„Historische Apotheken – neu betrachtet“ – Teil 3

Bautzens Älteste – 477 Jahre Apothekengeschichte

Berlin - 30.12.2019, 07:00 Uhr

Bautzens älteste Apotheke steht für 477 Jahre Apothekengeschichte – einschließlich der Zeit der Verstaatlichung zu DDR-Zeiten. (Foto: Stadtapotheke Bautzen)                                                                                                                                    

Bautzens älteste Apotheke steht für 477 Jahre Apothekengeschichte – einschließlich der Zeit der Verstaatlichung zu DDR-Zeiten. (Foto: Stadtapotheke Bautzen)                                                                                                                                    


Über Jahrhunderte fortgeführte Apothekentradition ist faszinierend. Historische Apotheken sind Zeugen des Wandels sowohl der Pharmazie als auch des Weltgeschehens. Geschichte atmen, Geschichte transportieren und Geschichte mit dem Hier und Jetzt verbinden – darauf kommt es an. Teil 3 der DAZ-Serie: die Stadtapotheke Bautzen – Bautzens Älteste Apotheke steht für 477 Jahre Apothekengeschichte in wechselhaften Zeiten.

Bautzens älteste Apotheke, die Stadtapotheke, war lange Zeit die einzige Apotheke am Ort. 477 Jahre ist sie bereits ein Teil der Stadt, davon 433 Jahre am heutigen Standort. Die Chronik dieser alteingesessenen Apotheke zeigt eine wechselhafte Geschichte auf: beginnend mit dem ersten Apotheker Bautzens, der 1542 auf Bitten des Rates der Stadt die Apotheke gründete, über die Zeit der Verstaatlichung in der DDR bis hin zu den Anforderungen der Gegenwart. Apothekenleiterin Sylvia Janze berichtet DAZ.online von vielfältigen Herausforderungen, von der Wendezeit, den Bemühungen, im historischen Zentrum Bautzens zu bestehen – und der Freude, eine jahrhundertealte Apothekentradition fortführen zu können. 

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Älteste Apotheke Bautzens – lange Zeit die einzige Apotheke am Ort

Das Jahr 1586 war ein wichtiges Jahr in der Geschichte der Stadtapotheke. Einerseits zog sie damals an den Hauptmarkt Nr.6 und ist seitdem an diesem Ort verblieben. Andererseits erhielt der damalige Inhaber das Privileg, dass in der Stadt keine weitere Apotheke errichtet werden durfte. So blieb die Apotheke für lange Zeit die einzige am Ort. Inzwischen sind andere Zeiten angebrochen und die Bautzener können zwischen elf Apotheken wählen, erläutert Sylvia Janze.

 

Die Stadtapotheke befindet sich seit 433 Jahren am gleichen Ort in der Altstadt Bautzens.

Bautzen blieb wie so viele Städte nicht von Stadtbränden oder den Wirren des Dreißigjährigen Krieges verschont. So erging es auch der Stadtapotheke, deren heutiges Gebäude nach dem Stadtbrand von 1709 errichtet wurde. Die durch den Brand zerstörten Gebäude am Hauptmarkt wurden sämtlich im Stile des Barock neu errichtet. Noch heute zeugt die Barockfassade der Apotheke von dieser Zeit

Verstaatlicht während der DDR-Zeit  

Apothekerin Janze übernahm die Stadtapotheke im Jahre 2012 von ihrer Mutter Heidrun Nawka. Schon als Kind war Janze gerne in der Apotheke, in der ihre Mutter seit den 70er-Jahren als Angestellte arbeitete. Zu DDR-Zeiten war die Apotheke verstaatlicht. Es wurde noch vieles selbst herstellt: „Es war immer tüchtig was los und ich kann mich daran erinnern, dass ich oft auf dem Rezepturtisch gesessen und zugeguckt habe. Es wurde natürlich viel selber gemacht, weil es ja wenig gab“, beschreibt Janze die damalige Situation. Nach der Wende übernahm Nawka die Apotheke zunächst zusammen mit einer Kollegin als OHG und ab 1994 als alleinige Inhaberin.

