Resolution des Apothekerverbandes Mecklenburg-Vorpommern

Appell aus der Praxis: Retaxverzicht für Umgang mit dem E-Rezept

Rostock - 01.12.2023, 09:15 Uhr

„Ein Drittel der Apotheken funktioniert im Prinzip schon nicht mehr“, sagt der Vorsitzende des Apothekerverbandes Mecklenburg-Vorpommern, Axel Pudimat. (Foto: tmb/DAZ)

„Ein Drittel der Apotheken funktioniert im Prinzip schon nicht mehr“, sagt der Vorsitzende des Apothekerverbandes Mecklenburg-Vorpommern, Axel Pudimat. (Foto: tmb/DAZ)


Beim Umgang mit immer mehr E-Rezepten lernen alle dazu. Doch Apothekenteams fürchten neben technischen Pannen auch Retaxationen, wenn noch nicht alles perfekt funktioniert. Der Apothekerverband Mecklenburg-Vorpommern fordert daher in einer Resolution, Retaxationen aufgrund von technischen oder formalen Fehlern bei E-Rezepten auszuschließen. Außerdem ging es bei der Mitgliederversammlung des Verbandes um den pragmatischen Umgang mit pharmazeutischen Dienstleistungen.

Bei der Mitgliederversammlung des Apothekerverbandes Mecklenburg-Vorpommern am Mittwoch in Rostock-Warnemünde berichtete der Verbandsvorsitzende Axel Pudimat, die Stimmung beziehungsweise die wirtschaftliche Situation in den Apotheken sei häufig miserabel. „Pläne machen? Das lassen die meisten lieber sein“, erklärte Pudimat und verwies auf Personalmangel, Lieferengpässe, noch mehr Bürokratie beim E-Rezept und die jüngsten Wirtschaftsdaten der Apotheken. Zu den erwarteten Betriebsergebnissen meinte Pudimat: „Ein Drittel der Apotheken funktioniert im Prinzip schon nicht mehr.“

Schlechteres Apothekensystem vorstellbar

Dabei seien die Apotheker „mitten im Kampf um das freiberufliche deutsche Apothekensystem“. Doch er habe den Eindruck, dass der Bundesgesundheitsminister und die Krankenkassen Einschränkungen in den Leistungen der Apotheken durchaus akzeptieren würden. „Ein schlechteres Apothekensystem ist natürlich vorstellbar, aber das ist nicht unsere Vorstellung“, erklärte Pudimat. Minister Lauterbach halte die Logistik für überbezahlt und rede von unterbezahlten pharmazeutischen Leistungen, die er stärker nutzen und besser honorieren wolle. Doch die von Lauterbach vorgeschlagenen Spar-Filialen würden das System „entprofessionalisieren“. Fachkompetenz vor Ort könne sich niemand mehr leisten. Pudimat erklärte weiter: „Die durch pharmazeutisches Personal direkt am Patienten erbrachte Logistikleistung ist auch eine pharmazeutische Leistung, aber das wird gern ausgeblendet.“ Lauterbach steuere dagegen auf ein fachfremdes Logistiksystem hin und stelle sich dazu eventuell staatlich gelenkte Beratungsstrukturen vor. Pudimat warnte, nach aller Erfahrung werde das nicht billiger, sondern für die große Mehrheit nur schlechter. Darum lohne es sich, für das bewährte System zu kämpfen, folgerte Pudimat und verwies auf den Protest vor drei Wochen in Schwerin und die Mittwochsproteste der ABDA.

E-Rezept: Resolution zur „Arbeit auf der Baustelle“

Zunehmende Probleme im Apothekenalltag sieht Pudimat auch beim E-Rezept, das in jüngster Zeit sehr viel häufiger vorkommt. Die Mitgliederversammlung beschloss daraufhin eine Resolution. Darin werden die Krankenkassen aufgefordert, Retaxationen aufgrund von formellen und technischen Fehlern bei E-Rezepten auszuschließen.

