Amyotrophe Lateralsklerose

Warum das Eiswasser?

Stuttgart - 03.09.2014, 17:28 Uhr


Mittlerweile ist der Hype zwar wieder abgeflaut, aber immer noch schütten sich mehr oder weniger prominente Menschen Eiswasser über den Kopf. Das Ziel dabei ist, auf die Krankheit Amyotrophe Lateralsklerose (ALS) aufmerksam zu machen und Spenden zu sammeln. Aber was hat es mit der Nervenkrankheit auf sich und gibt es derzeit Möglichkeiten, sie zu behandeln?

Die amyotrophe Lateralsklerose ist eine degenerative Erkrankung des motorischen Nervensystems, die im Verlauf von drei bis fünf Jahren zu einer hochgradigen oder vollständigen Lähmung der Willkürmotorik führt. Es entsteht ein Locked-in-Syndrom, bei dem keinerlei willkürlich gesteuerte Muskelbewegung möglich ist. Dabei bleiben die intellektuellen und emotionalen Funktionen weitgehend erhalten. Auch die Funktionen des Herzens und anderer innerer Organe sind nicht betroffen.

Pathophysiologisch liegt der ALS eine Proteinopathie zugrunde, schädliche Ablagerungen von spezifischen Proteinen in motorischen Nervenzellen im Gehirn und Rückenmark. Der Verlauf der ALS ist bei jedem Patienten unterschiedlich. Eine Vorhersage der einzelnen Beschwerden und des zeitlichen Auftretens der Symptome ist unmöglich. Die individuellen Beschwerden werden wesentlich von der erstbefallenen Muskelregion bestimmt. Das mittlere Erkrankungsalter liegt bei 56 bis 58 Jahren, und die Beschwerden beginnen in der Regel in einer isolierten Muskelregion, beispielswese mit einem Muskelabbau der kleinen Handmuskeln eines Armes oder feinen Muskelkontraktionen (Faszikulationen).

Eine kausale Therapie steht bisher nicht zur Verfügung. Der Versorgungsbedarf ist komplex und verändert sich stets. Im Verlauf der Erkrankung wird häufig eine Behandlung durch Physiotherapie, Logopädie und Ergotherapie notwendig. Hinzu kommt eine Ernährungstherapie mit hochkalorischen Ernährungsprodukten oder einer Sondenernährung sowie eine Beatmungstherapie mit nicht-invasiver Maskenbeatmung oder über ein Tracheostoma (Luftröhrenschnitt). Weitere Unterstützung bietet eine Hilfsmittelversorgung in den Bereichen Mobilität, Transfer und unterstützter Kommunikation.

Eine Einrichtung in Deutschland, die sich auf eine interdisziplinäre und multiprofessionelle Versorgung von Menschen mit ALS spezialisiert hat, ist die Spezialambulanz an der Charité. Sie besteht seit 2002. Gegenwärtig werden mehr als 800 ALS-Patienten in einem multiprofessionellen Team mit zehn Mitarbeitern versorgt. Die Multiprofessionalität und der Innovationsgrad sind in der Vergütungssystematik der gesetzlichen und privaten Krankenkassen nicht erfasst.

Leider werden nur 20 bis 30 Prozent der realen Kosten der ALS-Ambulanz von den Krankenkassen übernommen, sagt Prof. Dr. Thomas Meyer, Leiter der ALS-Ambulanz der Charité. Er freut sich über die große mediale Aufmerksamkeit: Die Spenden haben sich seit der „Ice Bucket Challenge“ vervielfacht, in Deutschland sind bis zum 29. August bereits über eine Million Euro gespendet worden.

Quelle: Ambulanz für ALS und andere Motoneuronenerkrankungen der Charité - Universitätsmedizin Berlin, www.als-charite.de


DAZ.online


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