Einkauf rund um die Uhr

Medikamente „direkt aus der Wand“

Remagen - 23.10.2018, 09:00 Uhr

Apotheken in Österreich (Symbolbild): Über ein Terminal an der Fassade rund um die Uhr nicht nur vorbestellte Produkte abholen, sondern auch aus einem begrenzten Sortiment einkaufen können? (Foto: dpa)

Apotheken in Österreich (Symbolbild): Über ein Terminal an der Fassade rund um die Uhr nicht nur vorbestellte Produkte abholen, sondern auch aus einem begrenzten Sortiment einkaufen können? (Foto: dpa)


In der österreichischen Marktgemeinde Regau ist vor gut einer Woche eine Filialapotheke eröffnet worden, die mit einem neuen Service von sich reden macht. Über ein Terminal an der Fassade sollen die Kunden rund um die Uhr nicht nur vorbestellte Produkte abholen, sondern auch aus einem begrenzten Sortiment einkaufen können. Möglich machen das eine spezielle Software und ein Lagerautomat.

Die Niederlassungsbeschränkungen für öffentliche Apotheken werden in Österreich bekanntermaßen streng gehandhabt. Die Marktgemeinde Regau am Tor zum Salzkammergut, zwischen Attersee und Traunsee, hat sich knapp zehn Jahre lang vergeblich um die Ansiedlung einer Apotheke bemüht. Im Jahr 2017 erhielt die Besitzerin der nächstgelegenen Apotheke Puchheim im vier Kilometer entfernten Attnang-Puchheim Monika Kaniak-El-Masri schließlich eine rechtskräftige Bewilligung zur Errichtung einer Filialapotheke. Die Bedingungen für eine reguläre Apotheke hätten aufgrund der geographischen Ausgangslage der zersiedelten Gemeinde nicht erfüllt werden können, erzählte die Apothekerin gegenüber „pharmaceutical-tribune.at“.   

Nur ein halbes Jahr Bauzeit

Der Spatenstich fand schließlich im März 2018 statt. In nur sechs Monaten Bauzeit wurde die neue Veritas Apotheke errichtet. Seit gut einer Woche ist sie geöffnet. „Die Lage am Weinberg und auch die Geschichte der Region war Inspiration für uns“, heißt es auf der Webseite der top-modernen Offizin. „Der Name Regau lässt sich von ‚Rebengau‘ ableiten, der wiederum auf die Weinbaugeschichte verweist. In Anlehnung an das Zitat ‚in vino veritas‘ haben wir uns für den Namen Veritas Apotheke entschieden, übrigens die einzige Apotheke mit diesem Namen in Österreich.“ 

Gute Erfahrungen mit Abholautomat

Jetzt will die umtriebige Apotheken-Inhaberin richtig durchstarten. Als Filiale soll die Veritas Apotheke flexibler sein, auch bei den Öffnungszeiten, und das Sortiment soll auf die Arzneimittelbedürfnisse der Regauer abgestimmt werden. Geplant ist ein Concept Store für Gesundheit, Schönheit und Ernährung, der für die Einwohner und Passanten der verstreuten Gemeinde zu einer „Anlaufstelle für individuelle Wünsche“ werden soll.

Die Veritas Apotheke wartet außerdem mit einer Neuheit auf. In der Apotheke Puchheim sei bereits seit acht Jahren ein Abholautomat in Betrieb, berichtet Kaniak-El-Masri DAZ.online auf Anfrage. An der CareApo24-Station konnten bisher schon außerhalb der Öffnungszeiten reservierte Waren abgeholt und auch vor Ort am Automaten bezahlt werden. Außerdem finden sich in dem kühlschrankähnlichen Automaten zahlreiche nützliche Produkte für kleine Notfälle, wie etwa Franzbranntwein, Wärmepflaster, Lausspray, Halspastillen, Tampons, Kondome, Schwangerschaftstest, Pflaster, verschiedene Bepanthen-Produkte, Mittel gegen Halsschmerzen, Schnupfenkapseln, Hämorrhoidencreme, Herpes Patches oder Hustenmittel.

Einkauf rund um die Uhr

In der neuen Filiale will die fortschrittliche Apothekerin nun noch einen Schritt weiter gehen: Dort sollen die Kunden nicht nur jederzeit online vorbestellte Ware abholen und kleinere Einkäufe tätigen können. Über das Terminal an der Fassade sollen sie mit Hilfe einer eigens darauf abgestimmten Software und eines Lagerautomaten direkt auf ein größeres Produktsortiment zugreifen können, das für die Abgabe über diesen Weg freigegeben ist. Wer noch nicht so richtig weiß, was er konkret braucht oder möchte, soll über ein Menü im Bestellpanel zu seinem gewünschten oder einem passenden Produkt hingeführt werden. Derzeit werde ein Testlauf dafür gefahren, schildert Kaniak-El-Masri. Sie hofft, ihren Kunden den Service bald anbieten zu können. Die Idee komme aus Deutschland, meint sie, und verweist auf das Angebot des Leipziger Startups Apoly

Mit einer Online-Apotheke habe das aber auch bei einer Vorbestellung über das Internet nichts zu tun, betont Kaniak-El-Masri. Gleichwohl zieht sie für die Zukunft auch eine Versandhandelserlaubnis in Betracht.

Viel Personal

Kaniak-El-Masri hat ein großes Team. In der Haupt-Apotheke, an die ein Gesundheitszentrum für die medizinische Nahversorgung mit Ärzten verschiedener Disziplinen sowie eine Fachpraxis für Physiotherapie, Prävention und Training angeschlossen ist, beschäftigt sie noch drei weitere Apothekerinnen, sieben PKA und vier weitere PKA in Ausbildung. Außerdem unterstützen zwei Hygiene-Managerinnen, eine Kosmetikerin sowie ein Marketing-Assistentin das internationale Team. In der neuen Filial-Apotheke, die von El-Masris Schwester geführt wird, arbeiten neben dieser noch zwei weitere Apothekerinnen, zwei PKA und eine Drogistin und Kosmetikfachberaterin. Der einzige Mann in der Belegschaft ist ihr Ehemann Samir El-Masri, der sich um das Qualitäts-Management kümmert.



Dr. Helga Blasius (hb), Apothekerin
redaktion@daz.online


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1 Kommentar

Kopfschütteln

von Jan am 24.10.2018 um 8:44 Uhr

Wie macht man sich selbst überflüssig? Genau so. Wie wirkt man der Profanisierung von Arzneimitteln entgegen? So nicht.

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