Rolling Review für BNT162b

EMA prüft zweiten Corona-Impfstoff

Stuttgart - 07.10.2020, 07:00 Uhr

Die EMA prüft bereits den Corona-Impftoffkandidaten von AstraZeneca und der Universität Oxford, AZD1222. Nun hat die Europäische Arzneimittel-Agentur auch ein Rolling-Review zur Biontech-Pfizer-COVID-19-Vakzine BNT162b eingeleitet. (Foto: imago images / Sven Simon)

Die EMA prüft bereits den Corona-Impftoffkandidaten von AstraZeneca und der Universität Oxford, AZD1222. Nun hat die Europäische Arzneimittel-Agentur auch ein Rolling-Review zur Biontech-Pfizer-COVID-19-Vakzine BNT162b eingeleitet. (Foto: imago images / Sven Simon)


Remdesivir war das erste COVID-19-Arzneimittel, das per Rolling-Review von der EMA beschleunigt begutachtet wurde, letzte Woche startete das CHMP ein Rolling-Review-Verfahren zur Zulassung des ersten COVID-19-Impfstoffs AZD1222 von AstraZeneca und der Universität Oxford. Nun hat die EMA auch den beschleunigten Zulassungsprozess zum zweiten Corona-Impfstoff eingeleitet, es ist BNT162b2 von Biontech und Pfizer.

„Rolling-Review“ ist das Verfahren der Wahl, wenn es um die Zulassung von Arzneimitteln und Impfstoffen zur Eindämmung der Corona-Pandemie geht. Die beschleunigte Begutachtung durch die Europäische Arzneimittel-Agentur EMA kam bereits Remdesivir in Veklury zugute. Remdesivir wurde als erster und bislang einziger Wirkstoff zur Behandlung schwer erkrankter COVID-19-Patienten am 3. Juli 2020 in der EU zugelassen. Derzeit prüft der Humanarzneimittelausschuss (CHMP) der EMA auch bereits den ersten Corona-Impfstoff per Rolling-Review, es ist der Kandidat AZD1222 von AstraZeneca und der Universität Oxford, den die EMA nun unter „COVID-19 Vaccine AstraZeneca“ führt. Jetzt geht auch der Corona-Impfstoff BNT162b des Mainzer Unternehmens Biontech in den europäischen Zulassungsprozess. Hier nutzt die EMA konsequenterweise ebenfalls die fortlaufende Überprüfung im Rolling-Review-Verfahren. 

Das Rolling-Review-Verfahren ist ein Regulierungsinstrument, das die EMA nutzen kann, um ein vielversprechendes Arzneimittel während eines Notfalls im Bereich der öffentlichen Gesundheit – wie der aktuell laufenden Pandemie – zu bewerten. Normalerweise müssen alle zulassungsrelevanten Arzneimitteldaten zu Beginn des Evaluationsverfahrens eingereicht werden. Im Falle einer gleitenden Überprüfung werden die CHMP-Berichterstatter ernannt, während die Entwicklung noch im Gange ist, und die Rapporteure begutachten alle Daten, sobald sie verfügbar sind.

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Die EMA entschied aufgrund von Ergebnissen aus nichtklinischen und frühen klinischen Studien an Erwachsenen, den Zulassungsprozess von BNT162b2 zu starten. So wiesen die Daten darauf hin, dass der Impfstoff den Geimpften zur Antikörperproduktion anregt und T-Zellen mobilisiert, die gegen SARS-CoV-2 gerichtet sind. Derzeit laufende größere klinische Studien an mehreren tausend Menschen in 120 Studienzentren (unter anderen USA, Brasilien, Südafrika und Argentinien) sollen diese Daten nun bestätigen: 37.000 Teilnehmer sind eingeschlossen, 28.000 haben laut Biontech bereits die zweite Impfstoff-Dosis erhalten. 

Allerdings erwartet die EMA die Ergebnisse erst in den nächsten Wochen bis Monaten. „Diese Ergebnisse werden Aufschluss darüber geben, wie wirksam der Impfstoff die Menschen vor COVID-19 schützt“, erklärt die EMA. Die Arzneimittelbehörde will die Daten sodann sofort evaluieren, um über die Sicherheit und Qualität des Impfstoffs möglichst zeitnah zu entscheiden.

Wie wirkt der Corona-Impfstoff von Biontech?

BNT162b ist ein mRNA-basierter Impfstoff. Die mRNA codiert für das Spike-Protein auf der Oberfläche von SARS-CoV-2. Das Virus benötigt diese Spikeproteine, um an spezifische Rezeptoren auf der Oberfläche menschlicher Zellen zu binden und über diesen Weg die Zellen zu infizieren. Als Impf-Antigen sollen sie eine schützende Immunantwort provozieren. Erst jüngst hatten Wissenschaftler des Paul-Ehrlich-Institutes gemeinsam mit anderen Forschern diese Spikeproteine analysiert und die hohe Flexibilität der Oberflächenproteine festgestellt.

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Die mRNA in BNT162b wird in Lipidpartikel verpackt, denn eine der entscheidenden Herausforderungen bei mRNA-Vakzinen ist, sie stabil und transportfähig zu machen, damit sie nicht sofort nach der Injektion degradiert werden. Die Idee hinter mRNA-Impfstoffen ist, dass nach einer Impfung der Körper das Antigen, in diesem Falle das Spikeprotein, selbst herstellt, es als fremd erkennt und passende Antikörper produziert, die sodann bei Kontakt mit SARS-CoV-2 vor einer Erkrankung schützen.

Der ebenfalls bereits per Rolling-Review von der EMA zu prüfende Impfstoff von AstraZeneca und der Universität Oxford setzt auf ein anderes System: Der Impfstoff von Astra-Zeneca basiert auf einem Schimpansen-Adenovirus, in das das Gen für das SARS-CoV-2-Spike-Protein integriert wurde. Das Adenovirus ist inaktiviert und kann sich im menschlichen Körper nicht mehr vermehren oder diesen infizieren. Der Vektor schleust lediglich das Gen für das Spike-Protein in die menschlichen Körperzellen, welche die Proteine biosynthetisieren. So wird das Immunsystem zur Bildung SARS-CoV-2-spezifischer Antikörper stimuliert sowie eine T-Zell-Antwort ausgelöst.

Biontech war erster bei Studienzulassung

Im April hatte Biontech als erstes deutsches Unternehmen vom zuständigen Paul-Ehrlich-Institut (PEI) die Genehmigung für eine klinische Studie der Phase-I/II bekommen. Wer das Rennen bei der EU-Zulassung schafft, lässt sich derzeit nicht antizipieren. Die EMA betont, dass trotz der beschleunigten Begutachtung alle regulären Qualitätsstandards eingehalten werden.



Celine Müller, Apothekerin, Redakteurin DAZ.online (cel)
redaktion@daz.online


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