Hagen (NRW)

FDP-Abgeordnete Helling-Plahr besucht Apotheke

15.12.2022, 13:45 Uhr

FDP-Bundestagsabgeordnete Katrin Helling-Plahr besucht die Rathaus-Apotheke in Hagen. Apotheker Christian Fehske erläutert die tatsächliche Lage der Apotheken. (Foto: Rathaus-Apotheke Hagen)

FDP-Bundestagsabgeordnete Katrin Helling-Plahr besucht die Rathaus-Apotheke in Hagen. Apotheker Christian Fehske erläutert die tatsächliche Lage der Apotheken. (Foto: Rathaus-Apotheke Hagen)


Hoher Besuch in der Rathaus-Apotheke in Hagen: Die FDP-Bundestagsabgeordnete Katrin Helling-Plahr schaute im Betrieb von Apotheker Christian Fehske vorbei. Der DAZ berichtet er, welche Themen er mit der Politikerin besprechen konnte.

Schon zum zweiten Mal innerhalb von drei Wochen begrüßte Apotheker Christian Fehske Besuch aus Berlin in seiner Rathaus-Apotheke in Hagen: Nach dem SPD-Bundestagsabgeordneten Timo Schisanowski kam nun auch Katrin Helling-Plahr vorbei, die für die FDP im Deutschen Bundestag sitzt.

Christian Fehske und sein Vater Klaus erläuterten bei einer Führung hinter den Kulissen, wie sehr die Leistung engagierter Apotheken über die bloße Abgabe von Arznei­mitteln hinausgeht. Das individuelle Beratungs­niveau für die einzelnen Patienten in ihren besonderen Lebenssituationen oder ihrer Landessprache und auch kurzfristige Herstellungen individueller Rezepturarzneimittel könne kein Versand­handel leisten, betonten die beiden Apotheker gegenüber der Abgeordneten.

Darüber hinaus unterstrichen die Fehskes den großen Einsatz und Erfolg, mit dem sich die Vor-Ort-Apotheken während der Corona-Zeit an der Pandemiebekämpfung beteiligt hätten, insbesondere durch die extrem kurzfristige Maskenausgabe, Test-Angebote, das Erstellen digitaler Impfzertifikate sowie die Verteilung von Impfstoffen an Hausärzte. Dabei werde oft verkannt, mit welch großem zusätzlichen personellen Aufwand dies alles verbunden gewesen sei. Wegen Über­stunden und der Notwendigkeit zusätzlicher Aushilfen könne dabei keines­wegs von Geldgeschenken die Rede sein, wie es in der Politik teilweise dargestellt werde, sagten sie Helling-Plahr.

Sondereffekte verzerren tatsächliche Lage der Apotheken

Tatsächlich schaue man in Berlin bei der Diskussion über die Zumutbarkeit der Spargesetze häufig auf Umsatz- und Ertragszuwächse der Apotheken im vergangenen Jahr, bestätigte die FDP-Abgeordnete. Die Apotheker hielten dagegen: Die wirtschaftliche Lage der öffentlichen Apotheke werde durch die „Corona-Sondereffekte“ stark verzerrt. Seit Jahren stamme ein wesentlicher Teil der Umsatzzuwächse aus hochpreisigen Arzneimitteln, an denen im Wesentlichen die Pharmahersteller verdienten.

Der Bundesgesundheitsminister vergesse, dass die Marge der Apotheken auch bei hochpreisigen Arzneimitteln mit lediglich knapp 3 Prozent sehr niedrig sei. Dadurch sei bereits die notwendige Vorfinanzierung herausfordernd und die Gesamt-Handelsspanne der Apotheken sinke aus diesem Grund seit Jahren. Ausgerechnet in einer Phase dramatischer Kostensteigerungen durch Tarifanpassungen, Energiekosten und Inflation überdeckten nun die einmaligen „Corona-Sondereffekte“ die in Wahrheit erhebliche Verschlechterung der Ertragssituation öffentlicher Apotheken. Es gebe keinerlei „Wirtschaftlichkeitsreserven“ mehr – im Gegenteil seien weitere Apothekenschließungen zu erwarten.

