Arzneimittel auf Ebay

Helling-Plahr (FDP): Bundesregierung agiert planlos und ignorant

Berlin - 14.08.2019, 07:00 Uhr

Die FDP-Bundestagsabgeordnete Katrin Helling-Plahr greift die Bundesregierung für ein Statement an, das das Bundesgesundheitsministerium zu Arzneimitteln auf Ebay abgegeben hatte. (s / Foto: Imago images / westend61)

Die FDP-Bundestagsabgeordnete Katrin Helling-Plahr greift die Bundesregierung für ein Statement an, das das Bundesgesundheitsministerium zu Arzneimitteln auf Ebay abgegeben hatte. (s / Foto: Imago images / westend61)


Immer wieder kommt es vor, dass apothekenpflichtige und sogar verschreibungspflichtige Arzneimittel auf Verkaufsportalen wie Ebay angeboten werden. Der Verein Freie Apothekerschaft beackert dieses Thema seit Jahren und fordert die Politik zum Handeln auf. Nun hat die FDP-Bundestagsabgeordnete Katrin Helling-Plahr die Ebay-Arzneimittel aufgegriffen: In einer Frage an die Bundesregierung wollte sie wissen, was gegen solche Angebote unternommen wird. Das BMG hält die derzeitige Überwachung für ausreichend, Helling-Plahr protestiert.

Die Verkäufe von OTC- und Rx-Präparaten von Privatpersonen über Internet-Verkaufsportale werden immer mehr zum Politikum. Haarwuchsmittel, Nasenspray, Insulin, Antibiotika und sogar Contergan – alles Arzneimittel, die schon im Internet angeboten wurden, zumeist dreht es sich um Ebay oder Ebay Kleinanzeigen. Die Freie Apothekerschaft hat diese Angebote seit Jahren im Visier und weist Politik, Behörden und die Medien immer wieder auf diesen Missstand hin. Der Verein führt auch ein eigenes Register über illegale Arzneimittel-Angebote. 2017 waren es laut Freie Apothekerschaft etwa 2700 Arzneimittel, die über Ebay, Ebay Kleinanazeigen oder andere Portale angeboten wurden. Dem Verein zufolge ist die Zahl im vergangenen Jahr auf knapp über 4000 geklettert, etwa 1000 Präparate davon waren verschreibungspflichtig.

Das Bundesgesundheitsministerium (BMG) wurde in den vergangenen Monaten mehrfach auf diese Angelegenheit hingewiesen, unter anderem von der Linken-Politikerin Sylvia Gabelmann, aber auch von den Freien Apothekern selbst. Nun interessiert sich auch die FDP für das Thema. In einer schriftlichen Frage an die Bundesregierung will die FDP-Bundestagsabgeordnete Katrin Helling-Plahr wissen, welche Maßnahmen das BMG hinsichtlich des hinreichenden Verbraucher- und Gesundheitsschutzes plant.

Die Antwort des BMG fällt recht knapp aus. Das Ministerium verweist auf § 43 des Arzneimittelgesetzes, in dem die Apothekenpflicht festgehalten ist. Und dann: „Die Regelungen zur Apothekenpflicht und zur Überwachung der Regelungen des AMG durch die Länder sind aus Sicht der Bundesregierung geeignet, einen hinreichenden Verbraucher- und Gesundheitsschutz zu gewährleisten.“ Es folgt ein Hinweis darauf, dass auch Plattformbetreiber sich strafbar machen, wenn „gesetzliche Voraussetzungen“ erfüllt sind. Außerdem könnten die Plattformbetreiber wegen Beihilfe bestraft werden, wenn dem Verkäufer etwas vorgeworfen werden kann.

Im Vergleich zu früheren Aussagen des BMG zu dieser Thematik wirkt die Antwort an die FDP-Abgeordnete kurz angebunden. Erst im Juni hatte das Ministerium der Linken-Abgeordneten Gabelmann versprochen, „eventuelle Strafbarkeitslücken" schließen zu wollen. Außerdem lieferte das BMG noch eine Statistik zu den bekannten und gemeldeten Vorfällen: In der Polizeilichen Kriminalstatistik (PKS) sind unter der Schlüsselnummer 716430 (Arzneimittel in der illegalen Verteilerkette) für das Jahr 2018 demnach insgesamt 916 Fälle erfasst worden. Allerdings: Eine weitere Aufschlüsselung gibt es laut BMG nicht. Es ist also unmöglich festzustellen, welche dieser erfassten Fälle über das Internet und im Speziellen über Verkäufer-Plattformen gingen.

Helling-Plahr: Irgendjemand muss da die Regeln durchsetzen!

