Honorargutachten

Kompensation auf Kosten der Kunden?

Tübingen - 13.01.2018, 09:00 Uhr

Geht es nach dem Honorargutachten, müssen Apotheken in Zukunft ihre OTC-Preise drastisch erhöhen. (Foto: Schelbert)

Geht es nach dem Honorargutachten, müssen Apotheken in Zukunft ihre OTC-Preise drastisch erhöhen. (Foto: Schelbert)


Das vom Bundeswirtschaftsministerium in Auftrag gegebene Honorargutachten schlägt massive Kürzungen beim Rx-Kombi-Modell und bei der Großhandelsvergütung vor. Zwar soll bei der BtM-Gebühr und den Arbeitspreisen für die Rezeptur auch erheblich aufgebessert werden, doch müssen alle Apothekentypen mit Ertragseinbußen rechnen. Als Ausweg nennt das Gutachten die Kompensation im OTC-Bereich. Aber wie würde das in der Praxis aussehen?

Das Honorargutachten schlägt Preiserhöhungen im OTC-Bereich vor und nennt durchschnittlich 0,71 Euro je Packung quer über alle nicht-rezeptpflichtigen, bar verkauften Packungen hinweg (Arznei- wie Nicht-Arzneimittel). Das wären knapp 10 Prozent Aufschlag. Da aber die Einbußen wohl nicht bei den kolportierten 40.000 Euro je Apotheke im Schnitt lägen (die sich nur bei Vernachlässigung der Rabattproblematik in etwa bestätigen), sondern eher doppelt so hoch, wären deutlich höhere Preisaufschläge nötig. Diese würden sich zudem ganz erheblich je nach Apothekentyp und Absatzstruktur unterscheiden. Hierbei ist berücksichtigt, dass ein nicht unwesentlicher Teil des Non-Rx-Segmentes verordnet und insoweit nicht frei kalkulierbar ist.

Wettbewerbsnachteile würden sich weiter verschärfen

Setzten die jeweiligen Apotheken dies tatsächlich um, würden sich für viele Betriebe die Wettbewerbsnachteile weiter verschärfen. So kämen OTC-lastige, frequenzstarke und verkehrsgünstig gelegene Center-Apotheken mit geringeren Preisaufschlägen hin und würden so die Stadtteil- und Land-Apotheken weiter unter Druck bringen, welche erheblich stärkere Preiserhöhungen in ihrem oft schon schwierigeren Marktumfeld durchsetzen müssten. 
Für alle Apotheken gilt zudem, dass der Versandhandel als sehr effektiver „OTC-Preisdeckel“ wirkt. Er verkauft im Wesentlichen zum Listen-Einkaufspreis und lebt von den selbst erhaltenen Rabatten, was in OTC-Spannen von 20 bis 25 Prozent mündet. Das wirft die spannende, dann existenzielle Frage auf, was überhaupt am Markt durchsetzbar wäre.

 Am Beispiel eines fiktiven OTC-Präparats aus dem mittleren Preissegment soll dies verdeutlicht werden: 

Abb. 1: Preisaufschläge bei einem OTC-Präparat, um die Rohertragseinbußen im Rx-Bereich zu kompensieren.

Hier wurden die rechnerisch nötigen Preiserhöhungen einmal praktisch durchgerechnet und graphisch dargestellt (Abb.1). Die Preisabstände zwischen den Apotheken und erst recht zum Versand (ebenfalls vergleichsweise aufgeführt) wären beträchtlich und hätten mit Sicherheit Auswirkungen auf die Kundenwahrnehmung – Abstimmung „mit den Füßen“ oder per Klick am Computer eingeschlossen. Alternative: Die Apotheken nehmen eben ganz empfindliche Gewinneinbußen hin.

In der DAZ 02/18 finden Sie den vollständigen Artikel.

Dieser Text ist ein Auszug aus dem Artikel „Welchen Apotheken drohen welche Einbußen?“ aus der aktuellen DAZ-Ausgabe. Autor Dr. Reinhard Herzog hat durchgerechnet, mit welchen Konsquenzen Apotheker bei einer Umsetzung des Honorargutachtens rechnen müssten. 


Prof. Dr. Reinhard Herzog, Apotheker, DAZ-Autor
redaktion@daz.online


Diesen Artikel teilen:


Das könnte Sie auch interessieren

Das Honorargutachten sägt an den wirtschaftlichen Grundlagen der Apotheken

Welchen Apotheken drohen welche Einbußen?

Mit welchem Warenlageraufwand man seine Lieferfähigkeit verbessert

Packungs-Jonglieren auf dem Hochseil

40.000 Euro weniger pro Apotheke

Honorargutachten veröffentlicht

Eine Diskussion zum Apothekenhonorar im Vorfeld des Deutschen Apothekertags

„Wir subventionieren doch die Kassen mit unserer OTC-Abgabe“

Gegenrechnung zum Honorargutachten

Eine Milliarde mehr oder weniger Honorar?

Varianten der Kostenrechnung ergeben Honorarerhöhung von mindestens 1 Mrd. Euro

Die Gegenrechnung

1 Kommentar

Rx-Anteil zu gering

von Reinhard Rodiger am 15.01.2018 um 10:43 Uhr

Akzeptiert man die Berechnungsmethode mit der Schlüsselgrösse Rx-Anteil, so bleibt offen,warum der verordnete Non-Rx-Anteil nicht dem"GKV"-Teil zugeordnet wird.Dann ergäbe sich statt 40 % etwa 48% Verordnungsanteil

Entsprechend geringer wäre dann der via OTC/Freiwahl zu kompensierende Teil und damit Verlust der Apotheke bzw Belastung der Bevölkerung.

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.