Interview DHL

Wann übergibt die DHL Arzneimittel-Pakete an Kinder?

Berlin - 20.09.2017, 12:00 Uhr

Lieferung von der Versandapotheke: Wenn Versandapotheken nicht ausdrücklich dafür bezahlen, dürfen DHL-Boten Arzneimittel-Lieferungen auch an Kinder übergeben. (Foto: dpa)

Lieferung von der Versandapotheke: Wenn Versandapotheken nicht ausdrücklich dafür bezahlen, dürfen DHL-Boten Arzneimittel-Lieferungen auch an Kinder übergeben. (Foto: dpa)


Medpex hat auf die Alterssichtprüfung verzichtet

DAZ.online: Zurück zu dem Fall mit dem 9-jährigen Jungen. Hatte die Versandapotheke Medpex denn einen solchen Service gebucht?

Ernzer: Aus Sicht von DHL Paket ist der Prozess der Zustellung und die Übergabe des Pakets nach allen uns vorliegenden Informationen regelkonform und korrekt abgelaufen, da der Sendung keiner der zur Verfügung stehenden Versandservices zu gebucht worden ist, die eine Übergabe an eine Altersprüfung geknüpft hätten. Ob es in der Kommunikation mit dem Versender zu Missverständnissen in der Beratung gekommen ist, können wir dabei nicht nachvollziehen. Wir bedauern, dass eine Sendung, die wohl sicherlich nicht in die Hände eines Kindes gelangen sollte, nun an einen 9-Jährigen übergeben wurde und hoffen, dass der Inhalt so beschaffen war, dass dabei niemand  zu Schaden gekommen ist.

DAZ.online: Werden Sie denn Ihre Geschäftspolitik mit Blick auf Arzneimittel-Lieferungen ändern?

Ernzer: Wir können, wollen und dürfen nicht wissen, ob der Inhalt eines Pakets sensibel ist und ob es Einschränkungen bezüglich zulässiger Empfangsberechtigter gibt, so lange uns der Versender eine solche Einschränkung nicht im Rahmen unseres Portfolios mitteilt, indem er den passenden Service auswählt.

Wie läuft es in der Apotheke vor Ort?

Auch in der Apotheke vor Ort ist eine Abgabe von Arzneimitteln an Kinder und Jugendliche grundsätzlich nicht verboten oder ausgeschlossen. Die ABDA teilt hierzu mit:

Grundsätzlich geben Apotheker Kindern Medikamente nur unter Vorbehalt mit. Thomas Benkert, Vize-Präsident der Bundesapothekerkammer, empfiehlt Eltern deshalb, nur Erwachsene als Boten in eine Apotheke schicken. Wer auf sich allein gestellt, bettlägerig oder gehbehindert ist, kann in der Apotheke anrufen und einen Botendienst bestellen.

Das Gesetz verbietet Apothekern zwar nicht grundsätzlich, Arzneimittel an Kinder abzugeben. Dagegen spricht jedoch einiges: Auch vermeintlich ‚harmlose‘ rezeptfreie Medikamente können bei falscher Anwendung der Gesundheit schaden oder werden von Jugendlichen absichtlich missbräuchlich verwendet. Benkert: „Wie soll ein Apotheker einen erwachsenen Patienten umfassend beraten, wenn er dies über ein Kind als Boten tun soll? Kinder können beispielsweise Einnahmehinweise nicht verstehen und deshalb auch nicht übermitteln." Auch wenn der Apotheker Fragen zu anderen Medikamenten des Patienten hat, beispielsweise um mögliche Wechselwirkungen zu beurteilen, kann er sie nur mit einem Erwachsenen verlässlich besprechen.



Benjamin Rohrer, Chefredakteur DAZ.online
brohrer@daz.online


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