Arzneimittel und Therapie

Warum das Eiswasser?

Krankheitsbild und Therapie der amyotrophen Lateralsklerose

ck | Immer öfter schütten sich mehr oder weniger prominente Menschen Eiswasser über den Kopf, um auf die Krankheit ALS aufmerksam zu machen und um Spenden zu erhalten. Was hat es mit der Spendenaktion für die Erforschung der Nervenkrankheit amyotrophe Lateralsklerose auf sich?

Es begann Ende Juli in den USA, nahm Mitte August Fahrt auf und ist mittlerweile auch in Deutschland in den sozialen Netzwerken und im Fernsehen angekommen: Jemand kippt sich Wasser und Eiswürfel über den Kopf, quietscht, weist auf die Spendenaktion für Menschen hin, die an der amyotrophen Lateralsklerose (ALS) leiden – und nominiert am Ende den Nächsten. Auch der muss dann spenden oder sich übergießen, so die Regel. Die meisten machen beides. So bekommt eine seltene Erkrankung – von 100.000 Personen erkranken zwischen drei und acht – plötzlich sehr viel Aufmerksamkeit.

Die amyotrophe Lateralsklerose ist eine degenerative Erkrankung des motorischen Nervensystems, die im Verlauf von drei bis fünf Jahren zu einer hochgradigen oder vollständigen Lähmung der Willkürmotorik führt. Es entsteht ein Locked-in-Syndrom, bei dem keinerlei willkürlich gesteuerte Muskelbewegung möglich ist. Dabei bleiben die intellektuellen und emotionalen Funktionen weitgehend erhalten. Auch die Funktionen des Herzens und anderer innerer Organe sind nicht betroffen. Einer der bekanntesten Patienten ist der britische Physiker Stephen Hawking, bei dem ALS bereits 1963 diagnostiziert wurde, in Deutschland machte der Maler Jörg Immendorff als ALS-Patient die Krankheit bekannt.

Pathophysiologisch liegt der ALS eine Proteinopathie zugrunde, schädliche Ablagerungen von spezifischen Proteinen in motorischen Nervenzellen im Gehirn und Rückenmark. Der Verlauf der ALS ist bei jedem Patienten unterschiedlich. Eine Vorhersage der einzelnen Beschwerden und des zeitlichen Auftretens der Symptome ist unmöglich. Die individuellen Beschwerden werden wesentlich von der erstbefallenen Muskelregion bestimmt. Das mittlere Erkrankungsalter liegt bei 56 bis 58 Jahren, und die Beschwerden beginnen in der Regel in einer isolierten Muskelregion, z.B. mit einem Muskelabbau der kleinen Handmuskeln eines Armes oder feinen Muskelkontraktionen (Faszikulationen).

Über die ALS-Behandlung

Eine kausale Therapie steht bisher nicht zur Verfügung. Der Versorgungsbedarf bei Menschen mit ALS ist komplex und verändert sich stets. Im Verlauf der Erkrankung wird häufig eine Behandlung durch Physiotherapie, Logopädie und Ergotherapie notwendig. Hinzu kommen eine Ernährungstherapie mit hochkalorischen Ernährungsprodukten oder mit einer Sondenernährung sowie die Beatmungstherapie mit einer nicht-invasiven Maskenbeatmung oder über ein Tracheostoma (Luftröhrenschnitt). Weitere Unterstützung wird durch eine Hilfsmittelversorgung in den Bereichen Mobilität, Transfer und unterstützter Kommunikation geboten.

Die ALS-Ambulanz der Charité

Eine Einrichtung in Deutschland, die sich auf eine interdisziplinäre und multiprofessionelle Versorgung von Menschen mit ALS spezialisiert hat, ist die Spezialambulanz an der Charité. Sie besteht seit 2002, und gegenwärtig werden mehr als 800 ALS-Patienten in einem multiprofessionellen Team mit zehn Mitarbeitern versorgt. Die Multiprofessionalität und der Innovationsgrad sind in der Vergütungssystematik der gesetzlichen und privaten Krankenkassen nicht erfasst. Leider werden nur 20 bis 30% der realen Kosten der ALS-Ambulanz von den Krankenkassen übernommen, sagt Prof. Dr. Thomas Meyer, Leiter der ALS-Ambulanz der Charité. Er freut sich über die große mediale Aufmerksamkeit: Die Spenden haben sich seit der Ice Bucket Challenge vervielfacht, in Deutschland sind bis zum 29. August bereits über eine Million Euro gespendet worden!

Quelle

Ambulanz für ALS und andere Motoneuronenerkrankungen der Charité - Universitätsmedizin Berlin, www.als-charite.de

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