Generika und Hochpreiser nicht in einen Topf werfen

Auch was die Arzneimittelausgaben der GKV betrifft, sprachen sich die beiden Apotheker für eine differenzierte Betrachtung aus. Denn viele Basis-Arzneimittel wie Schmerz- und Fieber-Säfte, Antibiotika, Herzglykoside und Antidepressiva seien durch Rabattverträge in Deutschland jahrelang bereits so weit im Preis gedrückt worden, dass die Hersteller sie inzwischen lieber im Ausland verkauften. Das sei ein wesentlicher Grund für die aktuelle Medikamentenknappheit in Deutschland. Zu wenig werde öffentlich darüber gesprochen, dass die Gesamtausgaben für Arzneimittel vor allem wegen weniger innovativer, aber sehr teurer Arzneimittel stiegen, was man am Durchschnitts-Packungspreis neu einge­führter Arzneimittel im Jahr 2020 erkennen könne. Dieser habe den Fehskes zufolge bei knapp 12.000 Euro gelegen. „Für den gleichen Preis könnten 2.649 Kinder eine Flasche Ibuprofen-Fiebersaft bekommen“, sagte Christian Fehske.

Interesse zeigte Helling-Plahr auch an den neuen pharmazeutischen Dienstleistungen, für die die ABDA lange gekämpft hatte. Die Apotheker bestätigten, dieses neue Angebot sei ein erster Schritt in die richtige Richtung. Doch wegen der aktuell hohen Arbeitsbelastung infolge von Corona und Mehrarbeit durch Arzneimitteleng­pässe sei es für die meisten Apotheken ein ungünstiger Zeitpunkt, um damit zu beginnen. Außerdem könnten sie aufgrund von Personalknappheit nicht von allen Apotheken erbracht werden, weil viele Dienstleistungen, wie auch das Impfen, durch Approbierte erbracht werden müssen und nicht delegiert werden können.

Bürokratie macht Apotheken das Leben schwer

Ein weiteres Problem, mit dem die Apotheken zu kämpfen haben, ist die überbordende Bürokratie – auch das merkten die Fehskes im Gespräch mit Helling-Plahr an. Präqualifizierungen für Hilfsmittel, die brutalen Null-Retaxationen durch die Krankenkassen bei geringsten Formfehlern und die Diskussion um die geforderte Streichung der Botendienstgebühr von 2,50 Euro, die Apotheken sehr verantwortungsvoll nutzten, machten ihnen das Leben zusätzlich schwer.

Dennoch betonten die beiden Apotheker, dass sie ihren Beruf mit viel Freude und Engagement zum Nutzen der Gesellschaft ausüben – dies müsse andererseits aber auch angemessen honoriert werden. Seit vielen Jahren gab es für die Offizinen keine Honoraranpassung und jetzt werde die Vergütung trotz Inflation, steigender Energie- und Personalkosten sogar noch gesenkt. Das gefährde die notwendige flächendeckende Versor­gung der Bevölkerung mit Arzneimitteln durch Vor-Ort-Apotheken ebenso wie die Attraktivität der pharmazeutischen Berufe für den Nachwuchs. 

Konstruktive Atmosphäre

„Das Gespräch fand in einer außerordentlich konstruktiven, informativen Atmosphäre statt“, berichtet Christian Fehske. Die interessierte Bundestagsabgeordnete sei sichtlich beeindruckt gewesen von der Vielfalt der Aufgaben einer Apotheke sowie den teilweise überflüssig erscheinenden Alltagsproblemen. Sie habe zugesichert, Anregungen daraus in die zuständigen Gremien der Ampel-Koalition in Berlin einzubringen.


Deutsche Apotheker Zeitung
redaktion@daz.online


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1 Kommentar

Besuch von irgend wer in irgendwo

von Dr. Radman am 15.12.2022 um 16:20 Uhr

Gibt es schon wieder Wahlen in NRW oder was?. Ansonsten kann ich es mir nur schwer vorstellen, dass ein FDP Abgeordnete sich für die Belange der Apotheke interessiert.

Es ist der richtige Zeitpunkt für die Kündigung alle Rahmenverträge. Ansonsten passiert gar nichts, selbst wenn Lauterbach eine Apotheke auf dem Mars besuchen würde. Verplempern Sie Ihre Zeit nicht mit Besuchern und frustrierende Erklärungen. Handeln Sie , liebe ABDA.

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