ärzt:innen im Haus der Apotheke residieren, umso besser für die Pharmazeuten. Denn bis zu 80 Prozent der Rezepte werden in der nächstliegenden Apotheke eingelöst. „Doch das ist nicht der einzige Grund für mein Engagement“, wie Siegel sagt. Käme eine Fachärztin etwa aus Ludwigsburg nach Freiberg oder würde ein Kollege eine Niederlassung eröffnen, hätte die 16.000 Einwohner zählende Kommune einen Standortvorteil.

Selbst im Speckgürtel bleiben Arztpraxen unbesetzt

Denn selbst im Speckgürtel von Stuttgart bleiben Arztpraxen unbesetzt, bzw. finden Ärzt:innen keine Nachfolger. Die Erfahrung zeigt aber: fehlt am Ort der Arzt, schrumpft das gesundheitliche Angebot, weil Physiotherapeutinnen, Orthopädiegeschäfte und schließlich Apotheken ebenfalls dicht machen. Sie alle sind abhängig von den Rezepten der Mediziner. Dem will Siegel vorbeugen. Er weiß, dass allein im vorigen Jahr bundesweit 500 Apotheken aufgegeben haben. Das entspricht einer Quote von rund drei Prozent. Geht das so weiter, ist binnen zehn Jahren ein Drittel aller Apotheken verschwunden, rechnet Siegel vor.


Michael Sudahl, Autor DAZ.online
redaktion@daz.online


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