Die letzte Woche

Mein liebes Tagebuch

07.06.2015, 08:00 Uhr

Rückblick auf die letzte Woche (Foto: imagesab - Fotolia.com)

Rückblick auf die letzte Woche (Foto: imagesab - Fotolia.com)


Unsere Vergütung ist nicht zukunftsfähig, sagt unser ABDA-Präsident. Das heißt, mein liebes  Tagebuch: So, wie wir Apothekers zurzeit honoriert werden, da ist der Wurm drin. Wie’s weiter geht? Wir wissen es nicht. Und was ist eigentlich in unserem Honorar enthalten? Ist da schon das Honorar für den Medikationsplan drin? Ach ja, beim elektronischen Plan dürfen wir wahrscheinlich doch mitmachen, hat das Ministerium gezwitschert. Außerdem in dieser Woche: Bei Hilfsmitteln kennen Kassen nur eins: billig und noch mal billig. Zum Glück müssen wir nicht alles mitmachen und können hier auch mal nein sagen.

1. Juni 2015

Nein, verstehen kann man das mit gesundem Menschenverstand nicht: Beim Hilfsmittelliefervertrag zwischen Deutschem Apothekerverband und der Knappschaft ist vereinbart, dass der letzte Kalendermonat der Versorgung während der Mitgliedschaft nicht mehr abrechenbar ist. Konkret: Eine Apotheke, die einen bei der Knappschaft Versicherten kurz vor dessen Tod noch mit Hilfsmitteln versorgt, muss damit rechnen, auf den Kosten sitzen zu bleiben. Mein liebes Tagebuch, wie kann man so etwas vereinbaren? Der DAV erklärt das so: Der besagte Vertrag für die Versorgung mit ableitenden Inkontinenzhilfen legt eine Pauschalvergütung fest und der letzte Kalendermonat während der Mitgliedschaft bei der Krankenkasse ist nicht abrechenbar. Dafür sei der erste Kalendermonat der Versorgung unabhängig vom konkreten Anfangsdatum in voller Höhe abrechenbar. Der DAV sieht darin eine Risikoverteilung, die für die Apotheke auch Vorteile enthält. Denn im ersten Kalendermonat erhalte die Apotheke stets die volle Vergütung, unabhängig davon, wie viele Produkte abgegeben worden seien. Solche Verträge seien im Hilfsmittelmarkt nicht unüblich. Außerdem: Eine Apotheke muss ja dem Vertrag nicht beitreten, sie darf dann eben die Knappschaftsversicherten nicht mit Hilfsmitteln versorgen. Alles richtig, klar. Andererseits, was sind das für Verträge, die von Kassenseite darauf spekulieren, dass der letzte Versorgungsmonat des Patienten zulasten der Apotheke geht?

2. Juni 2015

Wie differenziert man das Thema Versandhandel, Rezeptsammelstelle und Pick-up-Stelle betrachten muss, zeigt ein aktuelles Urteil. Eine Apothekerin stellte im Eingangsbereich eines Lebensmittelmarkts eine Rezept-Sammelbox auf. Kunden, die ihre Rezepte dort einwarfen, konnten wählen, ob sie ihre Arzneimittel in der Apotheke abholen oder per Boten geliefert bekommen. Verboten, sagte das Oberlandesgericht, da das eine nicht genehmigte Rezeptsammelstelle ist. Außerdem sind Rezeptsammelstellen im Lebensmittelmarkt nicht erlaubt. Mit einer Sammelbox wird außerdem kein Versandhandel betrieben (für den die Apothekerin eine Erlaubnis hat) und keine Pick-up-Stelle, da die Arzneimittel im Supermarkt nicht abgeholt werden können. Also: Eine Sammelstelle darf man nicht einfach so aufstellen, sie muss genehmigt werden – das sollte man doch mittlerweile wissen. Die mögliche Alternative wäre gewesen: eine Pick-up-Stelle einrichten nach dem Modell des dm-Drogeriemarktes. Aber, wer braucht denn so was? Außerdem: kollegial mehr als unschön.

3. Juni 2015

Alle Patienten, die regelmäßig drei oder mehr Arzneimittel erhalten, haben in Zukunft einen Anspruch auf einen schriftlichen Medikationsplan. Ja, mein liebes Tagebuch, wie viele Patienten sind das eigentlich konkret? Darüber scheint es derzeit keine Zahlen zu geben. Selbst das Bundesgesundheitsministerium hat dazu keine Informationen. Aber Professor Glaeske. Er wagt eine grobe Schätzung anhand seines Barmer GEK-Arzneimittelreports aus dem Jahr 2013 und rechnet es auf Deutschland hoch. Demnach hätten knapp 10 Mio. Versicherte über 65 Jahre Anspruch auf einen Medikationsplan. Wie viele es unter 65 Jahre sind, das weiß er allerdings auch nicht. Mein liebes Tagebuch, mal abgesehen von der anspruchsberechtigten Menge: Man darf gespannt sein, ob die Ärzte ihren Patienten den schriftlichen Medikationsplan aktiv anbieten und sie darauf hinweisen oder ob Patienten ihn einfordern. Vielleicht passiert aber auch gar nichts.