Die FDP-Abgeordnete Helling-Plahr ist enttäuscht von der Antwort des Ministeriums und wirft dem Haus von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) nun Ignoranz und Planlosigkeit vor. Helling-Plahr wörtlich:


Die Bundesregierung vertritt die Auffassung, wonach es konkreter Maßnahmen nicht weiter bedarf, da es ja bereits gesetzliche Regelungen gäbe, die den Verkauf von Medikamenten auf Ebay untersagen. Dies ist eine erstaunliche Antwort, der man eigentlich nur noch sarkastisch entgegnen kann. Glaubt die Regierung ernsthaft, dass der Verweis auf bestehende Gesetze allein ausreichend ist, Enkelkinder davon abzuhalten, Omas übrig gebliebene Pillen an den Höchstbietenden zu verhökern? Es geht mir nicht darum, das Problem aufzublasen und Aktionismus einzufordern. Aber diese Haltung erscheint bestenfalls etwas weltfremd, im schlimmsten Fall einfach nur ignorant und planlos. Dem Verbraucher- und Gesundheitsschutz potentieller Käufer dient es zumindest nicht, wenn man einfach so tut, als bestehe kein Handlungsbedarf. Würde man dieser kruden Logik folgen, müsste man wohl auch sämtliche Blitzer auf unseren Straßen entfernen, weil die Straßenverkehrsordnung das Überschreiten der zulässigen Höchstgeschwindigkeit ja bereits verbietet. Dass die Welt etwas anders funktioniert, sollte auch der Bundesregierung bekannt sein. Irgendjemand muss in einem Rechtsstaat die Regeln auch durchsetzen, damit sie ihre Wirkung entfalten können. Vielleicht liegt es aber auch einfach nur an der Hitze in Berlin oder der parlamentarischen Sommerpause, dass die Antwort so seltsam dürr ausgefallen ist.“

Katrin Helling-Plahr, FDP-Bundestagsabgeordnete, Mitglied des Gesundheitsausschusses




Benjamin Rohrer, Chefredakteur DAZ.online
brohrer@daz.online


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5 Kommentare

Rechtsfreier Raum

von Stefan Haydn am 16.08.2019 um 14:27 Uhr

Rechtsfreier Raum, na ja, ist doch beim Versand nicht anders.
Ohne Präsenzapotheke kein Versand aus NL. Wie war das mit Apotheke in NL von DocMo?
Und wen juckts?

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Ebay Arzneimittel

von Roland Mückschel am 14.08.2019 um 17:14 Uhr

Schlage vor dieses Procedere ausnahmslos
zu legalisieren.
Dann gibts damit keine Probleme mehr.

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

ebay

von Sven Larisch am 14.08.2019 um 9:41 Uhr

naja, ob die Enkel Omas Pillen verticken wage ich zu bezweifeln. Meiner persönlichen Erfahrung nach kaufen und verkaufen gerne die 25-35 jährigen Wohlstandsbürger ihre nicht verwendeten Medikamente aus Ihren Traumreisen nach Afrika und Südostasien. (z.B. Malarone, Antibiotika, Durchfallmedikamente). Diese wurden bestimmt nicht bei unter 25°C gelagert.
Aber wegschmeißen?- Nein! - Kann doch alles bei eBay angeboten werden. Sieht das BMG nicht die Gefahr. Wieso werden bestehende Gesetze nicht angewendet? Wieso werden die Plattformbetreiber nicht zur Kasse gebeten? - die würden schnell eine Programmierung finden alle Arzneimittelangebote zu sperren. Oder will Herr Spahn sowieso die Apotheken weg haben um Platz für Doc Morris und Konsorten zu machen (Er muss ja auch an seine finanzielle Zukunft denken- nach dem Ministerposten auf einen beraterposten bei Doc Morris).

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AW: ebay

von Pille Palle am 14.08.2019 um 15:38 Uhr

las ich selbst schon in einem Reiseforum. <Wer hat noch Malarone abzugeben, die nicht gebraucht wurden> (bitte geschenkt natürlich). < Wenn ich die nicht brauche, stelle ich sie gern hier wieder ein. > Hoch ethisch, nicht wahr...

Meine Antwort als Pillenschubser: DAS würde ich nichtmal mit Smarties machen!! Aber bei Gesundheitsfragen muss man natürlich Kompromisse eingehen....

AW: ebay

von Schachtelschubser am 14.08.2019 um 15:41 Uhr

... den HATTE er schon. Nicht, dass ich damit andeuten wollte, er hätte womöglich persönliche Interesssen zu verfolgen mit der Nichtumsetzung des Koalitionsvertrages, niemals wäre einer solch integren Persönlichkeit sowas zu unterstellen, selbstverständlich nicht... Aber vielleicht ist das Klima für ausgediente Politiker dort besser, wenn sie zu Amtszeiten besser "funktioniert" haben. Sonst könnte in der Tat der Wiedereinstieg gefährdet sein!

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