Rote-Hand-Brief nach PRAC-Signalverfahren

Packungsbeilage muss vor falschen Laborwerten unter Biotin warnen

Bonn / Stuttgart - 20.05.2019, 17:45 Uhr

Biotin kann Laborwerte verfälschen, deswegen informiert das BfArM in einem Rote-Hand-Brief, dass künftig Fach- und Gebrauchsinformationen über die Interferenz informieren müssen. Apotheker sollen bei Abgabe von biotinhaltigen Arzneimittel und Nahrungsergänzungsmitteln informieren. ( r / Foto: rh2010 / stock.adobe.com)

Biotin kann Laborwerte verfälschen, deswegen informiert das BfArM in einem Rote-Hand-Brief, dass künftig Fach- und Gebrauchsinformationen über die Interferenz informieren müssen. Apotheker sollen bei Abgabe von biotinhaltigen Arzneimittel und Nahrungsergänzungsmitteln informieren. ( r / Foto: rh2010 / stock.adobe.com)


Arzneimittel und Nahrungsergänzungsmittel betroffen

Unter 4.4. Besondere Warnhinweise und Vorsichtsmaßnahmen für die Anwendung

Auswirkung auf klinische Laboruntersuchungen: Biotin kann Auswirkungen auf Laboruntersuchungen haben, die auf einer Wechselwirkung zwischen Biotin und Streptavidin beruhen und die in Abhängigkeit von der Untersuchungsmethode entweder zu falsch erniedrigten oder falsch erhöhten Untersuchungsergebnissen führen können. Das Risiko von Auswirkungen ist bei Kindern und Patienten mit Niereninsuffizienz erhöht und steigt mit höheren Dosen. Bei der Interpretation der Ergebnisse der Laboruntersuchungen muss eine mögliche Auswirkung des Biotins berücksichtigt werden, insbesondere wenn eine Unstimmigkeit mit dem klinischen Bild beobachtet wird (zum Beispiel Ergebnisse von Schilddrüsenuntersuchungen, die scheinbar auf Morbus Basedow hinweisen, bei asymptomatischen Patienten, die Biotin einnehmen oder falsch negative Troponintestergebnisse bei Patienten mit Herzinfarkt, die Biotin einnehmen). Sofern der Verdacht auf eine Beeinflussung durch Biotin besteht, sollten – sofern verfügbar ‐ alternative Untersuchungen, die für Auswirkungen des Biotins nicht anfällig sind, verwendet werden. Bei der Anforderung von Laboruntersuchungen bei Patienten, die Biotin einnehmen, sollte das Laborpersonal konsultiert werden.

150 µg Biotin oral, 60 µg parenteral

Das BfArM weist darauf hin dass der Rote-Hand-Brief alle biotinhaltigen Arzneimittel zum Einnehmen sowie Nahrungsergänzungsmittel oder diätetischen Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke, die mehr gleich 150 µg Biotin pro Dosiseinheit enthalten und Arzneimittel zur parenteralen Anwendung mit mehr gleich 60 µg Biotin pro Dosiseinheit enthalten. 

Fälle klinisch signifikanter Biotininterferenzen mit Laboruntersuchungen wurden bei verschiedenen Dosierungen beobachtet, jedoch konnte das Risiko bei Dosierungen unter 150 Mikrogramm pro Tag (orale Anwendung) und 60 Mikrogramm pro Tag (parenterale Anwendung) aufgrund der unzureichenden Datenlage vom PRAC nicht abschließend bewertet werden. Da Biotin überwiegend über den Urin ausgeschieden wird, ist bei Patienten mit Niereninsuffizienz von höheren Biotinkonzentrationen im Blut, längeren Halbwertszeiten und von einem höheren Risiko für klinisch signifikante Interferenzen auszugehen.

Apotheker sollen bei Biotin informieren

Bei der Abgabe von biotinhaltigen Produkten sollten Apotheker die Patienten über das Risiko verfälschter Laborwerte informieren. Hierbei sollten die vielfältigen Anwendungsbereiche von Biotin als Arzneimittel und Nahrungsergänzungsmittel (NEM) beachtet werden. Biotin wird in zahlreichen NEM angeboten, daneben findet es Einsatz bei Biotinmangelzuständen als Arzneimittel (Holocarboxylase-Synthetase- und Biotinidasemangel) oder für den täglichen Bedarf in der parenteralen Ernährung Anwendung. Hochdosis-Biotintherapien vom 300 mg Biotin täglich untersuchen klinische Studien derzeit bei Patienten mit Multipler Sklerose.



Celine Müller, Apothekerin, Redakteurin DAZ.online (cel)
redaktion@daz.online


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