AvP-Insolvenz

Ersatzkassen richten Treuhandkonten für offene Apotheken-Forderungen ein

Berlin - 01.07.2021, 13:15 Uhr

Die vdek-Kassen haben mit dem AvP-Insolvenzverwalter eine Treuhandvereinbarung geschlossen. (Foto: IMAGO / Steinach)

Die vdek-Kassen haben mit dem AvP-Insolvenzverwalter eine Treuhandvereinbarung geschlossen. (Foto: IMAGO / Steinach)


Haben von der AvP-Pleite betroffene Apotheken doch Aussonderungsrechte – oder nur Anspruch auf Zahlungen aus der Insolvenzmasse? Die Ersatzkassen haben mit dem Insolvenzverwalter des Apothekenabrechners jetzt vereinbart, dass sie noch offene Vergütungsansprüche von Apotheken auf ein Treuhandkonto einzahlen bis die strittige Rechtslage geklärt ist.

Der Verband der Ersatzkassen (vdek) hat mit dem Insolvenzverwalter des Apotheken-Abrechnungsdienstleisters AvP, Jan-Philipp Hoos, eine Treuhandvereinbarung geschlossen. Wie aus einer Pressemitteilung des Verbands hervorgeht, werden die sechs Ersatzkassen (TK, Barmer, DAK-Gesundheit, KKH, hkk und HEK) noch offene Vergütungsansprüche von Apotheken auf das Konto eines neutralen Treuhänders (hww) einzahlen, bis die Apotheken mit Hoos die strittige Rechtslage geklärt haben.

Insolvenzverwalter Hoos geht davon aus, dass die von ihm nicht freigegebenen Forderungen der Apotheken zur Insolvenzmasse von AvP gehören. Aussonderungsansprüche hat er – außer in einem Spezialfall – bislang stets zurückgewiesen Das sehen einige Apotheker und ihre Anwälte anders, Klagen sind bereits anhängig. Ein Anwalt erklärte dazu gegenüber DAZ.online, die Abtretung gemäß den AGB von AvP vom Januar 2016 sei als „fiduziarische Treuhandzession“ zu verstehen. Dabei finde trotz einer Vollrechtsabtretung keine wirtschaftliche Übertragung statt. Solche Abtretungen seien auch gegenüber Inkassounternehmen üblich. Daraufhin seien die betreffenden Gelder im Innenverhältnis als treuhänderisches Vermögen zu betrachten, sie stünden wirtschaftlich dem Zedenten (also den Apotheken) zu, und die Apotheken hätten nun Aussonderungsansprüche.

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Zu einem Teil der Apothekenforderungen führen Betroffenenanwälte noch ein weiteres Argument für Aussonderungsrechte an: Sie betonen, dass der Insolvenzantrag eine Zäsur für AvP darstelle. Zu diesem Zeitpunkt habe der (damals noch vorläufige) Insolvenzverwalter noch nicht abgerechnete Rezepte vorgefunden und diese zur Abrechnung gebracht, um die Fristen zu wahren. Diese Rezepte seien den Apotheken eindeutig zuzuordnen. Gemäß Insolvenzordnung müssten diese Vorgänge separiert werden, und Hoos habe die getrennte Verbuchung dieser Vorgänge auch bestätigt. Der Insolvenzverwalter müsse sich hier so verhalten, wie AvP sich bei gesetzeskonformer Anwendung der Verträge verhalten haben müsste. Dann seien diese Abrechnungsbeträge zuzuordnen und müssten an die jeweiligen Apotheken ausgekehrt werden. Demnach dürften diese Gelder nicht in die Insolvenzmasse fließen. Dies betreffe ganz besonders diejenigen Beträge, die noch gar nicht an AvP gezahlt worden seien und die derzeit von den Krankenkassen wegen der unsicheren Rechtslage zurückgehalten würden.

Vdek: Bereits umfangreiche Abschlagszahlungen geleistet

Die Ersatzkassen, so heißt es beim vdek, hatten an die AvP bis einschließlich August 2020 umfangreiche Abschlagszahlungen für Forderungen aus Rezepten getätigt, die dem Dienstleister zur Abrechnung vorlagen. Infolge der Insolvenz wurden diese Gelder aber nicht mehr an die Apotheken ausgezahlt.

Der vdek weist darauf hin, dass den Ersatzkassen eine unmittelbare Zahlung an die Apotheken aufgrund des eröffneten Insolvenzverfahrens nicht erlaubt sei. Die Apotheken könnten ihre etwaigen Ansprüche deshalb nur mit dem Insolvenzverwalter klären. Insgesamt gehen die Ersatzkassen davon aus, dass die noch offenen Beträge – vor allem bei den öffentlichen Apotheken – wesentlich geringer sind als die von den Apotheken ursprünglich geforderten Rechnungsbeträge – wegen der vor Insolvenzeröffnung an die AvP bereits geleisteten Abschlagszahlungen.


Kirsten Sucker-Sket / dpa
redaktion@daz.online


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