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Zum Hintergrund erläuterte Pudimat gegenüber der DAZ, bei den E-Rezepten habe man den Eindruck, „man arbeitet auf einer Baustelle“. Mit der steigenden Zahl der E-Rezepte würden immer wieder neue Fragen sichtbar. Der Zugriff dauere manchmal zu lange für den Alltag. Es sei nicht immer zu erkennen, wie viele Verordnungen für einen Patienten vorliegen. Manche würden erst später sichtbar. Wenn Arzneimittel verordnet werden, die außer Handel sind, entstünden Irritationen. Die Zahl der verordneten Packungen stehe auch mal im Dosierungsfeld. 

Offensichtlich erlernen alle Beteiligten noch den Umgang. Doch die Apothekenteams müssten sich immer fragen, ob es reicht, dass der ärztliche Wille zu erkennen ist. Wenn nicht alles ideal den Vorgaben entspricht, würden sie fürchten, retaxiert zu werden. Denn bei früheren Neuerungen hätten die Apotheken leider die Erfahrung gemacht, dass jede Unschärfe als Grund für eine Retaxation herhalten kann. Das werde bisher nicht berücksichtigt, weil solche Befürchtungen für Außenstehende vielleicht kaum nachvollziehbar seien.

Doch die Sorge, auf einer solchen „Baustelle“ alle neuen technischen Aspekte genau einhalten zu müssen, mache alles unnötig schwierig, erfordere weitere Absicherungen und belaste alle zusätzlich zu den vielen ohnehin bestehenden Problemen durch Lieferengpässe und Personalmangel. Das E-Rezept werde damit zu einem zusätzlichen Unsicherheitsfaktor, erklärte Pudimat. Mit einer Absicherung gegen Retaxationen wäre viel gewonnen. Diese forderte der Verband nun in seiner Resolution.

Dienstleistungen: besser kurz als gar nicht

Ein weiteres Thema waren die honorierten pharmazeutischen Dienstleistungen. Pudimat erklärte, es gebe dazu eine „mittelschlechte Schiedsstellenlösung“. Diese sei jetzt nicht zu ändern, aber die Apotheker hätten auch nichts zu verschenken. Deshalb sollten sie sich beim Zeitaufwand an den Honoraren orientieren, folgerte Pudimat und erklärte: „Wir sollten hier nicht das maximal Mögliche anstreben und dann gleichzeitig klagen, dass sich das nicht lohnt.“ Stattdessen sollten die Leistungen so gestaltet werden, dass sie in der bezahlten Zeit zumindest durchschnittlich zu schaffen seien. Ein kurzes Medikationsgespräch sei besser als gar keines, fasste Pudimat zusammen.

Vorstand bleibt unverändert

Ein weiterer Tagesordnungspunkt bei der Mitgliederversammlung war die turnusgemäße Wahl des Vorstandes. Alle sieben Vorstandsmitglieder stellten sich zur Wiederwahl und wurden bestätigt. Weitere Kandidaten gab es nicht.

Resolution des Apothekerverbandes Mecklenburg-Vorpommern vom 29. November 2023

„Die Mitgliederversammlung des Apothekerverbandes Mecklenburg-Vorpommern fordert die Krankenkassen bzw. ihren gemeinsamen Spitzenverband dazu auf, Retaxationen aufgrund von formalen und technischen Fehlern bei E-Rezepten rechtssicher auszuschließen.

Beanstandungen dürfen nur dann zu Absetzungen führen, wenn die von der Apotheke erbrachte Leistung beanstandet werden kann.

Formfehler dürfen kein Grund für eine Zahlungsverweigerung der Krankenkassen sein, wenn Versicherte ordnungsgemäß mit Arzneimitteln versorgt wurden.“


Dr. Thomas Müller-Bohn (tmb), Apotheker und Dipl.-Kaufmann
redaktion@daz.online


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