Tagung des Arbeitgeberverbands ADA

Warum sich bei den Tarifgehältern etwas tun muss

05.11.2021, 07:00 Uhr

Vor allem die niedrigen Gehaltsgruppen des derzeit gültigen Gehaltstarifvertrags liegen zu dicht in der Nähe des Mindestlohns. (Foto: monropic/AdobeStock)

Vor allem die niedrigen Gehaltsgruppen des derzeit gültigen Gehaltstarifvertrags liegen zu dicht in der Nähe des Mindestlohns. (Foto: monropic/AdobeStock)


Tarifgruppe für Filialleitungen?

Und auch bezüglich einer eigenen Tarifgruppe für Filialleitungen gibt es offenbar Bewegung beim ADA. „Adexa hat uns bereits aufgefordert, uns Gedanken dazu zu machen, eine eigene Tarifgruppe für Filialleitungen zu implementieren“, so Hasse. Und freimütig räumt er dazu ein: „Unter meinem Vorsitz haben wir uns zu dieser Frage geziert, eine eigene Gehaltstarifgruppe für Filialleiterinnen und -leiter einzuführen.“ Aber warum eigentlich? Es ist doch unbestritten, dass diese Angestellten, die eine Filiale leiten, mehr leisten und mehr Verantwortung tragen müssen. „Das ist klar, aber genau das ist das Problem“, so Hasse. „Es sollte nach meiner Meinung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer individuell gelöst werden. Diese beiden müssen sich zusammensetzen und zu einem Ergebnis kommen. Da wollten wir als Tarifpartner nicht eingreifen, zumal es auch unterschiedliche Filialgrößen gibt.“

Aber könnte eine Tarifgruppe für Filialleitungen nicht dennoch sinnvoll sein? „Darüber kann man zumindest mal nachdenken“, konzediert Hasse, „ob dies in Zukunft sinnvoller ist. Auch hier kann man sich einen Basistarif vorstellen und alles andere ist dann zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer verhandelbar.“

Ehrliche Tarife als Mittel gegen Fachkräftemangel

Auf der ADA-Tagung stand auch der Fachkräftemangel zur Diskussion und wie man ihm begegnen kann, zum Beispiel indem man durch etwas höhere Löhne mehr Mitarbeiter für den Arbeitsplatz begeistert. Aus der Sicht der Arbeitgebervertretung gibt es da einen Ansatzpunkt: „Wir sind durchaus der Meinung, dass dieses Thema über den Lohn beeinflussbar ist. Die gezahlten Löhne spielen bei der Wahl des Arbeitsplatzes sicher eine Rolle und deswegen ist es wichtig, dass wir hier im Gehaltstarifvertrag zu anderen Zahlen kommen, um die tatsächlich gezahlten Löhne besser widerzuspiegeln. Wenn die 10 bis 20 Prozent, die heute über Tarif bezahlt werden, im Tarifvertrag eingepreist sind, wirft dies ein anderes Licht auf den Arbeitsplatz Offizin. Daher ist das durchaus eine Möglichkeit, gegen den Fachkräftemangel anzugehen“, ist Hasse überzeugt.

Er erwartet allerdings auch Gegenwind der ADA-Mitglieder, wenn der Vorstand für eine Anpassung der Tarife plädiert: „Es wird schmerzen“, meint Hasse, „vor allem vor dem Hintergrund, dass die Apotheken durch die Politik in Sachen Apothekenhonorar vernachlässigt werden und seit 17 Jahren nicht wirklich eine Erhöhung bekommen haben und für die Zukunft wenig bis nichts zu erwarten ist.“ Und ohne in Einzelheiten zu gehen fügt Hasse kritisch hinzu: „Aber auch die Arbeitgeber müssen erkennen, dass es so wie bisher nicht weitergehen kann und wir zu anderen Zahlen kommen müssen. Damit gibt es in manchen Bundesländern eher weniger Probleme, aber andere Bundesländer stehen diesen Änderungen eher skeptisch oder ablehnend gegenüber.“

Ende einer Ära

Auf der ADA-Tagung standen auch Neuwahlen des Vorstands an. Theo Hasse, langjähriger Vorsitzender des ADA, ist nicht für eine weitere Amtszeit angetreten. Zu seinem Nachfolger wurde Thomas Rochell gewählt, der seit Kurzem auch Chef des Apothekerverbands Westfalen-Lippe ist. Auf den Posten des zweiten Vorsitzende wurde Hans-Günther Lund, Schleswig-Holstein, gewählt.

