Psyche

Häufiger Essstörungen bei Typ-1-Diabetikerinnen

27.07.2013, 10:00 Uhr


Junge Frauen mit Typ-1-Diabetes haben fast doppelt so häufig ein gestörtes Essverhalten wie gesunde Altersgenossinnen; vor allem Bulimie ist verbreitet. Betroffene riskieren durch ihren schwankenden Blutzuckerspiegel Folgeschäden an Augen, Nieren oder Nerven.

In der neuen Leitlinie „Psychosoziales und Diabetes“ empfiehlt die Deutsche Diabetes Gesellschaft (DDG), Diabetespatientinnen mit Essstörungen so zeitig wie möglich psychotherapeutisch zu behandeln.

Typisch für essgestörte Patientinnen mit Diabetes ist das sogenannte „Insulin-Purging“: Sie spritzen sich gezielt zu wenig Insulin, damit sie abnehmen. Durch den niedrigen Insulinspiegel bleibt mehr Zucker im Blut, den die Nieren dann mitsamt den Kalorien über den Urin aus dem Körper schwemmen. Die Frauen verlieren zwar Gewicht, verfehlen aber das Ziel ihrer Diabetestherapie: Ihr dauerhaft erhöhter Blutzuckerspiegel schädigt Gefäße und Nerven.

„Schwanken Blutzuckerwert und Gewicht bei einer jungen Patientin mit Typ-1-Diabetes stark, sollte eine Bulimia nervosa in Erwägung gezogen werden“, sagt Professor Dr. med. Stephan Herpertz, Direktor der Klinik für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie am Universitätsklinikum Bochum und Mitautor der Leitlinie „Psychosoziales und Diabetes“. Bestätigt sich der Verdacht, empfehlen die Experten in dem neuen Behandlungsleitfaden eine Psychotherapie.

Typ-1-Diabetes entwickelt sich häufig im jugendlichen Alter, in einer Zeit, in der sich Menschen intensiv mit dem eigenen Selbstwert auseinandersetzen. Diagnose und Behandlung der Zuckerkrankheit stellen diesen Selbstwert oft infrage: Betroffene Jugendliche müssen eine Diät einhalten, auf Alkohol verzichten, Medikamente nehmen, Insulin spritzen. Entwickeln die Patientinnen eine Essstörung, so hänge dies in der Regel mit einem Selbstwertkonflikt zusammen, sagt Herpertz.

Die DDG empfiehlt im Falle einer Essstörung bei Diabetespatienten eine Psychotherapie. Schulungs- und Selbsthilfe-Programme allein reichten nicht aus, heißt es in der neuen Leitlinie.

Quelle:  Pressemitteilung der Deutschen Diabetes Gesellschaft zur S2-Leitlinie Psychosoziales und Diabetes – Langfassung 2013; Online: dx.doi.org/10.1055/s-0033-1335785 und dx.doi.org/10.1055/s-0033-1335889.


Dr. Bettina Hellwig