Digitalisierung

Telematik-Start: AfD fordert 12 Monate Aufschub

Berlin - 11.07.2018, 15:00 Uhr

Eigentlich soll durch den Ausbau der Telematik und die eGK Geld gespart werden - bisher kostete die 14-jährige Entwicklung anderthalb  Milliarden Euro. (b / Foto: Imago)

Eigentlich soll durch den Ausbau der Telematik und die eGK Geld gespart werden - bisher kostete die 14-jährige Entwicklung anderthalb  Milliarden Euro. (b / Foto: Imago)


Bis zum Jahresende sollen laut dem E-Health-Gesetz alle Leistungserbringer an die Telematikinfrastruktur angeschlossen sein. Dies findet die AfD-Bundestagsfraktion unrealistisch und verlangt, dass die Frist für den Roll-out um ein Jahr verlängert wird. Mit der Forderung nach einer Verlängerung ist die AfD nicht alleine, denn auch FDP und KBV wollen einen Aufschub um mindestens 6 Monate. 

Bis zum 31. Dezember dieses Jahres müssen alle Arztpraxen, Apotheken und Krankenhäuser an die Telematikinfrastruktur (TI) angeschlossen sein. Diese Frist, die das E-Health-Gesetz vorgibt, hält die AfD-Bundestagsfraktion für „technisch und planerisch“ nicht machbar. In ihrem Antrag fordert die AfD, die Deadline um 12 Monate zu verlängern. Außerdem sollen die Honorarkürzungen, die Ärzten bei Fristüberschreitung drohen, ausgesetzt werden. Denn die technischen Voraussetzungen, diese Frist zu erfüllen, seien nicht gegeben, begründet die AfD ihre Forderung.  

Nadelöhr Hardwarekonnektor

Mit den technischen Problemen ist unter anderem der sogenannte Hardwarekonnektor gemeint, den Heilberufe benötigen, um sich mit dem TI-Netz zu verbinden. Bis Ende Juni stand nur die Compugroup als zertifizierter Anbieter für diesen speziellen Router zur Verfügung. Diesen Umstand kritisiert die AfD: „Als marktwirtschaftliche Voraussetzung sollten mehrere Anbieter der erforderlichen Geräte zu Verfügung stehen. Die Befürchtung, dass sonst eine monopolistische Preisgestaltung möglich würde, wurde in diesem Zusammenhang von der ärztlichen Selbstverwaltung sowie vonseiten der Ärzte geäußert.“

Mehreren Medienberichten zufolge hat der Hardwarekonnektor der Telekom-Tochter T-Systems vor wenigen Tagen das Zulassungsverfahren durchlaufen. Mit weiteren Anbietern könnte die Anbindung an die TI beschleunigt werden. Dennoch sind bis jetzt erhebliche Verzögerungen zu verzeichnen: Nach Informationen des Bundesgesundheitsministeriums (BMG) sind nur etwa 12 Prozent der Arztpraxen mit dem Konnektor ausgestattet.

Anbindung der Apotheken noch nicht gestartet

In Apotheken hat dem Vernehmen nach der Prozess der Hardwareausstattung noch nicht einmal begonnen. Eine vollständige Anbindung bis Jahresende ist daher nicht sehr wahrscheinlich. Laut dem E-Health-Gesetz sollten auch die Apotheker ab Januar 2019 an die TI angebunden sein, um auf die elektronischen Medikationspläne der Versicherten zugreifen zu können. Glücklicherweise drohen den Pharmazeuten keine Sanktionen, wenn sie diese Frist nicht einhalten. Wann der bundesweite elektronische Medikationsplan zur Verfügung steht, ist allerdings fraglich. So geht das BMG derzeit davon aus, dass erst ab Mitte 2019 die entsprechenden Softwareprodukte in den Markt kommen.

Ähnliche Anträge von AfD und FDP

Die Entwicklung der TI, die als Datennetz für die Anwendungen der elektronischen Gesundheitskarte dienen soll, dauert seit 14 Jahren an und hat bis heute etwa anderthalb Milliarden Euro gekostet. Auch das vor gut zwei Jahren verabschiedete  E-Health-Gesetz beschleunigte die schleppende Entwicklung nur moderat: So musste bereits im vergangenen Jahr die Frist für den Roll-out um 6 Monate verlängert werden.

Vor einem Monat hatte die FDP-Bundestagsfraktion ebenfalls gefordert, die Frist um mindestens 6 Monate zu verlängern. Auch die vorgesehenen Honorarkürzungen finden die Freien Demokraten ungerechtfertigt. Über die Anträge wird nicht vor Ende der Sommerpause beraten werden. Dass Fraktionen unabhängig voneinander ähnlich lautende Anträge stellen, ist nicht ungewöhnlich. So gab es im Rahmen der Subsidiaritätsrüge zur europäischen Nutzenbewertung mehrere, nahezu wortgleiche Anträge.

Auch KBV fordert Fristverlängerung

Die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) verlangt seit Monaten, dass der Starttermin für den Roll-out verschoben wird. Dass der Termin nicht gehalten werden kann, sei nicht die Schuld der Ärzte und Psychotherapeuten, stellte KBV-Vorstandsmitglied Dr. Thomas Kriedel in einer Pressemitteilung klar. „Immer mehr Politiker machen sich dafür stark, dass die Vertragsärzte und Vertragspsychotherapeuten nicht für etwas bestraft werden, wofür sie nicht verantwortlich sind. Jetzt muss Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) handeln und unverzüglich die Frist für die Einführung der neuen Technik um mindestens ein halbes Jahr verlängern“, appelliert Kriedel.  



Dr. Bettina Jung, Apothekerin, Redakteurin DAZ.online
redaktion@daz.online


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