Wendezeit – „Und dann ging alles ganz schnell“

Mit dem Fall der Mauer vor nunmehr 30 Jahren kam es auch für die Stadtapotheke zu einer Wende in ihrer Geschichte. Aus der verstaatlichten Apotheke wurde wieder ein privat geführter Betrieb – ein großer Schritt mit weitreichenden Veränderungen. Zumindest gefühlt schritt damals alles sehr schnell voran, erinnert sich Janze. „Das ging alles so wie von heute auf morgen. Meine Mutter war damals so alt wie ich jetzt, also um die 40. Es war sicherlich eine ganz nervenaufreibende, aber auch aufregende Zeit.“ 

Zweimal Umbau in der jüngeren Apothekengeschichte

Sylvia Janze kennt die Stadtapotheke noch aus DDR-Zeiten. Eine eher auf praktisches Arbeiten, denn auf Schönheit ausgerichtete Apothekeneinrichtung habe es damals gegeben. Diese Einrichtung bestand seit 1967, als die Apotheke umgebaut und nach damaligen Standards modernisiert wurde. „Es musste praktisch sein und man musste schnell damit arbeiten können“, so Janze.

Historische Details sind an mehreren Stellen der Stadtapotheke noch zu finden.

Bald nach der Wende im Jahr 1991 wurde die Apotheke erneut umgebaut. Damals sei auch das Denkmalpflegerische mit einbezogen worden, erläutert die Bautzener Apothekerin. 

Ihre Mutter habe als kunsthistorisch interessierter Mensch zudem Wert auf eine Hervorhebung historischer Aspekte gelegt. So sei das Kreuzgewölbe der Apotheke wieder herausgearbeitet und ein Deckenwappen freigelegt worden. Zudem sei die barocke Fassade rekonstruiert und Wappen an der Hauswand freigelegt worden. Ein weiterer wichtiger Aspekt sei die Anhebung des Fußbodens der Apotheke gewesen: „Im Nachhinein hat sich das als eine sehr weise Entscheidung herausgestellt, weil der Zugang zur Apotheke jetzt ebenerdig ist und nicht über zwei, drei Stufen erfolgen muss.“

Apotheke atmet Geschichte

Sylvia Janze kann eine gewisse Verpflichtung der Geschichte gegenüber nicht leugnen. Auch wenn sie die Apotheke noch nicht so lange leite, verspüre sie die Historie der Apotheke: „Sie atmet quasi Geschichte. Das macht schon Spaß.“ Insbesondere von Touristen höre sie zudem, wie schön die Apotheke sei und über wie viel Ambiente sie verfüge. Mit einer historischen Apothekeneinrichtung kann die Stadtapotheke allerdings nicht aufwarten. „Das bekommen wir dann mitunter auch vorgehalten“, berichtet sie.

Die fehlende historische Einrichtung der Apotheke wird – trotz historischer Details innen und außen – bisweilen bedauert.

Zukunft der Apotheke – vielfältige Herausforderungen

Es geht der Bautzener Apothekerin wie vielen Apothekenleitern in Deutschland. Der Fachpersonalmangel sei eines der Hauptprobleme, denen sie sich stellen müsse. Aber auch andere Dinge wie Unsicherheiten bedingt durch Entscheidungen in der Gesundheitspolitik, beschäftigen sie. „Man muss schauen, was alles so kommt. Ich bin mehr so ein Mensch, der gerne weiß, worauf er sich einlässt“, resümiert die Bautzener Apothekerin.

Die Lage in der historischen Altstadt habe seine Vorzüge, wenn es auch gleichzeitig notwendig sei, mit der Stadt im Gespräch zu bleiben und Stadtentwicklungen aufmerksam zu  begleiten. Entwicklungen wie eine geplante Verlegung des Wochenmarktes an den Stadtrand hätten durchaus das Potenzial geschäftsschädigend zu sein. „Ich denke, die Stadtverwaltung hat da auch eine Verantwortung für die Leute, die in der historischen Altstadt ihren Geschäften nachgehen. Das sind ja nicht nur Apotheken.“ Insgesamt sei sie aber froh und dankbar, die älteste Apotheke Bautzens in historischer Umgebung führen zu können



Inken Rutz, Apothekerin, Autorin DAZ.online
redaktion@daz.online


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