Aurobindo / Indien

Weiterer Irbesartan-Rückruf – drohen Engpässe bei anderen Wirkstoffen?

Stuttgart - 29.10.2018, 16:30 Uhr

Symbolbild: Auch die Sartane indischer Wirkstoffhersteller werden genauer durchleutet. (b / Foto: Xinhua / imago)

Symbolbild: Auch die Sartane indischer Wirkstoffhersteller werden genauer durchleutet. (b / Foto: Xinhua / imago)


Am vergangenen Freitag hat Aurobindo seinen Irbesartan-Rückruf vom 11. Oktober um zwei Chargen erweitert. Bereits am 8. Oktober hatte das EDQM dem Wirkstoffhersteller Aurobindo aus Hyderabad, Indien, das Certificate of Suitability (CEP) entzogen. Zhejiang Huahai, der chinesische Hersteller im Zentrum des Valsartan-Falls, wird währenddessen seit dem 15. Oktober von der EMA verstärkt überwacht. Welche Wirkstoffe das betreffen könnte, lässt eine Mitteilung der kanadischen Arzneimittelbehörde vermuten.

Mittlerweile beschränkt sich der Fall um die Nitrosaminverunreinigungen nicht mehr nur auf Valsartan und NDMA: Am 8. Oktober hat das EDQM dem Wirkstoffhersteller Aurobindo Pharma Limited aus Hyderabad, Indien, das Certificate of Suitability (CEP) für die Irbesartan-Herstellung entzogen. Über die Arzneimittelkommission der Deutschen Apotheker (AMK) erfolgte bereits am 11. Oktober ein Irbesartan-Rückruf durch Aurobindo. Grund dieses zweiten Irbesartan-Rückrufs (nach Irbesartan von Hormosan) war nicht das wahrscheinlich krebserregende Nitrosamin NDMA, das im Sommer im verunreinigten Valsartan des chinesischen Wirkstoffherstellers Zhejiang Huahai gefunden wurde, sondern ein weiteres Nitrosamin: NDEA. Die gefundenen Mengen sollen nahe an der technischen Bestimmungsgrenze liegen.

Am vergangenen Freitag wurde der Irbesartan-Rückruf von Aurobindo nun um zwei Chargen erweitert:

  • Irbesartan/Hydrochlorothiazid Aurobindo 300 mg/12,5 mg Filmtabletten
    98 Filmtabletten, (PZN 02816125)
    Ch.-B.: ID3017009-A

  • Irbesartan/Hydrochlorothiazid Aurobindo 300 mg/25 mg Filmtabletten
    98 Filmtabletten, (PZN 02816214)
    Ch.-B.: IB3016002-A

Alle anderen auf dem Markt befindlichen Chargen mit einer längeren Laufzeit als 01/2019 seien nicht betroffen, heißt es in der AMK-Meldung vom 26. Oktober. Weiterhin gelte wie beim ersten Irbesaran-Rückruf von Aurobindo, dass die gemessenen Werte von NDEA Nahe an der technischen Bestimmungsgrenze liegen: je nach Wirkstoffcharge zwischen „nicht nachweisbar“ bis 0,27 ppm. Der Rückruf erfolge „vorsorglich“. Zum Vergleich: Bei der NDMA-Verunreinigung des Valsartans des chinesischen Wirkstoffherstellers Zhejiang Huahai ging man im Durchschnitt von 60 ppm aus. 

Erst am 15. Oktober veröffentlichte auch die europäische Arzneimittelagentur EMA  eine entsprechende Mitteilung, in der es heißt, dass Aurobindo kein Irbesartan mehr in die EU liefern darf. Die nationalen Behörden in der EU wögen ab, ob sie die entsprechenden Irbesartan-Fertigarzneimittel als Vorsichtsmaßnahme aus den Apotheken zurückrufen. Dieser Meldung kam Aurobindo in Deutschland also zuvor.

Welche Wirkstoffe von Zhejiang Huahai werden verstärkt überwacht?

