JAK-3-Inhibitor Ritlecitinib

EMA empfiehlt neue Behandlungsoption beim kreisrunden Haarausfall zur Zulassung

Stuttgart - 28.07.2023, 14:30 Uhr

Bei der Alopecia areata hinterlässt das ausfallende Haar runde oder ovale, kahle Stellen. (Foto: meyer_solutions /AdobeStock)

Bei der Alopecia areata hinterlässt das ausfallende Haar runde oder ovale, kahle Stellen. (Foto: meyer_solutions /AdobeStock)


Ganze 14 Arzneimittel hat der Ausschuss für Humanarzneimittel der Europäischen Arzneimittelagentur im Juli zur Zulassung empfohlen. Darunter ist auch ein Inhibitor der Januskinase 3 zur Behandlung von Patienten mit kreisrundem Haarausfall, der künftig auch Jugendlichen ab zwölf Jahren zur Verfügung stehen soll.

Alopecia areata ist eine Autoimmun­erkrankung, bei der die eigenen Haarfollikel angegriffen werden, was in der Folge zu Haarverlust führt. Da eine Spontanremission möglich ist, ist es eine Option abzuwarten und keine medikamentöse Therapie zu beginnen. Behandelt werden können Patienten mit kreisrundem Haarausfall aber auch mit Corticosteroiden oder einer Phototherapie. Bei schweren Formen des Haarausfalls sind diese Therapieoptionen meist nur begrenzt wirksam. In solchen Fällen können Januskinase-Inhibitoren eingesetzt werden. Bereits für die Behandlung schwerer Formen bei Erwachsenen zugelassen ist der Inhibitor der Januskinasen 1 und 2 Baricitinib (Olumiant®) [1,2].

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Ein weiterer Januskinase-Inhibitor wurde nun durch den Ausschuss für Humanarzneimittel (CHMP) der Europäischen Arzneimittelagentur (EMA) der Europäischen Kommission zur Zulassung empfohlen. Neben der Januskinase 3 hemmt Ritlecitinib auch Tyrosin-Kinasen der TEC-Familie selektiv und irreversibel. All diese Kinasen spielen eine Rolle im zum Haarausfall führenden Entzündungsgeschehen. Zur Anwendung kommen soll Ritlecitinib (Litfulo®, Pfizer Europe) künftig in Form von 50 mg Hartkapseln bei Erwachsenen mit schwerer Alopecia areata. Weiterhin umfasst die Zulassungsempfehlung Jugendliche ab zwölf Jahren mit schwerer Alopecia areata [3].

Untersucht worden war Ritlecitinib unter anderem mit 718 Patient:innen ab zwölf Jahren mit einem Kopfhaarverlust von mindestens 50 Prozent in der Phase-2b/3-Studie ALLEGRO. Da in dieser verschiedene Dosierschemata untersucht wurden, erhielten letztlich 130 Patient:innen die nun zur Zulassung empfohlene Dosierung von 50 mg. Nach 24 Wochen erreichten von den 124 auswertbaren Patient:innen dieser Gruppe 23 Prozent den primären Studienendpunkt: einen Wert von ≤20 auf der Severity of Alopecia Tool (SALT)-Skala. In der Placebo-Gruppe erreichten im gleichen Zeitraum nur 2 von 130 Patient:innen (2 Prozent) diesen Zielwert [4].

Risikobewertungsverfahren zu Januskinase-Inhibitoren abgeschlossen

Wenn es JAK-Inhibitoren sein müssen, Haut regelmäßig kontrollieren!

Die häufigsten unerwünschten Wirkungen von Ritlecitinib sind Diarrhö, Akne, Atemwegsinfekte, Urtikaria, Ausschlag, Entzündung der Haarfollikel und Schwindel. Darüber hinaus bergen JAK-Inhibitoren weitere Risiken – wie ein Rote-Hand-Brief im März in Erinnerung rief [5]. In der US-amerikanischen „Prescribing Information“ weist daher auch eine Warnmeldung auf die durch die Anwendung erhöhten Risiken für schwere Infektionen, kardiovaskuläre Ereignisse, maligne Erkrankungen, thrombotische Ereignisse sowie die erhöhte Gesamtsterblichkeit unter JAK-Inhibitoren hin [6]. Ein plausibler Grund, weshalb auch Ritlecitinib nur bei den schwersten Formen des kreisrunden Haarausfalls zur Zulassung empfohlen wurde.

Quellen

[1] Ouminant® 2 mg/4 mg Filmtabletten. Fachinformation der Lilly Deutschland GmbH. Stand Mai 2023

[2] Alopecia areata. Informationen von Pschyrembel. Stand April 2016. www.pschyrembel.de/Alopecia%20areata/K022X/doc/

[3] Litfulo. Summary of opinion. Mitteilung des Committee for Medicinal Products for Human Use unter der Nummer EMA/CHMP/328223/2023. Stand 20.07.2023. www.ema.europa.eu/en/medicines/human/summaries-opinion/litfulo

[4] King B et al. Efficacy and safety of ritlecitinib in adults and adolescents with alopecia areata: a randomised, double-blind, multicentre, phase 2b–3 trial. Lancet 2023;401(10387):1518-1529. doi: 10.1016/S0140-6736(23)00222-2

[5] Moll D. Wenn es JAK-Inhibitoren sein müssen, Haut regelmäßig kontrollieren! DAZ.online. 20.03.2023. www.deutsche-apotheker-zeitung.de/news/artikel/2023/03/20/wenn-es-jak-inhibitoren-sein-muessen-haut-regelmaessig-kontrollieren

[6] LitfuloTM (ritlecitinib) capsules, for oral use. US-amerikanische Prescribing Information. Pfizer. Stand Juni 2023. www.accessdata.fda.gov/drugsatfda_docs/label/2023/215830s000lbl.pdf


Gesa Gnegel, Apothekerin und Redakteurin, Deutsche Apotheker Zeitung (gg)
redaktion@daz.online


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