 

Nochmal Hilfsmittelverträge: Beifall für den Saarländischen Apothekerverein, der sich von der  AOK Rheinland-Pfalz/Saarland nicht in die Knie zwingen lässt. Der Verband lehnte die neuen Konditionen der Kasse zur Versorgung mit aufsaugenden Inkontinenzhilfsmitteln ab, weil, so der Verband, der vorgelegte Vertragstext ein Knebelvertrag sei. Die Konditionen seien inakzeptabel. Gut so, mein liebes Tagebuch, es kann nicht sein, dass die Apotheken alles schlucken, was die Kassen vorlegen, und sich ausbeuten lassen. Versicherte dieser AOK können ihre  Inkontinenzhilfsmittel ab nächsten Monat nicht mehr über Apotheken beziehen (es sei denn, eine Apotheke ist dem Vertrag aus eigenem Antrieb beigetreten). Apotheken sollten die Versicherten deutlich darauf hinweisen, warum sie nicht mehr liefern können. Vielleicht machen die Versicherten bei ihrer Kasse Druck. Das saarländische Gesundheitsministerium hat das Verhalten der Kassen bereits kritisiert. Die zuständige Ministerin Monika Bachmann stellte sogar die Ausschreibungspraxis in Frage, bei der Beratung, Versorgungsqualität und  Hilfsmittelqualität keine Rolle mehr spielten, sondern nur noch der Preis.

4. Juni 2015

Da saß sie, die ABDA-Dreifaltigkeit Schmidt, Kiefer und Becker auf der Bühne beim Pharmacon im heißen Meran und bekannte: Wir stecken in der Falle. Es sei zwar richtig gewesen, von der  packungspreisabhängigen Vergütung auf ein Fixum umzustellen. Aber es wurde versäumt, eine jährliche Überprüfung des Apothekerfixums ins Gesetz zu schreiben, außerdem wurde der Berechnungsmodus fürs Honorar nicht festgelegt. Mein liebes Tagebuch, das hat zur Folge, dass uns, wie bei der Honoraranpassung 2012 geschehen, die Mehrumsätze gegengerechnet werden. Die Politik argumentiert derzeit sogar damit, dass zahlreiche Apotheken vom Markt verschwunden sind und die verbleibenden Apotheken von den Mehreinnahmen profitierten. Darüber hinaus ist die Crux bei unserem Honorar: Es ist nirgends definiert, was genau darin enthalten ist. Nur die Information und Beratung bei der Abgabe? Oder auch ein Wechselwirkungs-Check? Oder ist sogar die Erstellung eines Medikationsplans in den 8,35 Euro bzw. 6,58 Euro (abzüglich Kassenabschlag) enthalten? Wie können überhaupt neue Dienstleistungen honoriert werden? ABDA-Präsident Schmidt brachte es auf den Punkt: „Unsere Aufgabe ist es jetzt, die Vergütung für Apotheken so zu gestalten, dass sie zukunftsfähig ist. Das ist sie im Moment nicht.“ Mein liebes Tagebuch, das ist nicht wirklich eine gute Perspektive, das klingt nicht wirklich gut.

 Wir müssen also feststellen: Ein Ansatz zu einer Honorarerhöhung ist derzeit nicht in Sicht. Ins GKV-Versorgungsstärkungsgesetz konnte nichts aufgenommen werden. Und nun? Wir wissen es nicht, mein liebes Tagebuch, wie es weitergeht. Immerhin, die ABDA-Spitze versprach, dass sie sich noch in diesem Jahr um eine Erhöhung des Rezepturpreises und der BtM-Gebühr kümmern wird. Dafür braucht’s kein Gesetz, sondern nur eine neue Verordnung. Vielleicht zuWeihnachten? Mir wird schon warm ums Herz.

5. Juni 2015

Wird schon noch, die Sache mit dem Medikationsplan, meint ABDA-Präsident Schmidt. Die Politik wird merken, dass es ohne Apotheker nicht geht, meint er, und außerdem sei der Medikationsplan erst ein Etappensieg – das Mehr an Arzneimittelsicherheit bringe doch erst die Medikationsanalyse. Ja klar, mein liebes Tagebuch, aber der Plan ist der Anfang. Und da schauen die Apotheker erst mal in die Röhre. Aber einen klitzekleinen, also wirklich superminikleinen, ja microkleinen Hoffnungsschimmer gibt es vielleicht. Beim Gesundheitsministerium scheint die Kritik der ABDA und die Verstimmung vieler Apotheker darüber, dass Pharmazeuten beim schriftlichen Medikationsplan nicht eingebunden sind und nicht honoriert werden, angekommen zu sein. Per Twitter ließ das Gesundheitsministerium wissen: „Sobald die Telematik-Infrastruktur aufgebaut ist, können Apotheker in den Medikationsplan eintragen und Vergütungsvereinbarungen dafür treffen". Gesetzliche Regelungen zu Vergütungsvereinbarungen seien dafür bereits im Sozialgesetzbuch V (§ 291 a) vorhanden. (In diesem Paragrafen findet sich unter anderem die Rechtsgrundlage für Verhandlungen der gematik-Partner über zusätzliche Honorierungen für mit gematik-Aufgaben verbundene Leistungen.) Ist also doch noch nicht alles verloren? Also, mein liebes Tagebuch, dann überlassen wir mal die erste Papierphase des Medikationsplans den Ärzten und warten ab, was passiert, wenn die elektronische Fassung kommt. Mal unter uns, es wäre ja auch wirklich absurd, wenn Apotheker da nicht involviert würden.


Peter Ditzel (diz), Apotheker / Herausgeber DAZ
redaktion@deutsche-apotheker-zeitung.de


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