Nordrhein-Westfalen

Bürgerinitiative sorgt für Apotheken-Wiedereröffnung

Stuttgart - 13.11.2017, 16:30 Uhr

Wiedereröffnet nach Bürgerinitiative: Im nordrhein-westfälischen Wethmar hat eine Apotheke wiedereröffnet, weil die Bürger des Ortes sich jahrelang dafür eingesetzt hatten. (Foto: privat)

Wiedereröffnet nach Bürgerinitiative: Im nordrhein-westfälischen Wethmar hat eine Apotheke wiedereröffnet, weil die Bürger des Ortes sich jahrelang dafür eingesetzt hatten. (Foto: privat)


Apothekenschließungen sind derzeit keine Seltenheit in Deutschland. Schließt eine Offizin ihre Türen, findet sich nur selten ein Nachfolger – insbesondere in ländlichen Regionen bleiben Ortschaften dann ohne Apotheke. Anders in Lünen: Dort haben eine Bürgerinitiative und die Apothekerkammer so lange gekämpft, bis ein Nachfolger gefunden wurde.

Ein handgeschriebener Zettel hängt am Eingang der Penta Apotheke in Lünener Stadtteil Wethmar: „Wegen Krankheit vorübergehend geschlossen". Kunden stehen in jenem Februar 2013 mit ihren Rezepten vor verschlossener Tür. Ebenso das Personal. Auch Vermieterin Hally Reimann hat keine Idee, was hinter der Notiz steckt.In den folgenden Wochen werden Gerüchte laut. Von Insolvenz ist die Rede. Tatsächlich wird diese Monate später eingeleitet. Mehr als drei Jahre lang bleibt die einzige Apotheke im Stadtteil geschlossen. 

Auch wenn die flächendeckende Versorgung mit Medikamenten noch gewährleistet ist, bedeutet  die Schließung einer Apotheke immer Unannehmlichkeiten für die Kunden. Die Entfernungen werden größer, was vor allem für Ältere oft problematisch ist. „Die Einwohner mussten auf Online-Apotheken ausweichen oder zeitaufwändige Wege zur nächsten Apotheke am Hauptbahnhof in Kauf nehmen", fasst Anwohnerin Petra Dreiskemper die Lage zusammen. Ärgerlich ist der Zustand für Patienten, die ihre Rezepte bei Ärzten im Pentamed-Gesundheitszentrum erhalten. Sie konnten diese nicht mehr in der ebenerdig angebundenen Apotheke einlösen.

Vermieterin Reimann, die selbst als Psychologin eine Praxis in dem fünfeckigen Gebäude betreibt, beschreibt die Suche nach einem Nachfolger als schwierig. „Es gab Interesse von Lünener Apothekern, das sich aber immer wieder zerschlagen hat“. Verstehen kann sie das nicht. „Mit knapp 5000 Einwohnern, keiner weiteren Apotheke in der unmittelbaren Umgebung und Anbindung an das Zentrum mit mehreren Ärzten ist das kein schlechter Standort“,  beurteilt auch Sebastian Sokolowski, Sprecher der Apothekerkammer Westfalen-Lippe, die Lage.

Kammer nahm 852 Unterschriften entgegen

Indes startete die Anwohnerin Petra Dreiskemper eine Unterschriftenaktion, die sich für eine Wiedereröffnung stark machte. „Die Unterstützung in der Bevölkerung war enorm“, berichtet die Schulleiterin. In Gesprächen mit den Bürgern sei deutlich geworden, dass eine medizinische Nahversorgung mit Medikamenten gebraucht werde. Die Liste mit 852 Unterschriften nahm René Graf, Vizepräsident der Kammer, persönlich entgegen. Das sorgte für Aufmerksamkeit in der Presse. „Wir selbst können zwar keine Nachfolger organisieren“, meint Sprecher Sokolowski, „aber das Engagement der Bürger für eine wohnortnahe Versorgung unterstützen wir immer gerne.“

Zu Beginn dieses Jahres fand sich endlich ein Nachfolger: Friedrich Schneider betreibt seit fast 15 Jahren die Adler-Apotheke im Nachbarort Werne. „Ich war schon länger auf der Suche nach einem geeigneten Standort für eine Filiale“, so der 49-Jährige. Nur zehn Minuten von seiner Hauptapotheke in der Werner Innenstadt entfernt, sei die Lage für ihn sehr günstig.

Von der Unterschriftenaktion hatte er gehört. „So viel Interesse für eine Apotheke vor Ort stimmt mich natürlich optimistisch, dass die Filiale gut ankommen wird.“ Trotzdem beurteilt er die Situation realistisch: „Ein neuer Laden ist immer ein Risiko, ein guter Standort allein reicht heutzutage nicht mehr“, so der gebürtige Werner.

Damit es ihm nicht wie seinem Vorgänger geht, setzt Schneider für seine erste Filiale vor allem auf Service und Kooperation. Er hat eine Fortbildung in praktischer Diabetologie. An den Beratungsschwerpunkt für Diabetiker im Gesundheitszentrum, einer von zweien in der Region, will er anknüpfen. Unterstützt wird er von einem motivierten Team. Die neue Filialleiterin freue sich nach zehn Jahren in der Adler-Apotheke auf die Herausforderung, sagt er. Vermieterin Reimann ist ebenfalls glücklich mit dem neuen Inhaber. „Mit Herrn Schneider hat es gleich sehr gut gepasst“, meint sie und freut sich, dass das Gesundheitszentrum mit der neuen Penta Apotheke wieder vollständig ist. Die umfassenden  Renovierungsarbeiten im Erdgeschoss konnte man auf Facebook mitverfolgen. Bei so viel Einsatz auf allen Seiten hat die Penta Apotheke nach der Eröffnung am 6. November sicher bald viele neue Fans.  



Michael Sudahl, Autor DAZ.online
redaktion@daz.online


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