Außerdem verkündete die EMA am 15. Oktober, dass sie Zhejiang Huahai am Standort Chuannan verstärkt überwache. Auch die europäischen Zulassungsinhaber müssten zusätzlich Tests für alle APIs von Zhejiang Huahai am Standort Chuannan durchführen. Diese Maßnahmen sind Folge einer europäischen und einer US-amerikanischen Inspektion am Standort Chuannan in Linhai, China. Für Europa kam die italienische Arzneimittelbehörde dabei zu dem Schluss, dass Zhejiang Huahai nicht GMP-konform arbeitet. Der ausgestellte Non-Compliance-Bericht bezog sich jedoch zunächst nur auf die Valsartan-Herstellung am Standort Chuannan. In den USA sprach die Arzneimittelbehörde FDA schon am 28. September ein generelles Importverbot gegen alle Produkte von Zhejiang Huahai am Standort Chuannan aus. 

Welche Wirkstoffe seit dem 15. Oktober von der verstärkten Überwachung durch die EMA betroffen sein könnten, lässt eine Pressemitteilung der kanadischen Gesundheitsbehörde vermuten: Neben Sartanen (Candesartan, Irbesartan, Losartan, Olmesartan, Telmisartan und Valsartan) werden darin die Wirkstoffe Levetiracetam, Nevirapin und Repaglinid aufgelistet. Für Levetiracetam („Process II“ und „Process V“) und Nevirapin besitzt Zhejiang Huahai beispielsweise gültige CEP-Zertifikate des EDQM.  

Könnten weitere Engpässe drohen?

In welchem Ausmaß Fertigarzneimittel in Europa und Deutschland konkret diese Wirkstoffe enthalten, wollte man DAZ.online nicht mitteilen. Da in der EU kein generelles Importverbot wie in den USA besteht, könnte man jedoch vermuten, dass Engpässe in Europa bei einem generellen Verbot nicht auszuschließen sind. Die EMA schrieb dazu an DAZ.online: „Nach Prüfung der Art der Ergebnisse der Inspektionen der EU und der USA entschieden die EU-Behörden, dass es keine ausreichenden Informationen gibt, um die Lieferung anderer Wirkstoffe von diesem Standort einzustellen, die in EU-Medikamenten verwendet werden.“ Es sei außerdem darauf hingewiesen, dass bei Zhejiang Huahai in keinem anderen Wirkstoff als Valsartan NDMA oder NDEA gefunden wurde. Und weiter:


Schließlich haben die EMA und die nationalen Behörden bei der Bewertung der Inspektionsergebnisse und der bei Zhejiang Huahai getroffenen Maßnahmen auch die Auswirkungen potenzieller Engpässe berücksichtigt.

Pressesprecherin der EMA


Die FDA erklärte gegenüber DAZ.online, dass keine weiteren Engpässe zum Zeipunkt des Importstopps von Zhejiang Huahai in den USA zu erwarten seien. Jedoch erfolgten auch in den USA keine weiteren Rückrufe. Wirkstoffe von Zhejiang Huahai, die bereits in den USA vorrätig sind, dürfen von den US-amerikanischen Fertigarzneimittelherstellern außerdem weiterhin verwendet werden. 

Im Non-Compliance-Bericht der EU wurde als Fazit aus den am 13. September 2018 festgestellten Mängeln bei Zhejiang Huahai am Standort Chuannan empfohlen, auch bezüglich der anderen Valsartan-CEPs etwaige Maßnahmen zu ergreifen, in denen Zhejiang Huahai als Hersteller von Zwischenprodukten aufgeführt wird. Zudem wird empfohlen, auch die Einfuhr von Zwischenprodukten von Zhejiang Huahai in die EU zu untersagen. Entsprechende Maßnahmen wurden bislang nicht bekannt.



Diana Moll, Apothekerin und Redakteurin, Deutsche Apotheker Zeitung (dm)
redaktion@daz.online


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