Toxische Nebeneffekte

Forscher suchen Ursache für Todesfall bei Arzneimittel-Studie

Stuttgart - 09.06.2017, 12:15 Uhr

BIA 10-2474: Ein Patient verstarb in der Phase 1-Studie von Biotrial, die Ursache ist immer noch unklar. (Foto: dpa)

BIA 10-2474: Ein Patient verstarb in der Phase 1-Studie von Biotrial, die Ursache ist immer noch unklar. (Foto: dpa)


Hat Bial nachlässig gearbeitet?

Zwar untersuchten die Forscher humanes Nervengewebe, sie hatten jedoch keinen Zugriff auf Proben des verstorbenen Probanden erhalten. „Unsere Ergebnisse erlauben uns nicht, festzustellen, dass die Off-Target-Effekte für die Nebenwirkungen bei den Probanden verantwortlich waren“, erklärt van der Stelt daher – und verweist auf den fehlenden Nachweis einer Kausalität. Bial hätte vor Start der klinischen Studie eine umfassendere Analyse seiner Substanz vornehmen müssen, kritisiert er – wie Pfizer es getan habe. „Wenn Bial dasselbe getan hätte, wären sie vielleicht zu einer anderen Schlussfolgerung gekommen“, sagt van der Stelt.

„Hier haben wir jetzt eine rationale Erklärung, was das Problem bei dieser klinischen Studie gewesen sein könnte“, sagt Jürg Gertsch. Die Studie sei „sehr breit und sehr sorgfältig gemacht“ und zeige, dass das Molekül nicht sauber profiliert wurde. „Man kann sagen, dass das Molekül vermutlich das Problem ist – und nicht die Fettsäureamid-Hydrolase“, erklärt der Biochemiker. Seiner Ansicht nach sei FAAH weiterhin ein interessantes Drug-Target.

Immer noch keine ausreichende Erklräung für Toxizität

„Hätte man in der präklinischen Entwicklung des Moleküls das Activity Based Profiling durchgeführt, wäre das Molekül vermutlich nicht weiterentwickelt worden“, sagt Gertsch. Es sei „eigentlich unglaublich“, dass die Bindungen, die BIA 10-2474 eingeht, nicht genauer untersucht wurden. Laut Studienprotokoll ging Bial wohl davon aus, dass die Bindung auch an FAAH teils reversibel sei. „Es war der Fehler, dass man die Untersuchungen nach der Frage, ob es irreversibel bindet, nicht ganz am Anfang gemacht hat – das ist etwas Offensichtliches.“

Die neue Studie würde zwar noch keine ausreichende Erklärung für die beobachtete Toxizität bei den Probanden liefern, sagt der ebenfalls beteiligte Neurowissenschaftler Daniele Piomelli von der University of California. Dennoch hätten sich interessante Erkenntnise ergeben.



Hinnerk Feldwisch-Drentrup, Autor DAZ.online
redaktion@daz.online


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