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Warum nur adäquat vergütete pDL nutzen

Stuttgart - 21.04.2023, 15:15 Uhr

Gesundheitsökonom Professor Uwe May befasste sich mit pDL aus gesundheitsökonomischer Sicht. (Foto: Hahn)

Gesundheitsökonom Professor Uwe May befasste sich mit pDL aus gesundheitsökonomischer Sicht. (Foto: Hahn)


Impfungen in Apotheken sind aus gesundheitsökonomischer Sicht sinnvoll. Das gilt in den Augen von Gesundheitsökonom Professor Uwe May auch für andere pharmazeutische Dienstleistungen. Allerdings können sie diesen Nutzen nur entfalten, wenn ausreichend Apotheken sie anbieten. Damit sie das tun, bedürfe es einer angemessenen Honorierung, so May in seinem Vortrag bei der INTERPHARM online.

Welchen volkswirtschaftlichen Nutzen haben pharmazeutische Dienstleistungen? Mit dieser Frage befasste sich Gesundheitsökonom Uwe May in seinem Vortrag bei der INTERPHARM-online-Veranstaltung „Apotheke und Wirtschaft“. In seinen Augen können die Impfungen in Apotheken hier als Blaupause für andere Dienstleistungen herangezogen werden. Dass Apotheken durch ihre Niedrigschwelligkeit für höhere Impfquoten sorgen, konnte auf Basis von Daten aus dem Modellprojekt in Nordrhein zur Grippeschutzimpfung wissenschaftlich bewiesen werden, so May. So gehörten die leichte Erreichbarkeit und die günstigeren Öffnungszeiten mit zu den Hauptgründen, warum sich Menschen in der Apotheke impfen ließen. 36 Prozent der erstmalig geimpften Personen hätten sich der Erhebung zufolge definitiv nicht impfen lassen, wenn die Apotheke die Grippeschutzimpfung nicht angeboten hätte.

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Und erhöhte Impfquoten sparten Geld, so der Ökonom weiter. Allerdings nicht den Krankenkassen. Die hätten durch mehr Impfungen erstmal höhere Kosten: „Für die ist es billiger, die erkrankten Menschen zu behandeln, als alle zu impfen“, erklärte May. Ersparnis für die Kassen, Institutionen, die Kassenbeiträge verwalteten, seien aber nicht das Kriterium. Es gehe um den volkswirtschaftlichen Nutzen. Und der sei immens. 

May erläuterte das am Beispiel der Pneumokokken-Impfung, die in vielen Ländern in Apotheken verabreicht wird. So könnten Apotheken für zusätzliche 1,7 Millionen gegen Pneumokokken geimpfte Personen sorgen. Das vermeide mindestens 20.487 Pneumokokken-bedingte Krankheitsfälle pro Jahr und in der Folge 75.801 Pneumokokken-bedingte Arbeitsunfähigkeitstage pro Jahr. Das erspare ca. 0,8 Millionen Euro im ambulanten Sektor, ca. 19,6 Millionen Euro im Krankenhaussektor und 9,8 Millionen Euro aus volkswirtschaftlicher Perspektive, weil die Menschen beispielsweise nicht krankgeschrieben werden.

Solidargemeinschaft soll nur zahlen, was Nutzen bringt

Diesen Nutzen könnten in Mays Augen ebenso wie Impfungen auch andere pharmazeutische Dienstleistungen (pDL) bringen. Die Entscheidung über neue solidarisch zu finanzierende pDL sei für jeden Einzelfall auf Basis von Evidenz der Nutzen- und Versorgungseffekte, gegebenenfalls möglicher Risiken sowie der Kosten-Nutzen-Relation zu treffen, so der Gesundheitsökonom.

Damit die Potenziale der pDL für Patienten und das Gesundheitssystem künftig vollumfänglich realisiert werden, sei es aber unbedingt notwendig, dass ausreichend Apotheken sie anbieten. Und das geht May zufolge nur mit entsprechenden finanziellen Anreizen, sprich einer adäquaten Vergütung.

Evidenzbasierte Dienstleistungen

May präsentierte zudem einige Beispiele für Dienstleistungen, bei denen seiner Ansicht nach ein volkswirtschaftlicher Nutzen gegeben ist – aus sozioökonomischer Sicht die notwendige Bedingung für die Finanzierung aus Mitteln der Solidargemeinschaft – und dieser Nutzen zudem die betriebswirtschaftlichen Kosten der Offizinen übersteigt. Denn nur dann sei eine anreizverträgliche Vergütung der Apotheken möglich, so May. Das sind aus seiner Sicht der Impfpasscheck, Raucherentwöhnung, Selbsttests mit Option der telemedizinischen Betreuung in Apotheken und die intensivierte pharmazeutische Betreuung zur Reduzierung von Non-Compliance. 

Der Gesundheitsökonom verwies zudem darauf, dass die einzelne Apotheke nicht nur von den Mehreinnahmen durch die (adäquat vergütete) Dienstleistung selbst profitiert, sondern es auch zusätzliche Umsatzpotenziale gebe. Zum einen dadurch, dass Stammkunden die Apotheke öfter aufsuchten und nicht nur die pDL in Anspruch nehmen, sondern Zusatzverkäufe tätigen, zum anderen durch Neukunden, die über die pDL überhaupt erst den Weg in die Apotheke gefunden haben. 

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Zurück in Präsenz sind der Pharmazeutische Kongress und der PTAheute-Kongress, und zwar in Göttingen.

Die INTERPHARM-Vorträge aus Göttingen (5./6. Mai) können Sie jedoch nur live vor Ort genießen. Happy Hour und Party sorgen dann auch für das richtige INTERPHARM-Gefühl. Wir freuen uns auf ein Wiedersehen!

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Julia Borsch, Apothekerin, Chefredakteurin DAZ
jborsch@daz.online


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