DAZ-Adventsrätsel – Tag 11

Leuchtendes Spektakel

Stuttgart - 11.12.2022, 07:00 Uhr

Auf Jahrmärkten wurde zu Beginn des 20. Jahrhunderts eine neuartige Attraktion angeboten: Röntgenapparate, mit denen die Besucher ihre Knochen und Gelenke bestaunen konnten. Da strahlen nicht nur Kinderaugen. (Foto: goldeneden / AdobeStock)

Auf Jahrmärkten wurde zu Beginn des 20. Jahrhunderts eine neuartige Attraktion angeboten: Röntgenapparate, mit denen die Besucher ihre Knochen und Gelenke bestaunen konnten. Da strahlen nicht nur Kinderaugen. (Foto: goldeneden / AdobeStock)


Als Wilhelm Conrad Röntgen 1895 die Röntgenstrahlen entdeckte, ahnte er noch nicht, welche gesundheitlichen Konsequenzen damit einhergehen können. Die berühmte Aufnahme der Hand seiner Frau mitsamt Ehering hatte eine Belichtungszeit von einer Stunde nötig! Anna Bertha Röntgen berichtete später, sie habe ihren Tod gesehen, als sie ihre Handknochen auf der belichteten Fotoplatte erblickte. In den ersten Jahren nach der Entdeckung wurde so sorgenfrei und leichtsinnig mit den Strahlen umgegangen, dass viele Menschen tatsächlich mit dem Tod dafür bezahlen mussten. Heutzutage sieht das ganz anders aus, oder wissen Sie noch, was ein Fuß-Fluoroskop ist?

Wilhelm Conrad Röntgen verzichtete auf eine Patentanmeldung der nach ihm benannten Strahlen. Die Menschheit sollte schnell von den X-Strahlen profitieren und sie in der Medizin anwenden. Welches Potenzial in den elektromagnetischen Wellen steckt, wurde schnell erkannt. Ohne den Patienten aufschneiden zu müssen, konnten Bilder seines Inneren begutachtet werden. Doch die Röntgenstrahlen wurden nicht nur zu diagnostischen Zwecken benutzt. In der gehobenen Gesellschaft ließ man sich bei Tee und Kuchen zum heiteren Zeitvertreib durchleuchten. Weniger Betuchte konnten auf Jahrmärkten zwischen Zuckerwatte und Schiffschaukel einen Blick auf ihr Skelett werfen. Die Leute waren schlichtweg fasziniert von der Möglichkeit, ihre eigenen Knochen und Gelenke sehen zu können.

Séancen waren zu Beginn des 20. Jahrhunderts beliebte Veranstaltungen, bei denen Kontakt mit Verstorbenen aufgenommen werden sollte. Durch das Röntgen von Teilnehmern und Schaustellern wurde diese Art der Geisterbeschwörungen noch gruseliger und schauriger. Das exponierte Gerippe in dämmrigem Licht und noch dazu das übernatürliche Surren des Gerätes – da war Gänsehaut vorprogrammiert. Das Pedoskop, ein Fuß-Fluoroskop, sollte in Schuhgeschäften das passgenaue Sitzen des Schuhwerks überprüfen. Da gerade bei Kindern das Anpassen schwierig ist, wurden die Füße der Kleinsten minutenlang und mehrmals hintereinander der Strahlung ausgesetzt. Die neuen Schuhmodelle im Laden mussten schließlich anprobiert und bewertet werden. Bis Anfang der 1970er-Jahre standen noch einige dieser Apparate in Schuhgeschäften, obwohl Strahlenschäden bei Ärzten, Schuhverkäufern und Forschern bereits beschrieben waren. Manchmal braucht Erleuchtung eben etwas länger.

Frage:

Welcher berühmte Erfinder wollte eine Art billiges „Volks-Fluoroskop“ auf den Markt bringen, zog sich dann aber aus dem Geschäft mit Röntgenapparaten zurück?

Die Antwort lautet:

Thomas Alva Edison wollte die bahnbrechende Entdeckung der Röntgenstrahlen den Massen zugänglich machen. Sein Assistent Clarence Madison Dally arbeitete ab 1896 an der Verbesserung von Röntgenapparaten. Er durchleuchtete sich selbst zu Versuchszwecken mehrmals täglich über längere Zeiträume. 1904 starb Dally schließlich im Alter von 39 Jahren, nachdem ihm aufgrund bösartiger Tumore bereits sein „Test-Arm“ amputiert werden musste. Schockiert vom Leid seines Mitarbeiters stellte Edison den Verkauf der Fluoroskope ein, die Dally entwickelt hatte. Er verkündete in der Zeitung „New York World“, er habe Angst vor den X-Strahlen und wolle nicht auf sie angesprochen werden.


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