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Hasses Engagement für den ADA würdigte der Verband, indem er seinen langjährigen Vorsitzenden zum Ehrenvorsitzenden ernannte. Hasse war weit über 20 Jahre lang beim ADA aktiv: 2001 wurde er zum zweiten Vorsitzenden des ADA gewählt, im April 2005 wurde er erster Vorsitzender. Seit dieser Zeit hat er alle Tarifverhandlungen geführt, Weichen gestellt und für Frieden in der apothekerlichen Tariflandschaft gesorgt. „Natürlich“, so Hasse rückblickend und mit Augenzwinkern, „wir haben uns bei den Verhandlungen auch hier und da schon mal gefetzt, aber das ist völlig normal. Am Schluss zählt das Ergebnis, das von beiden Seiten akzeptiert wird.“ Und ja, Hasse freut sich darüber, wenn er auch in Zukunft das Tarifgeschehen in der Apothekenszene verfolgen kann, „es hat einen ja jahrelang bewegt“.



Peter Ditzel (diz), Apotheker / Herausgeber DAZ
redaktion@deutsche-apotheker-zeitung.de


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5 Kommentare

...

von km am 05.11.2021 um 23:06 Uhr

Die relativ niedrigen Löhne sind das allgemeine Problem sozialer Berufe. Die wurden und werden meist von Frauen ausgeführt. Leider gibt es immer noch die Einstellung "Die heiratet doch sowieso, da braucht man nicht so viel zu zahlen, verdienen tut der Mann."
Durch Corona ist es wenigstens bei der Pflege aufgefallen, dass da was nicht stimmt. Alle anderen, auch die Apotheken, sind leider unsichtbar.

Bei den derzeitigen Tarifen fehlt der Nachwuchs. Wer lernt denn noch PTA? PKA ist kurz vorm Verschwinden. Bei der Verantwortung und einer 6-Tage-Woche bei den derzeitigen Löhnen haben die jungen Leute genug Alternativen.
Von jungen Apothekern ganz zu schweigen. Das war vor 20 Jahren schon ein Mangelberuf.

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Bei den Ärzten gehts doch auch

von km am 05.11.2021 um 22:48 Uhr

Wie schaffen es eigentlich die Ärzte, ihre regelmäßigen Honorarerhöhungen bei der GKV durchzuboxen?

Was ich mir wünsche, ist eine Zusammenarbeit von ADEXA und ADA. Die müssen zusammen mit dem DAV den Krankenkassen gegenübertreten und mehr fordern.
Wir wollen für unsere Arbeit vernünftig bezahlt werden!
Die Apotheken haben größtenteils Frauen in Anstellung, Teilzeitarbeit ist üblich, wohnortnahe und flexible Arbeitsstellen. Das passt doch genau ins rot-grüne Konzept.

Es herrscht leider noch die Meinung, Apotheken wären Goldgruben. Vom Packungshonorar werden auch FACHkräfte bezahlt, das muss auch mal in der Öffentlichkeit und gegenüber der GKV kommuniziert werden.

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Aus den Rippen schneiden?

von Thomas Eper am 05.11.2021 um 15:43 Uhr

Ist das eigentlich so schwer zu kapieren, dass die Apotheken nur dann anständige Gehälter zahlen können, wenn sie ein anständiges Packungshonorar bekommen?

Dieses wurde in den letzten 17 Jahren nur um 3% (im Jahre 2012) erhöht!
Im selben Zeitraum stiegen die Tarifgehälter um mehr als 32%.
Bald werden die Apotheken an den Personalkosten verbluten; das begreift eigentlich jeder aber Laie.
Nur unsere Standesvertreter und die Politik nicht.

Es ist aber scheinbar gewollt; andere Erklärung gibt es nicht.
So ebnet man den Weg für Fremdbesitz.

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Richtig - aber

von ratatosk am 05.11.2021 um 10:51 Uhr

Natürlich sind die Gehälter problematisch. Aber man darf hier Wunsch und Wirklichkeit nicht verwechseln. Da die Politik die Apotheken abwürgen will, siehe keinerlei Erhöhungen der Vergütungen !, sind niedrige Gehälter eine unvermeidliche Konsequenz, egal wie man das bewerten will. Strategisch spielt das den ausländischen Kistenschiebern in die Hände, also kann man sich leicht erklären, warum die Politik unter Spahn dies so zielstrebig umsetzt. Wenn die Apotheken kein motiviertes Personal mehr halten können, kommen die Versender noch schneller ans Ziel. Es ist also nichts Geheimnisvolles an den deutschen Zuständen.

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Danke an die Ampelkoalition

von Michael Reinhold am 05.11.2021 um 8:03 Uhr

Das hätte ich als angestellter Apotheker auch nicht gedacht, dass ich mal davon profitiere, dass der Gesetzgeber den Mindestlohn anhebt.

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