Phase-III-Studie zur Butantan-Vakzine

Mit einem Piks Dengue-Fieber vorbeugen

15.02.2024, 13:45 Uhr

Immunschutz durch nur einen Piks? – das könnte künftig möglich werden. Die bisher zugelassenen Dengue-Impfstoffe müssen zwei- bzw. dreimal geimpft werden. (Foto: terovesalainen / AdobeStock)

Immunschutz durch nur einen Piks? – das könnte künftig möglich werden. Die bisher zugelassenen Dengue-Impfstoffe müssen zwei- bzw. dreimal geimpft werden. (Foto: terovesalainen / AdobeStock)


Bislang gibt es bereits zwei zugelassene Impfstoffe zur Prävention von Dengue-Fieber, dennoch wird an weiteren Vakzinen geforscht. So wurden Anfang Februar 2024 vielversprechende Ergebnisse einer Phase-III-Studie zu einem Impfstoffkandidaten publiziert, der von Wissenschaftlern des Butantan-Instituts in Brasilien entwickelt wurde. 

Weltweit betrachtet ist das Dengue-Fieber die häufigste durch Stechmücken übertragene virale Erkrankung. Brasilien ist aktuell von einem Dengue-Ausbruch betroffen, Anfang Februar 2024 wurde in Rio de Janeiro der Gesundheitsnotstand ausgerufen. Als Folge der Klimaänderung hat sich die epidemiologische Situation in den letzten Jahren insbesondere auch in Süd- und Südostasien dramatisch verschlechtert. Kürzlich berichtete das Gesundheitsministerium von Bangladesch, dass das Land von einer  Dengue-Epidemie heimgesucht wird, die in ihrer Dimension bislang ohne Präzedenz ist: In 2023 verfünffachte sich die Zahl schwerer Erkrankungen im Vergleich zum Vorjahr auf rund 322.000 Fälle. Die Zahl der Todesfälle stieg auf 1705, sechsmal mehr als 2023. 

Bislang sind alle Versuche gescheitert, die Überträgermücken Aedes aegyptii und Aedes albopictus nachhaltig zu dezimieren, um damit die Übertragung des Dengue-Virus zu verhindern. Experten sind sich einig, dass die Häufigkeit von Dengue-Fieber auf nationaler oder kontinentaler Ebene nur mithilfe einer hocheffektiven Vakzine gesenkt werden kann. Ergebnisse einer Phase-III-Studie mit einer neu entwickelten Dengue-Vakzine in Brasilien, die im „New England Journal of Medine“ publiziert wurde [1], deuten darauf hin, dass dies grundsätzlich möglich ist. 

Studie mit über 16.000 Probanden

Forscher des Butantan-Instituts in Rio de Janeiro (seit mehr als 100 Jahren der weltweit führende Hersteller von Immunseren zur Behandlung von Schlangen- und Giftspinnenbissen)  haben einen tetravalenten Impfstoff entwickelt, der in einer Einzeldosis  appliziert wird. Bisher entwickelte Vakzinen müssen drei- bzw. zweimal appliziert werden (Dengvaxia® von Sanofi Pasteur bzw. Qdenga® von Takeda). Der Butantan-Impfstoff enthält lebende, attenuierte Viren der vier Virusvarianten, die das Dengue-Fieber verursachen, und entspricht in der Zusammensetzung der Empfehlung der National Institutes of Health der USA. 

Die Vakzine wurde in einer randomisierten, placebokontrollierten, doppelblinden Studie mit 16.235 Probanden getestet. Die geimpften Personen wurden über zwei Jahre nachverfolgt. Der primäre Endpunkt war ein klinisch nachgewiesenes und mittels PCR bestätigtes Dengue-Fieber nach mehr als 28 Tagen nach Impfung. Die Schutzrate betrug 73,6% für Personen, die noch nie mit Dengue-Viren in Kontakt gekommen waren (basierend auf der Abwesenheit von neutralisierenden Antikörpern im Blut). Sie lag bei 89,2%, wenn bei den geimpften Personen Antikörper vorhanden waren oder anamnestisch ein durchgemachtes Dengue-Fieber wahrscheinlich war. Der Unterschied der Schutzraten war allerdings nicht statistisch signifikant. 

Hoher Schutz auch für Kinder 

Die Vakzine schützte 80,1% aller zwei bis sechs Jahre alten Kinder. In dieser Altersgruppe ist es eher unwahrscheinlich, dass die Kinder bereits mit dem Dengue-Virus Kontakt hatten. Eine Schutzrate von 90,0% wurde bei Erwachsenen zwischen 18 und 59 Jahren erzielt. Die Forscher interpretieren die hohe Schutzrate als Hinweis darauf, dass durch durchgemachte Dengue-Virusinfektionen im Laufe des Lebens ein gewisser Immunschutz auch ohne Impfung entsteht. 

Schlüsselte man das Auftreten von Dengue-Fieber nach der Impfung mit den attenuierten Dengue-Viren im Vergleich zu mit Placebo geimpften Personen auf, zeigte sich, dass während der ersten zwölf Monate nach der Immunisierung ein hundertprozentiger Schutz bestand. Eine wichtige Erkenntnis, um Reisenden in Hoch­endemiegebiete die Impfung mit der Butantan-Vakzine empfehlen zu können. 

Unerwünschte lokale oder systemische Nebenwirkungen traten in der Verum- und in der Placebogruppe in ähnlicher Häufigkeit auf. Schwere unerwünschte Nebenwirkungen wurden bei weniger als 0,1% beobachtet und waren in der Häufigkeit identisch bei den mit Placebo geimpften Personen. 

Die Forscher weisen darauf hin, dass die Studie erst einmal vorläufig aus­geweitet wurde. Die Probanden sollen für weitere zwei Jahre nachverfolgt werden. Doch schon jetzt ist klar, dass der Impfstoff auch zuverlässig kleine Kinder schützt, bei denen schwere Krankheitsverläufe häufig sind.

Literatur 

Kallás EG et al. Live, Attenuated, Tetravalent Butantan-Dengue Vaccine in Children and Adults. N Engl J Med 2024;390(5):397-408, doi: 10.1056/NEJMoa2301790 


Prof. Dr. Hermann Feldmeier


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