2-Millionen-Dollar-Gentherapeutikum

Zolgensma: Novartis will globales Härtefallprogramm starten

Berlin - 20.12.2019, 11:45 Uhr

Die europäische Zolgensma-Zulassung wird im ersten Halbjahr 2020 erwartet. Bis dahin wird um jede Dosis gerungen. (m / Foto: dpa)

Die europäische Zolgensma-Zulassung wird im ersten Halbjahr 2020 erwartet. Bis dahin wird um jede Dosis gerungen. (m / Foto: dpa)


Rund zwei Millionen US-Dollar kostet das Gentherapeutikum Zolgensma. Es ist wirksam, aber teuer und außerhalb der USA auch gar nicht zugelassen. Für Betroffene, die die Behandlung wünschen, ist das eine schwierige Situation. Novartis hatte bereits Ende November ein globales Härtefallprogramm in Aussicht gestellt. Mit diesem ist das Unternehmen nun ein Stück weiter gekommen: Im ersten Halbjahr 2020 will es 50 Patientendosen weltweit zur Verfügung stellen. Den GKV-Spitzenverband überzeugt dieses Angebot ganz und gar nicht.

Das neue Gentherapeutikum Zolgensma® (Onasemnogene-Abeparvovec-xioi), das seit Mai 2019 in den USA zugelassen ist, macht weiterhin Schlagzeilen. Es verspricht an Spinaler Muskelatrophie (SMA) erkrankten Kindern unter zwei Jahren mit nur einer Spritze Heilung. Diese gute Botschaft aus den USA kam in unserer vernetzten Welt auch in Europa und in Deutschland rasch an. Eltern, deren Kinder an SMA erkrankt sind, machten sich stark für eine Behandlung mit dem neuen Arzneimittel. Da es hierzulande aber nicht zugelassen ist, zahlen die Krankenkassen auch nicht dafür. Öffentlichkeitswirksam machten einige Eltern in den Medien auf ihren Fall aufmerksam – jedenfalls zwei Kassen lenkten letztlich ein und übernahmen die Kosten.

Da die Zulassung für Zolgensma® durch die Europäische Arzneimittel-Agentur (EMA) erst im Laufe des ersten Halbjahres 2020 erwartet wird, wuchs der Druck. Krankenkassen und Gemeinsamer Bundesausschuss wandten sich im November an das Bundesgesundheitsministerium – ihr Ziel: Novartis soll ein Härtefallprogramm für Zolgensma® auflegen. Das Arzneimittel wurde zwar vom US-Unternehmen Avexis entwickelt und wird auch von ihm vertrieben – doch Novartis hatte den Spezialisten im Jahr 2018 gekauft. In einem solchen Härtefall- oder Compassionate-Use-Programm, für das es spezielle gesetzliche Vorgaben gibt, wäre die Abgabe – befristet bis zur Zulassung – kostenlos.

Ende November ließ Novartis wissen, dass es an einem internationalen Härtefallprogramm arbeite – denn Deutschland sei nicht das einzige Land, aus dem es Anfragen gebe. Kurz vor Weihnachten ist man einen Schritt weiter: „Wir nehmen unsere soziale Verantwortung sehr ernst und haben uns dazu entschieden, ein globales Härtefallprogramm anzubieten, das alle Länder weltweit umfasst, in denen Zolgensma® noch nicht zugelassen ist“, heißt es aus dem Unternehmen. Dieses Programm sei mit Hilfe eines externen Ethikbeirats entwickelt worden und richte sich vor allem an Patienten, die sonst keinen Zugang zu einer SMA-Therapie haben. Diese Aussage könnte für deutsche Patienten und ihre Eltern eher ernüchternd sein: Schließlich steht mit Spinraza® eine zugelassene Therapie gegen die Erkrankung zur Verfügung – aber dieses Arzneimittel ist regelmäßig anzuwenden. Novartis erklärt dennoch, dass in Deutschland geprüft werde, inwiefern Patienten in das weltweite Programm eingeschlossen werden können. Dazu habe man ersten Kontakt mit dem Paul-Ehrlich-Institut (PEI) aufgenommen.

Wie genau kann man sich das Härtefallprogramm sodann vorstellen? Für das erste Halbjahr 2020 sollen 50 Patientendosen weltweit zur Verfügung gestellt werden, bis zum Jahresende 2020 plant Novartis, insgesamt bis zu 100 Dosen bereitzustellen. „Es ist unser Ziel, eine langfristige Vereinbarung zu finden und das Programm fortlaufend auszuweiten.“ Einzelne Länder würden nicht bevorzugt behandelt. Ein Problem dürfte auch die Produktion sein. Avexis arbeite weiter daran, die Produktionskapazitäten auszubauen, heißt es von Novartis. Derzeit sei nur ein Werk für die Produktion von Onasemnogene-Abeparvovec-xioi lizensiert.

Besteht Interesse an diesem Programm, so müssen Ärzte die in Frage kommenden Patienten bei Avexis melden. Dort würden dann die Kriterien für eine Vergabe überprüft. Diese Vergabe soll den Angaben zufolge alle zwei Wochen erfolgen. Patienten selbst sollen sich nicht bei Novartis oder Avexis melden.



Kirsten Sucker-Sket (ks), Redakteurin Hauptstadtbüro
ksucker@daz.online


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