„Datenklau“-Verfahren

„Wer einmal lügt, dem glaubt man nicht…“

Berlin - 26.09.2018, 15:15 Uhr

Ex-ABDA-Sprecher und Apotheke Adhoc-Herausgeber Thomas Bellartz (re.) und sein Verteidiger Carsten Wegner (li.) werfen der Staatsanwaltschaft und den Ermittlern im „Datenklau“-Verfahren schwere Fehler vor. (Foto: Külker)

Ex-ABDA-Sprecher und Apotheke Adhoc-Herausgeber Thomas Bellartz (re.) und sein Verteidiger Carsten Wegner (li.) werfen der Staatsanwaltschaft und den Ermittlern im „Datenklau“-Verfahren schwere Fehler vor. (Foto: Külker)


„Systemversagen“ bei der Staatsanwaltschaft?

Der Staatsanwaltschaft warf der Bellartz-Anwalt nicht weniger als ein „Systemversagen“ vor. Diese Äußerung bezog Wegner auf den Fakt, dass Staatsanwalt Roland Hennicke erst einen Tag, bevor er im Prozess auftreten musste, mit dem Fall vertraut gemacht wurde. Wegner zog daher die folgende Schlussfolgerung: „Müssen wir mit weiteren Überraschungen rechnen?“ Er zitierte ein Sprichwort: „Wer einmal lügt, dem glaubt man nicht, und wenn er auch die Wahrheit spricht.“ Erneut beantragte Wegner daher auch eine Zeugenanhörung des Staatsanwaltes.

Beim Staatsanwalt selbst prallte diese Kritik jedoch ab. Er sehe eine mögliche Zeugenvernehmung seiner Person nicht im Zusammenhang mit dem Tatvorwurf, so der Staatsanwalt. Inhaltlich wollte er aber keine Stellungnahme zu den Wegner-Vorwürfen abgeben.

Richter wollen Bahr nicht im Zeugenstand

Und auch beim Vorsitzenden Richter hatte Wegner am heutigen Mittwoch wieder einmal keinen Erfolg: Das Gericht lehnte gleich mehrere Anträge des Verteidigers ab. Die Richter wollen nicht nur den Staatsanwalt nicht im Zeugenstand sehen, sondern auch Ex-Bundesgesundheitsminister Daniel Bahr (FDP). Dessen Vorladung hatte die Bellartz-Verteidigung aber am letzten Prozesstag gefordert. Wegner wollte damit herausfinden, ob es damaligen BMG-Mitarbeitern grundsätzlich erlaubt war, private und Dienst-E-Mails in ihren Postfächern zu vermischen. Das Gericht lehnte dies ab mit der Erklärung, dass die Bewertung der Schuld nicht davon abhänge.

Schließlich erklärten die Richter auch noch, dass sie der Verteidigung keine Hinweise zum Verfahrensstand geben werden. Zur Erklärung: Wegner hatte dem Gericht und der Staatsanwaltschaft vorgeworfen, dass sich das Verfahren nur noch um ein „gegenständliches Nichts“ drehe, weil bei Bellartz‘ nie entsprechende Mails gefunden worden seien. Das stritten die Richter auch nicht ab. Aber der Fakt, dass keine Mails gefunden worden seien, führe nicht dazu, dass die Verfahrensbeteiligten Recht darauf hätten, solche Hinweise über den Stand des Verfahrens zu erhalten.

Ein Ende des Verfahrens ist aber weiterhin nicht in Sicht. Das Gericht legte heute weitere Termine fest, die bis tief in den Dezember 2018 hineingehen. Immerhin: Der Richter kündigte an, sich bei der nächsten Sitzung wieder mit der Teileinstellung des Verfahrens beschäftigen zu wollen, die in Paragraf 154 der Strafprozessordnung vorgesehen ist. 



Benjamin Rohrer, Chefredakteur DAZ.online
brohrer@daz.online


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