Kampf gegen Lieferengpässe

Die erste EU-Liste kritischer Arzneimittel steht

Berlin - 13.12.2023, 16:00 Uhr

Die EMA, die nationalen Arzneimittelbehörden und die EU-Komsission haben eine Liste kritischer Arzneimittel veröffentlicht. (Foto: European Union)

Die EMA, die nationalen Arzneimittelbehörden und die EU-Komsission haben eine Liste kritischer Arzneimittel veröffentlicht. (Foto: European Union)


Die EU-Kommission hatte bereits vor einiger Zeit eine EU-Liste kritischer Arzneimittel angekündigt. Jetzt ist sie veröffentlicht. Sie enthält mehr als 200 Wirkstoffe, die in Europa als unverzichtbar gelten. Dass ein Wirkstoff darauf zu finden ist, heißt nicht, dass er von einem Engpass bedroht ist – aber es zeigt auf, dass es entscheidend ist, hier Engpässe zu vermeiden.

Die Europäische Kommission hat gemeinsam mit der Europäischen Arzneimittel-Agentur (EMA) und den Leitern der Arzneimittelbehörden der Mitgliedstaaten die erste Unionsliste kritischer Arzneimittel veröffentlicht. Damit setzt sie um, was sie bereits im Frühjahr im Rahmen der geplanten Novellierung des EU-Arzneimittelrechts angekündigt hatte. Mit der Liste, die einen Beitrag dazu leisten soll, Arzneimittelengpässe zu beheben und damit die Versorgungssicherheit zu gewährleisten, wollte man nicht warten, bis das Pharmapaket geschnürt ist. Hier drückte man aufs Tempo. Wie es in einer Mitteilung der EU-Kommission von Dienstag heißt, ist die Liste auch „Teil der Bemühungen der EU um eine bessere Resilienz und strategische Autonomie angesichts geopolitischer und unvorhergesehener Herausforderungen“.

Doch wie kommt ein Arzneimittel beziehungsweise Wirkstoff auf die Liste? Den Status „kritisch“ vergeben die EU-Mitgliedstaaten. Ihnen ist dabei eine strikte Methodik vorgegeben, die unter Mitwirkung der wichtigsten Interessengruppen entwickelt wurde, darunter Organisationen von Patienten und Angehörigen der Gesundheitsberufe sowie Verbände der Pharmaindustrie.


„Die Veröffentlichung dieser ersten besonders wichtigen Liste unterstreicht, dass wir proaktiv Präventivmaßnahmen ergreifen und zu unserer gemeinsamen Zusage stehen, allen Bürgerinnen und Bürgern in unserer Union kontinuierlichen Zugang zu lebenswichtigen Arzneimitteln zu gewährleisten.

Margaritis Schinas, EU-Vizepräsident und Kommissar für die Förderung unserer europäischen Lebensweise, am 12. Dezember 2023


Entscheidend sind insbesondere zwei Kriterien: die Schwere der Krankheit und die Verfügbarkeit von Alternativmedikamenten. Doch es müssen weitere Kriterien hinzukommen: Zum Beispiel muss ein Arzneimittel in mindestens einem Drittel der Länder der EU beziehungsweise des Europäischen Wirtschaftsraums als kritisch gelten, um in die Liste aufgenommen zu werden.

200 unverzichtbare Wirkstoffe

Als kritisch eingestuft wird ein Arzneimittel laut Kommission, „wenn es für das Angebot einer durchgängig hochwertigen Gesundheitsversorgung und für einen hochgradigen Schutz der öffentlichen Gesundheit in Europa unverzichtbar ist“. Letztlich fanden mehr als 200 in der Humanmedizin verwendete Wirkstoffe ihren Weg auf die Liste, die in der EU und im EWR als unverzichtbar gelten.

Dabei stellt die Kommission klar: Dass ein Mittel auf dieser Liste steht, bedeute nicht, dass es in nächster Zukunft knapp werden könnte. Es sei vielmehr ein Zeichen dafür, wie entscheidend bei diesen konkreten Arzneimitteln das Vermeiden von Engpässen ist. Denn wären sie nicht verfügbar, stünden Patienten wie auch ganze Gesundheitssysteme vor ernsten Problemen.

Die Unionsliste kritischer Arzneimittel wird nun jährlich überprüft. Sie soll als Hilfsmittel dienen, um Schwachstellen in den Lieferketten zu analysieren. Auf dieser Grundlage können die Kommission und die EMA gemeinsam mit den Mitgliedstaaten (im Rahmen der hochrangigen Lenkungsgruppe für Arzneimittel) Maßnahmen zur Beseitigung dieser Schwachstellen empfehlen. Dies würde gegebenenfalls in Abstimmung mit der Anfang 2024 einzurichtenden Allianz für kritische Arzneimittel erfolgen.

Sie finden die EU-Liste kritischer Arzneimittel auf der EMA-Webseite.


Kirsten Sucker-Sket (ks), Redakteurin Hauptstadtbüro
ksucker@daz.online


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