Appell an die Politik

Hessische Apotheken in Bedrängnis

Berlin - 04.09.2020, 14:45 Uhr

Vielen Apotheken fehlt die Perspektive. Immerhin gibt es nun für das VOASG einen Zeitplan. (Foto: Schelbert) 

Vielen Apotheken fehlt die Perspektive. Immerhin gibt es nun für das VOASG einen Zeitplan. (Foto: Schelbert) 


Der Hessische Apothekerverband schlägt Alarm: Rund 5 Prozent der öffentlichen Apotheken im Bundesland drohe mittelfristig das wirtschaftliche Aus. Dafür ursächlich seien unter anderem die Schließung von Arztpraxen und der zunehmende Onlinehandel. 

„Die Zahl der Apotheken vor Ort ist in den letzten sechs Jahren um 100 auf 1.436 im Juni diesen Jahres gesunken“, erklärte der Vorsitzende des Hessischen Apothekerverbands (HAV), Holger Seyfarth, anlässlich der HAV-Jahreshauptversammlung in Frankfurt am Main am gestrigen Donnerstag. „Von diesen verbleibenden Apotheken stehen knapp 100 auf wirtschaftlich wackligen Füßen und werden langfristig kaum noch zur Sicherstellung der Versorgung in Hessen beitragen können“, erwartet der Apotheker. Da die Apotheken vor Ort rund 80 Prozent ihres Umsatzes mit ärztlichen Verordnungen erzielten, würden insbesondere jene Regionen betroffen sein, in denen Arztpraxen schließen.

Auch die vermehrten Arzneimittelbestellungen im Internet nagen laut HAV an der wirtschaftlichen Basis der örtlichen Apotheken – und mit der Einführung des elektronischen Rezeptes werde sich diese Entwicklung verstärken. „Der Gesetzgeber muss die technischen und rechtlichen Voraussetzungen dafür schaffen, dass Verordnungen nicht zur handelbaren Ware werden, sondern zu gleichen Wettbewerbsbedingungen von Apotheken und Versendern beliefert werden können“, forderte daher der HAV-Vorsitzende. Auch beim E-Rezept müsse die freie Apothekenwahl der Patienten faktisch erhalten bleiben. So wie die Regelung derzeit im Patientendaten-Schutzgesetz (PDSG) vorgesehen ist, ist sie aus Sicht des HAV (und der ABDA) nicht ausreichend sicher.

Seyfahrt appellierte zudem an die politisch Verantwortlichen, die seit 2016 währende Hängepartie in der Gesetzgebung zu beenden. Seit im Oktober 2016 das Urteil des Europäischen Gerichtshofs zur Rx-Preisbindung ergangen ist, warten die Apotheken auf eine Wiederherstellung der Gleichpreisigkeit.  

Wie geht es weiter?

Was die im Patientendaten-Schutzgesetz (PDSG) verankerte Regelung zum Zuweisungs- und Makelverbot betrifft, dürfte wohl keine kurzfristige Nachbesserung möglich sein. Mitte September steht bereits der letzte Durchgang für das nicht zustimmungsbedürftige Gesetz im Bundesrat an. Dass hier aber noch eine Klarstellung nötig ist, konstatieren auch die beiden Apothekenrechtsexperten Professor Hilko Meyer und Dr. Elmar Mand in der aktuellen Ausgabe der „Arzneimittel und Recht“. Möglicherweise lässt sich noch in einem anderen Gesetzgebungsverfahren etwas bewegen, ehe das E-Rezept 2022 zum Regelfall wird.

Mehr zum Thema

Dafür scheint die Politik Willens, das Vor-Ort-Apotheken-Stärkungsgesetz endlich zum Abschluss zu bringen. Es steht am 11. September zur ersten Lesung auf der Tagesordnung des Bundestags. Geht es nach dem Bundesgesundheitsministerium, sollte das Gesetz Mitte Dezember in Kraft treten. Welche Regelungen es dann enthalten wird, bleibt allerdings abzuwarten.


Kirsten Sucker-Sket (ks), Redakteurin Hauptstadtbüro
ksucker@daz.online


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